Von Liebe und Gift
Dirk ist ein guter Freund von Neal. Er will uns helfen, Neal von der Sucht wegzubekommen.“
Da wurden Geros Augen noch größer, als sie ohnehin schon waren. Perplex setzte er sich neben sie aufs Bett. „Hat er so einen großen Einfluss auf Neal?“, fragte er erstaunt.
„Ich denke schon“, antwortete Francis, und sie glaubte das wirklich. So sehr ihr Bruder auch mit Dirk gestritten hatte, da war etwas zwischen den Männern, was einem gewissen Respekt glich. Neal zeigte sich zwar uneinsichtig, doch er ging trotzdem auf Dirk zu, ließ sich auf ihn ein. Vielleicht war das ein Anfang …
„Wieso?“, hörte sie Gero weiter fragen. Nun musste sie wohl die ganze Wahrheit sagen.
„Also Dirk …“, fing Francis zaghaft an, „er war vor langer Zeit mit Neal zusammen. Um genauer zu sein: Dirk war Neals erster Freund.“
Als Gero das hörte, ging ein Zucken durch seinen Körper. Er schluckte trocken. Sie merkte, wie er nachdachte, überlegte, was zu sagen war. Er räusperte sich sichtlich aufgeregt, bevor er weiter nachfragte: „Sein erster Freund?“ Plötzlich war etwas Fremdes in seinen Augen. War es Angst? Unsicherheit?
„Wo kommt der denn plötzlich her? Neal hat nie etwas von ihm erzählt …“ Doch dann stockte seine Stimme, und er entsann sich, dass Neal doch schon einmal von Dirk erzählt hatte. „Ist Dirk der Typ, der Neal zur Schulzeit hat sitzen lassen? Der nach Amerika ist?“
Als Francis nickte, schüttelte Gero mit dem Kopf. Er erhob sich, ging ein paar Schritte über den grauen Teppich.
„Das darf nicht wahr sein“, entwich es ihm fast geistesabwesend. „Macht er sich wieder an ihn heran?“
Diese Aussage entfachte bei Francis ein Schmunzeln. „Es ist fünfzehn Jahre her, Gero. Neal liebt jetzt dich.“
Doch das konnte Gero nicht beruhigen. „Ich muss mit ihm reden. Er hat mir sicher einiges zu sagen.“
Francis nickte. Sie wusste, dass sie ihn nicht aufhalten konnte. Dennoch bat sie: „Verschiebe das Gespräch auf morgen, okay? Ich denke, heute ist nicht der richtige Zeitpunkt.“
Als Francis zurück in ihre Wohnung kam, fand sie Neal im Wohnzimmer vor. Er hatte den Fernseher laufen, sah jedoch kaum hin. Seine Augen waren nur einen Spalt weit offen, sein Blick war verklärt.
Francis war sofort klar, dass das von dem Heroin kam, das sich Neal nach dem Streit gespritzt hatte. Er war ganz aufgewühlt, ganz hektisch und nervös gewesen. Nun war er entspannt und lächelte sogar, als er seine Schwester sah.
„Kann man wieder mit dir reden, ja?“, fragte sie provokativ. Neal nickte still.
„Ich möchte nicht, dass sich so etwas wie heute noch einmal wiederholt“, sagte sie. Es war ihr Ernst. „Zum Glück war Nicholas bei einem Schulfreund. - Wir müssen auf den Jungen Rücksicht nehmen. Er bekommt schon viel zu viel mit.“ Sie senkte den Kopf, war sichtlich verzweifelt. „Und Gero hast du nicht erzählt, dass Dirk in der Stadt ist. Er ist fix und fertig deswegen.“
Neal regte sich, aber seine Bewegungen waren verlangsamt. Er machte den Fernseher aus. „Ich werde mich in der nächsten Zeit zusammenreißen“, versprach er. Dann sah er seine Schwester müde an.
„Kann ich heute hierbleiben?“
„Natürlich“, entfuhr es ihr. „Ich bin für dich da, egal was ist.“ Sie durchdachte ihre Worte und fügte hinzu: „Nur langsam musst du mal wieder vernünftig werden, sonst …“
Sie schüttelte den Kopf, war den Tränen nahe.
Neal richtete sich auf. Er kam auf sie zu und umarmte sie fest.
„Ich weiß, Liebes, ich weiß.“
Sie erschauderte bei seiner Berührung. Wie immer, wenn er sie anfasste, kribbelte ihr ganzer Körper.
„Ich brauch dich“, flüsterte er in ihr Ohr, dann begann er ihren Hals zu küssen und ihren Körper zu streicheln. Zaghaft legte er seine Hand auf ihren Bauch.
„Ich spüre unser Baby“, sagte er und grinste verträumt.
Da schlich sich ein Lächeln auf Francis’ Gesicht. Mit ebenso verlegenem Blick, schüttelte sie den Kopf. „Das kann nicht sein“, sagte sie. „Dafür ist es noch viel zu klein.“
Zu ihrem Erstaunen ging Neal vor ihr in die Knie. Er umfasste ihre Taille, dann lehnte er seinen Kopf an ihren Bauch.
„Na klar. Ich höre unser Kind, es spricht zu mir. Es sagt, dass wir alle glücklich werden.“
Bevor Gero am nächsten Morgen in die Uni ging, suchte er das Gespräch mit seinem Freund. Neal war noch bei Francis in der Wohnung und kam gerade aus der Dusche, als Gero ins Bad sah. Er senkte fast
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