Von Moerdern und anderen Menschen
Bahnhofsviertel gezogen…»
«Wär wohl besser gewesen, ich wär gleich in Tegel geblieben.»
Gonschorek wurde wohlwollend. «Sehn Sie, Markulla, ich hab da in der vorigen Woche auf dem Güterbahnhof hier zu tun gehabt. Da war ein Rangierer zwischen die Puffer geraten, zwei Güterwagen haben dem den Brustkorb zerquetscht. Briefmarke. Und so geht’s Ihnen doch auch: Von links rollt der schwere Güterwagen Zitzner auf Sie zu und von rechts der schwere Güterwagen Raupach, Raupach und der Erlengrund – und wenn Sie nicht rechtzeitig beiseite springen, werden Sie ebenso zerquetscht wie dieser Rangierer da.»
«Wohin soll ich denn springen? Nach Südafrika oder nach Australien vielleicht?» fragte Markulla.
«Berlin oder München würden uns reichen.»
Markulla stand auf. «Ich bleibe hier!»
Gonschorek reichte ihm die Hand. «Dann freue ich mich auf unsere künftige Zusammenarbeit, Herr Markulla. Auf Wiedersehen!»
Markulla hatte ihr gesagt, daß er gleich nach seinem Besuch bei Gonschorek, gegen zehn also, in den Erlengrund zurückfahren wollte, schon damit sie für den Rest des Tages im eigenen Auto herumkutschieren konnte, aber nun war es kurz vor Tagesschau-Beginn, und Mona wartete noch immer. Ihre Aschenbecher quollen langsam über, und sie hatte schon mehr Valium geschluckt, als ihr guttat. Bis vor einer knappen Stunde war sie mit der Taxe umhergefahren und hatte ihn gesucht – vergebens. Schließlich hatte sie – Bedenken hin, Bedenken her – die Polizei verständigt. Als jetzt das Telefon klingelte, war einer der Beamten am Apparat, die von Markullas Verschwinden wußten.
«Hier Revier 22. Ich hab vorhin mit Ihnen gesprochen, Frau Marotzke: Ihren Wagen haben wir inzwischen gefunden; der stand in der Marktgarage. Aber von Ihrem Bekannten noch immer keine Spur.»
Mona beschwor ihn: «Sie müssen Herrn Markulla so schnell wie möglich finden – der macht doch Selbstmord, der is doch jetzt irgendwo dabei.»
Der Beamte gab sich seelsorgerisch. «Na, so schlimm wird’s doch nicht gleich werden. Wir haben so viele Vermißte am Tag, die…»
«Er ist doch gerade erst aus dem… aus der Haft entlassen worden; der wird mit dem Leben nich mehr fertig. Einmal abgestempelt – und aus. Alle jagen sie ihn, alle; da hat er durchgedreht.»
«Wir tun unser Bestes, Frau Marotzke; wir finden ihn schon.»
«Als Leiche – ja!» Sie begann nicht zu schluchzen, sie wurde sarkastisch.
«Ich geb’s noch mal durch.»
«Gut. Vielen Dank… Wiederhören!» Sie legte auf und schaltete den Fernseher ein. Kaum war der letzte Fanfarenton verklungen, der Tagesschausprecher begann gerade mit seinen Verkündungen, da bremste draußen ein schneller Schlitten, und es wurde kräftig gehupt. Mona lief zum Fenster, schob die Gardine zur Seite und stieß die beiden Flügel vollends auf. «Was ist denn los?» Sie kannte den Mann, der gerade aus dem Porsche stieg.
«Keine Angst, mein Schatz, ich bin’s nur: der liebe Rocky.»
«Du? Wo kommst du denn her?»
«Ich hab nur deinen Wagen hergebracht», rief Rocky durch den Vorgarten, «mit deinem lieben Markulla drin. Der hat die ganze Zeit bei uns rumgehangen, voll bis obenran.»
Mona sah sich suchend um. «Bei euch rumgehangen? Nee, du! Womit habtan denn wieda in die Falle gelockt, he?» Sie griff nach einem Blumentopf. «Ich sag dir, Rocky…»
Rocky duckte sich. «Falle? Quatsch! Der is von ganz alleine gekommen – Ehrenwort! Plötzlich stand’ta da: mal wieder heim zu Muttan.»
Sie stellte den Blumentopf wieder hin. «Na schön. Und? Is ihm was passiert?»
«Außer ‘ner vollgekotzten Jacke nichts. Der hat zwar immer davon gefaselt, daß er sich vor ‘n Zug werfen will, aber dann hat er sich nur an meine Brust geworfen und geheult; ‘n guter Freund von ihm, ‘n Rangierer bei der Bundesbahn, der is von zwei Güterwagen zerquetscht worden – und das hat ihn so mitgenommen.»
«Ihr spinnt ja alle!»
«Was soll denn nun mit ihm passiern?» fragte Rocky.
Mona wurde praktisch. «Laß ihn erst mal drin im Wagen und fahr in die Garage rein. Wir holn ihn dann durchn Garten.»
«Okay!» Rocky stieg wieder ein und ließ den Motor aufheulen.
Es dauerte bis in den Vormittag hinein, ehe Markulla seinen Rausch so halbwegs ausgeschlafen hatte. Mona war zum zweiten Frühstück nach Hause gekommen, um ihn ein bißchen auf Zack zu bringen.
«Noch ‘n bißchen Kaffee?» fragte Mona.
«Ja, danke… So wahr ich Markulla heiße, so blau war ich noch nie. Voll bis an ‘n
Weitere Kostenlose Bücher