Von jetzt auf gleich
Taxi, lass es dir nicht vor der Nase wegschnappen«, rief sie mir zu. Aber eine Frau in einem Parka war schneller.
»Es tut mir leid«, sagte ich. »Sie war näher dran.«
»Na prima«, sagte Cat. »Du kannst dich eben nicht daran erinnern, wie man den Kampf um ein Taxi gewinnt.«
***
Ich war jetzt seit einer Woche wieder zu Hause, doch ich erinnerte mich an nicht wesentlich mehr als in den ersten trüben Momenten nach dem Aufwachen. Man hatte mich darauf vorbereitet, dass meine Genesung einige Zeit dauern konnte, aber so ganz ohne Erinnerung langweilte ich mich und war ziemlich ungeduldig. Ich lief ziellos in meiner Wohnung herum und sprach immer mal wieder mit meinem Vogel mit den zwei Namen.
»Das ist mein Appartement«, sagte ich, »aber die meisten Dinge hier sagen mir überhaupt nichts.« Er sah sich im Raum um, dann aus dem Fenster, dann zu mir und wirkte genauso ahnungslos wie ich.
Todd war nämlich vorbeigekommen, und mir war klar geworden, warum wir uns so nahestanden. Er war ein richtig netter Kerl, der mich immer zum Lachen brachte. Auch Cat war immer mal wieder hereingeschneit, um neue Versuche zu starten, meinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen, aber all ihre Tricks und Maßnahmen führten zu nichts.
Mir war erzählt worden, dass ich meiner Familie nicht sonderlich nahestand, deshalb war ich überrascht, dass eines Tages Samantha auftauchte, um sich nach mir zu erkundigen. Sie umarmte mich und sah mir in die Augen, als sie mich fragte, wie es mir ginge. Es schien, als würde sie sich um mich kümmern.
»Ich bin okay, glaube ich. Nein, nicht wirklich. Ich weiß einfach nichts mit mir anzufangen. Ich fühle mich verloren.«
»Ich muss mich bei dir entschuldigen«, sagte sie.
»Wofür?«
»Ich war gemein zu dir – vorher. Als du das erste Mal Amnesie hattest. Kannst du dich daran erinnern, dass du einige Zeit bei uns zu Hause warst?«
»Nein«, sagte ich. Und ich fragte mich, ob ich ihnen auf die Nerven gegangen war und warum ich diesmal nicht bei ihnen war.
»Ich habe nicht geglaubt, dass du Amnesie hast. Ich dachte, du würdest es nur vortäuschen.«
Das war interessant, denn genau das hatte doch Todd auch behauptet. »Gab es einen Grund dafür, dass du das angenommen hast?«
»Nein, nicht wirklich«, sagte sie, während sie Sachen in die Hand nahm und sie wieder hinstellte, »aber ich habe das Gefühl, dass ich dich damals nicht richtig unterstützt habe, und jetzt bist du noch schlechter dran.«
»Samantha, ich bin sicher, dass das nicht der Fall ist.«
»Du kannst Sam zu mir sagen. So hast du mich immer genannt.«
»Sam.« Ich lächelte sie an, um ihr das Gefühl zu geben, dass das alles nicht ihre Schuld ist. Der Vogel begann zu zwitschern, und Sam blickte zu dem Käfig rüber. Sie sah schuldbewusst aus.
»Ist das dein Vogel?«, fragte ich sie.
»Ja.«
»Wie heißt er?«
»Sneevil«, sagte sie und zuckte verlegen mit den Schultern. »Sneevil Knievel.«
»Oh.«
»Tut mir leid«, sagte sie.
»Ach, das ist okay. Ich mag ihn. Er leistet mir Gesellschaft.«
»Nein, nicht, dass ich dir den Vogel aufgedrückt habe … doch das auch.« Sie stand auf und schaute aus dem Fenster. Dann fuhr sie, ohne mich anzusehen, fort: »Ich war immer eifersüchtig auf dich. Du bist intelligenter als ich, und du hast einen guten Job. Und auch wenn Mom und ich uns ähnlicher sind, respektiert sie dich auf eine ganz bestimmte Art und Weise. Selbst mein Vater, mit dem du gar nicht verwandt bist, mag dich lieber.«
»Ich bin sicher, dass das nicht stimmt«, sagte ich, während ich zu ihr hinüberging. »Das stimmt nicht.«
»Ich weiß«, antwortete sie, als sie ihren Kopf zurückwarf und die Demut herunterschluckte. »Aber manchmal empfinde ich es so.« Ich hatte das Gefühl, dass ich gerade einen Einblick in unsere Geschwisterbeziehung bekommen hatte. Und das war alles andere als schön.
»Okay, dann …«
»Ja«, sagte sie. »Ich denke, ich gehe jetzt.«
»Gut«, sagte ich und schaute auf den Käfig. »Willst du deinen Vogel zurückhaben?«
»Ähm …« Sie atmete aus, um ihren Pony von der Stirn zu blasen. »Nein, du kannst ihn noch ein bisschen behalten.«
»Das ist nett.« Ich sah mir Sneevil an und fragte mich, ob sie sich jemals um ihn gekümmert und wieso sie ihn überhaupt angeschafft hatte.
»Besitzt du eigentlich irgendwas außer Turnschuhen?«, hörte ich Samantha sagen. Ich drehte mich um. Todd stand in der Tür.
»Jedes Mal, wenn ich glaube, ich hätte etwas verpasst,
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