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Von Lichtwiese nach Dunkelstadt

Von Lichtwiese nach Dunkelstadt

Titel: Von Lichtwiese nach Dunkelstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivar Leon Menger , John Beckmann
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Kerker. Ein Operationssaal.
    „Wo … wo … wo bin ich?“, stotterte mein Mund.
    „Das wissen wir nicht“, krächzte die alte Frau und verzog das Gesicht. Ihre Wangen erinnerten an zerknülltes Silberpapier.
    „Wo bin ich?“, fragte ich wieder, da es mir schwerfiel, mehr als zwei Silben am Stück zu verstehen. Mit dem Fragen hingegen klappte es schon ganz gut.
    „Wir hatten gehofft, dass du uns das verraten könntest“, sagte eine warme, weiche Stimme. Erst jetzt entdeckte ich die große Frau, die in der schräg gegenüberliegenden Ecke des Raums stand. Ihre Haut war genauso makellos wie ihre Stimme und zugleich so hell, dass ihre Gestalt mit der Wandverkleidung zu verschmelzen schien. Ganz still stand sie da mit geraden Schultern, das Kinn ein wenig zur Seite gedreht. Wie eine griechische Statue.
    „Wie heißt du?“, fragte sie.
    „Ich?“, fragte ich zurück, während ich mit beiden Händen den Dachboden meines Verstands durchwühlte. „Ich … ich weiß es nicht.“ Hilfesuchend sah ich von der Faltenfrau zur griechischen Statue und wieder zurück. „Ich kann mich an überhaupt nichts erinnern!“
    „Das geht uns genauso“, entgegnete die Faltenfrau. Sie beugte sich vor und lächelte, was zwei Reihen kleiner, elfenbeinfarbener Zähne zum Vorschein brachte. „Wir tun dir nichts. Du musst wirklich keine Angst haben.“
    „Hab ich auch gar nicht“, entgegnete ich, entschied mich aber trotzdem dafür, noch etwas länger mit angezogenen Knien in der Ecke zu hocken. „Wer hat uns hier eingesperrt? Und warum überhaupt?“
    „Auch das wissen wir nicht“, sagte die Statue und stellte sich in die Mitte des Raums. „Als wir zu uns kamen, war die Tür verschlossen. Wir riefen nach Hilfe, doch es hat niemand geantwortet.“
    Mein Verstand klarte allmählich auf, was ich sogleich für einige Überlegungen nutzte. „Aber es muss doch einen Grund dafür geben, dass wir hier sind. Ich meine, es wird ja niemand grundlos eingesperrt!“ In meinem momentanen Zustand hörte sich das durchaus logisch an. Meine Knie begannen zu schmerzen. Ungelenk stand ich auf. „Es muss also einen Grund geben“, sagte ich, um den Faden nicht zu verlieren, und stützte mich an der Wand ab, weil mir schwindelig wurde. „Und den … den müssen wir herausfinden!“
    „Ich kann mich an nichts erinnern“, sagte die Faltenfrau mit brüchiger Stimme. „An rein gar nichts.“ Sie senkte den Blick. Auf einmal sah sie so klein und zerbrechlich aus, dass ich sie gerne in den Arm genommen hätte.
    „Wir finden schon raus, was passiert ist“, sagte ich leise und wischte mir über die Augen. Der Schwindel legte sich.
    „Dodo?“, erklang plötzlich eine dumpfe Stimme.
    Die Faltenfrau sah mich mit großen Augen an. Ihr grauer Lockenkopf ruckte herum und spähte in jede Ecke unserer gut beleuchteten Zelle, obwohl es da rein gar nichts zu sehen gab außer den kahlen Wänden und der verschlossenen Tür.
    „Was war das?“, fragte die Statue, ohne eine Miene zu verziehen.
    „Woher soll ich das wissen?“, fragte ich zurück.
    „Hallo?“, fragte die dumpfe Stimme.
    Die Faltenfrau starrte jetzt mich an. Ihr Blick glitt an mir herab. „Das kommt aus deinem Bauch!“
    „Mein Bauch ist völlig leer“, sagte ich und trat einen Schritt zur Seite, doch die kleinen, blitzenden Augen folgten mir.
    „Hey, Dodo, kannst du mich hören?“, fragte die Stimme.
    „Das kommt tatsächlich aus deinem Bauch“, stellte die Statue ungerührt fest.
    Sie hatten recht. Der Ursprung der Stimme lag ganz eindeutig irgendwo zwischen meinem Hosenbund und meinem Brustkorb. Ich klopfte mein T-Shirt ab, ohne jedoch einen Lautsprecher oder ähnliches entdecken zu können. Also sagte ich: „Äh, ja, wir … wir können dich hören.“
    „Ampere sei Dank!“, rief die Stimme. „Geht es dir gut, Dodo?“
    Ich sah von der Faltenfrau zur Statue und wieder zurück. Niemand fühlte sich angesprochen, also antwortete ich: „Ja … doch … schon …“
    „Gutgut“, sagte die Stimme. „Ich dachte schon, bei dir wären alle Sicherungen durchgebrannt. Hast mir einen ganz schönen Schrecken eingejagt!“
    „Tschuldigung“, sagte ich, obwohl ich keine Ahnung hatte, worum es ging, und glotzte weiterhin irritiert in die Runde.
    „Kann es sein, dass du Bauchredner bist?“, fragte die Statue.
    „Aber ich mach doch gar nichts“, hielt ich dagegen.
    „Das stimmt“, pflichtete mir die Faltenfrau bei. „Deine Lippen haben sich überhaupt nicht bewegt.“
    „Aber

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