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Von Mäusen und Menschen

Von Mäusen und Menschen

Titel: Von Mäusen und Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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Mann kehrte das Heft um, so daß die Rückseite nach oben kam, legte es auf den Tisch und zeigte mit dem Finger: »Siehste, hier, lies das.« Slim beugte sich darüber. »Nur zu«, sagte der junge Mann. »Lies es vor.«
    »Lieber Herr Redakteur«, las Slim langsam. »Ich habe Ihre Zeitschrift seit sechs Jahren gelesen, und ich halte sie für die beste, die auf den Markt kommt. Die Geschichten von Peter Rand mag ich gern. Ich finde, er ist prima. Geben Sie uns mehr wie ›Der finstre Reiter‹. Ich schreibe nicht oft Briefe. Wollte Ihnen bloß sagen, daß ich nie einen Groschen besser angewandt habe als für Ihre Hefte!«
    Slim sah ihn fragend an. »Warum willste, daß ich das vorlese?«
    Whit sagte: »Lies weiter. Lies unten den Namen.«
    Slim las: »Mit besten Wünschen für Erfolg, Ihr William Tenner.« Wieder sah er zu Whit auf. »Warum soll ich das vorlesen?«
    Whit machte das Heft mit bedeutungsvoller Gebärde zu.
    »Besinnste dich nich auf Bill Tenner? Der hier vor etwa drei Monaten gearbeitet hat?«
    Slim dachte nach. »So ’n kleiner Bursche? Hat ’n Kultivator bedient?«
    »Stimmt!« rief Whit aus. »Das is er!«
    »Du denkst, das is der Bursch, der den Brief geschrieben hat?«
    »Ich weiß es. Bill un ich waren eines Tages hier drinnen.
    Bill hatte eins von den Heften, das gerade gekommen war.
    Blättert drin un sagt: ›Hab ’n Brief geschrieben. Bin neu-gierig, ob se ’n reingenommen haben in das Heft.‹ Aber er 52
    war nich drin. Sagt Bill: ›Kann sein, se heben ihn für spä-
    ter auf.‹ Und so is es. Hier steht er.«
    »Scheinst recht zu haben«, sagte Slim. »Steht richtig drin im Heft.«
    George streckte die Hand nach dem Heft aus. »Kann ich’s mal ansehn?«
    Whit fand die Stelle wieder, aber er gab das Heft nicht aus der Hand. Er wies mit dem Zeigefinger auf den Brief.
    Dann ging er zu seinem Fach aus Kistenholz und legte das Heft vorsichtig hinein. »Wüßte gern, ob Bill es gesehn hat.
    Wir haben zusammen auf demselben Erbsenfeld gearbeitet. Haben beide ’n Kultivator bedient. Bill war ’n verteufelt netter Kerl.«
    Carlson hatte sich aus der ganzen Unterhaltung rausge-halten. Er sah weiter hinunter auf den alten Hund. Candy beobachtete ihn voll Mißbehagen. Schließlich sagte Carlson: »Wenn du einverstanden bist, will ich auf der Stelle den armen Teufel von seinem Elend befreien, und dann sind wir die Geschichte los. Er hat nichts mehr vom Leben zu erwarten. Kann nich fressen, nich sehn, nich mal laufen, ohne daß es ihm weh tut.«
    Hoffnungsvoll wandte Candy ein: »Hast ja kein Gewehr.«
    »Zum Teufel doch. Hab ’ne Luger-Pistole. Es wird ihm überhaupt nich weh tun.«
    Candy sagte: »Vielleicht morgen. Wart bis morgen.«
    »Kann nich einsehn, warum«, sagte Carlson. Er ging zu seiner Schlafstelle, holte darunter seinen Reisesack hervor und entnahm ihm eine Luger-Pistole. »Laß uns damit Schluß machen«, sagte er. »Wir können nich schlafen, wenn er uns hier alles verstinkt.« Er steckte die Pistole in die Seitentasche.
    Candy blickte lange auf Slim, in der Hoffnung auf einen Einspruch von ihm. Aber Slim äußerte nichts. Endlich sag-53
    te Candy matt und mutlos: »Also, nimm ihn.« Er sah den Hund nicht an. Er legte sich auf seiner Schlafstelle zurück, kreuzte die Arme hinter dem Kopf und starrte an die Zimmerdecke.
    Carlson nahm einen kleinen Lederriemen aus seiner Tasche. Sich herabbeugend, band er ihn dem alten Hund um den Hals. Die Männer, mit Ausnahme Candys, sahen ihm zu. »Komm, alter Knabe, komm, komm«, sagte er zure-dend, und zu Candy gewandt in entschuldigendem Ton:
    »Er wird es nich mal fühlen.« Candy rührte sich nicht und gab keine Antwort. Carlson zog den Riemen leicht an.
    »Komm mit, alter Knabe.« Der Hund kam langsam und steif auf seine Füße zu stehen und folgte dem leisen Zug der Leine.
    »Carlson«, rief Slim.
    »Was is los?«
    »Du weißt, was du zu tun hast!«
    »Was meinst du, Slim?«
    »Nimm eine Schaufel«, sagte Slim kurz.
    »O sicher. Werd’s besorgen.«
    George folgte ihm zur Tür, schloß sie und klappte den Türschnapper leise zu. Candy lag steif auf seinem Bett und starrte an die Decke.
    Dann sagte Slim vernehmlich: »Eines meiner Maultiere hat einen schlimmen Huf. Muß etwas Teer aufschmieren.«
    Seine Stimme klang langsam aus. Draußen war es still.
    Carlsons Tritte verklangen. Das Schweigen drang in die Stube und lastete auf ihr.
    George durchbrach es mit leichtem Kichern. »Wetten, daß Lennie da draußen in der Scheune is mit seinem

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