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Von Mäusen und Menschen

Von Mäusen und Menschen

Titel: Von Mäusen und Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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Stubenkehrer, kam herein und ging zu seiner Schlafstelle, hinter ihm schleppte sich sein alter Hund.
    »Hallo Slim, hallo George. Hat keiner von euch beim Hufeisenspiel mitgemacht?«
    »Spiel nich gern jeden Abend«, sagte Slim.
    Candy fuhr fort: »Hat einer von euch Burschen ’n Schluck Whisky? Ich hab Bauchweh.«
    »Hab keinen«, sagte Slim. »Würde ihn selber trinken, wenn ich welchen hätte, und hab doch kein Bauchweh.«
    »Hab schlimmes Bauchweh«, sagte Candy. »Krieg es immer von diesen gottverdammten Rüben. Wußte, daß ich es kriegen würde, noch eh ich se angerührt hatte.«
    Aus dem Hof, der nun auch ganz im Dunkel lag, kam der dickleibige Carlson herein. Er ging an das andere Ende des 49
    Schlafraums und drehte das zweite Licht an. »Verteufelt finster hier«, sagte er. »Jesus, kann dieser Nigger Hufeisen schmeißen!«
    »Er versteht’s glänzend«, sagte Slim.
    »Hat recht, zum Henker. Neben dem kann keiner gewin-nen …« Er hielt inne und schnüffelte in die Luft. Immer noch schnüffelnd, blickte er auf den Hund hinab. »Allmächtiger Gott, wie der Hund stinkt. Bring ihn raus, Candy! Ich wüßte nichts, was so übel riecht wie ein alter Hund. Du mußt ’n raus bringen!«
    Candy wälzte sich zum Rand seiner Schlafstelle. Er griff hinunter und streichelte das Tier. Dann entschuldigte er sich: »Ich bin so an ihn gewöhnt, ich merke nie, daß er stinkt.«
    »Also, ich kann ihn hier nicht länger ertragen«, erklärte Carlson. »Der Gestank bleibt hängen, auch wenn er raus is.« Er ging mit den schweren Tritten seiner dicken Beine zu ihm hinüber und beugte sich zu dem Hund. »Keine Zähne mehr«, sagte er. »Ganz steif vor Rheumatismus. Er taugt dir nichts mehr, Candy. Und er taugt sich selbst auch nichts mehr. Warum ’n nich erschießen, Candy?«
    Der Alte wand sich voll Unbehagen. »Tja – zum Teufel
    – ich hab ’n so lang gehabt. Seit er ganz klein war. Hab mit ihm Schafe gehütet.« Stolz fügte er hinzu: »Man würd’s nich denken, wenn man ’n jetz ansieht, aber verflixt, er war der beste Schäferhund, den ich je gesehn hab.«
    George sagte: »In Weed hab ich ’n Burschen gesehn, der hatte ’n Airdale, der Schafe hüten konnte. Hatte es von den andern Hunden gelernt.«
    Carlson war von seiner Idee nicht abzubringen. »Guck mal, Candy. Der alte Hund leidet selbst die ganze Zeit.
    Wenn du ihn rausnähmst und würdst ihn am Genick erschießen – hier gerade hinterm Kopf« – er beugte sich 50
    über ihn und zeigte die Stelle – »siehste, hier, dann würde er überhaupt nich merken, was passiert is.«
    Candy sah sich unglücklich um. »Nein«, sagte er leise.
    »Nein. Das könnte ich nich tun. Hab ihn zu lang gehabt.«
    »Er hat keinen Spaß mehr. Und stinkt schlimmer als die Hölle. Weißte was. Ich will ’n für dich erschießen. Dann bist du’s nich, der’s tut.«
    Candy kam mit den Beinen von seiner Schlafstelle hinunter. Nervös kratzte er seinen weißen abstehenden Bak-kenbart. »Ich bin so an ihn gewöhnt«, sagte er wehmütig.
    »Hatte ihn, seit er klein war.«
    »Na, bilde dir nich ein, daß du gut zu ihm bist, wenn du ihn am Leben läßt. Schau, Slims Hündin hat gerade Junge geworfen. Wetten, daß Slim dir ein Junges geben würde, das du großziehen kannst – ja, Slim?«
    Dieser hatte den alten Hund mit seinen ruhigen Augen betrachtet. »Jawoll«, sagte er. »Kannst ’n Junges haben, wenn du willst.« Er rührte sich, wie um frei herauszure-den. »Carl hat recht, Candy. Der Hund is sich selbst nichts mehr nütze. Wollte, es würde mich einer erschießen, wenn ich alt und ’n Krüppel bin.«
    Candy sah ihn hilflos an, denn Slims Meinung war Gesetz. »Vielleicht tut’s ihm aber doch weh. Ich pflege ihn gern weiter.«
    Carlson nahm das Gespräch wieder auf. »So, wie ich ihn erschießen würde, wär’s sicher, daß er nichts merkte. Hier würd ich das Gewehr anlegen« – er zeigte die Stelle mit dem Fuß – »gleich hier unterm Hinterkopf. Er würde nich mal zusammenfahren.«
    Candy sah hilfesuchend von einem zum andern. Es war draußen völlig Nacht geworden. Ein junger Arbeiter kam herein. Seine hängenden Schultern waren vornüber ge-neigt und er ging schwer auf den Fersen, als hätte er un-sichtbar noch den Kornsack auf dem Rücken. Er ging zu 51
    seiner Schlafstelle und legte seinen Hut auf das Brett. Er nahm eine Zeitschrift davon herunter und brachte sie unter das Licht an den Tisch. »Hab ich dir das gezeigt, Slim?«
    fragte er.
    »Was gezeigt?«
    Der junge

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