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Von ganzem Herzen Emily (German Edition)

Von ganzem Herzen Emily (German Edition)

Titel: Von ganzem Herzen Emily (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Byrne
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er schüttelte mahnend den Kopf.
    »Noch etwas?«, fragte der Typ hinter der Theke genervt, und mit dem Blick, den er uns zuwarf, flehte er uns an, doch bitte endlich zu gehen.
    Mike machte eine Kopfbewegung zu seinem Auto. »Nummer vier.« Dann drehte er sich wieder zu mir. »Was treibst du denn um Mitternacht an einer Tankstelle?«
    »Ich brauchte unbedingt Milch. Und Zigaretten«, sagte ich und klimperte ihn mit verführerischem Augenaufschlag an.
    Er grinste. »Und eine Packung Marlboro Lights, Kumpel.«
    Als ich Mike ebenfalls angrinste, versuchte ich mir vorzustellen, wie ich so etwas zu meinem Vater sagte. Es gelang mir nicht. Er würde einen Gehirnschlag bekommen.
    »Und – wie waren
The Ruby Bullets
?«, fragte er, während er seine Karte wieder einsteckte.
    Ich lachte. »Was weißt du denn von
The Ruby Bullets

    »Ich kenn mich eben aus.«
    »Wer sich wirklich auskennt, muss das nicht extra betonen«, verkündete ich und bugsierte meinen Krimskrams zurück in die Handtasche. Dann folgte ich ihm hinaus.
    »Nancy hat ihr Album die ganze Woche gespielt. Sie sind schon in Ordnung.« Er schubste mich mit seiner Hüfte, und ich schubste mit einem mädchenhaften Kichern zurück. »Den Riff aus dem Song über das Mädchen aus Shoreditch haben sie allerdings aus
I Fought the Law
geklaut.«
    Ich war sprachlos. »Genau das hab ich auch gesagt. Aber Nance glaubt ja, dass sie so wahnsinnig originell sind.«
    »Was weißt du denn von
The Clash

    »Ich kenn mich eben aus.«
    »Wer sich wirklich auskennt, muss das nicht extra betonen«, verkündete er.
    Er schubste mich wieder mit seiner Hüfte, aber bevor ich zurückschubsen konnte, blieb ich erschrocken stehen und hielt den Atem an, weil ein Polizeiwagen an der Tankstelle hielt. Ich beobachtete, wie eine Polizistin ausstieg. Sie nickte Mike kurz zu, und einen endlosen Moment lang befürchtete ich, sie würden miteinander ein Gespräch anfangen. Doch er nickte nur zurück und ging weiter.
    »Komm. Ich fahr dich nach Hause«, sagte er, aber ich schüttelte den Kopf. Ich ließ nie jemanden in die Nähe meiner Wohnung. Ich fühlte mich sicher als Rose Glass, aber Gegenstände lügen nicht – das angebliche Schlafzimmer meiner Mutter sah total unbewohnt aus, an den Wänden hingen keinerlei Fotos, und überhaupt wirkte alles wie aus dem Möbelkatalog. Juliet lag mir schon die ganze Zeit damit in den Ohren, dass sie mich mal besuchen kommen wollte. Zum Glück fiel mir immer eine Entschuldigung ein, sei es, dass meine Mutter Migräne hatte oder dass wir nichts zum Essen zu Hause hatten, weshalb wir uns besser gleich anderswo trafen.
    »Schon okay. Es ist nur ein Stück weiter die Straße entlang«, sagte ich zu Mike, aber er erwiderte darauf gar nichts, sondern öffnete nur die Beifahrertür.
    »Keinesfalls lasse ich dich um Mitternacht allein die Upper Street entlanggehen.«
    Punkt. Keine Diskussion. Ich stieg ein. Kaum saß ich im Auto und schnupperte den falschen Vanilleduft, merkte ich erst, wie sehr ich nach Bier und Zigaretten stank. Ich fühlte mich mit einem Mal unwohl, ich roch wie der Fußboden einer Kneipe. Am liebsten hätte ich das Duftpad vom Rückspiegel gerissen und mich damit eingerieben.
    »Gurt anlegen«, murmelte er, als er sich ans Steuer setzte.
    Ich verdrehte die Augen. »Ja, Papi!«
    »Bitte nicht«, brummte er. »Nenn mich nicht so!«
    »Fehlt es dir manchmal?«, fragte ich, während ich die Polizistin beobachtete, die an der Theke gerade irgendwas bezahlte. Ich weiß nicht, warum ich gefragt habe. Ich hab damals nicht groß nachgedacht. Es kam mir einfach so über die Lippen. Rückblickend glaube ich, dass es mir wohl Spaß gemacht hat, der Adrenalinkick, die Komödie. Wenn ich es Doktor Gilyard erzählen würde, würde sie mich wahrscheinlich damit löchern, ob ich mir insgeheim gewünscht hatte, aufzufliegen.
    »Mir fehlen? Was denn? Die Polizei?« Mike dachte einen Augenblick nach, dann nickte er.
    »Warum bist du weggegangen?«
    »Nachdem ich angeschossen worden war, hat Eve gesagt, sie könne es nicht mehr ertragen.«
    Ich drehte mich ungläubig zu ihm. »Du bist angeschossen worden?«
    »Ja. Wusstest du das nicht?«
    »Nein! Wann war das denn?«
    »Vor ungefähr drei Jahren. Hier!« Er nahm meine Hand und führte sie durch den Halsausschnitt unter seinen Pullover. Ich zuckte leicht zusammen, als meine Finger seine warme Haut berührten, aber ich zog die Hand nicht weg. Vielleicht hätte ich es tun sollen, aber ich habe es nicht getan,

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