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Von Namibia bis Südafrika

Titel: Von Namibia bis Südafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Oliver Bachmann
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Lungen endgültig verabschiedeten. Nachdem klar wurde, dass der Elefant weiter gezogen war, setzten wir unsere wilde Hatz fort. Nach einer halben Stunde verharrten die Khoi San erneut. Dieses Mal lauschten sie einem Leoparden, von dem ich nichts mitbekommen hatte. Er von uns aber schon, und Kommtsa Boo schlug einen großen Bogen um das unübersichtliche Gestrüpp, in dem sich das Tier aufhielt. Das alles erfuhr ich erst hinterher, und das war auch gut so. Endlich erreichten wir eine Stelle, die mit fremdartigen Blumen bewachsen war, jede von ihnen drei Meter hoch mit Blütenkelchen groß wie Kochtöpfe. Es war der Platz, an dem wild wachsende Teufelskrallen zu finden waren. Die Khoi San hatten Eisenstangen dabei, mit denen sie ein Loch um eine der roten Blüten freizulegen begannen. Sie mussten tief graben, das hatte ich in der Zwischenzeit gelernt, aber endlich konnte ich einen Blick auf die Knollen der berühmten Heilpflanze werfen. Nun, sie sahen aus, wie Knollen eben aussehen. Gelb, länglich, einer Rübe nicht unähnlich. Die Khoi San zogen sie aus der Erde und schlossen das Loch wieder, denn es war so tief, dass selbst Freund Elefant stolpern und sich verletzen könnte, von kleineren Tieren ganz zu schweigen. Von nun an brauchte die Pflanze vier Jahre Ruhezeit, bis die Khoi San wieder Knollen entnehmen konnten. Muss ich erwähnen, dass sie genau wussten, wann das bei welcher Pflanze der Fall war? Wir gruben noch ein paar weitere Knollen aus, und dabei durfte ich auch mal ran. Am Ende warfen wir die Beute in einen Sack und machten uns auf den Rückweg. Trotz Kompass wäre ich wahrscheinlich in Angola, Botsuana oder einer Löwengrube gelandet, doch die Khoi San liefen so traumwandlerisch sicher, als sei der Weg mit Schildern markiert, auf denen „om!o!o 20 km. Am nächsten Dornbusch rechts abbiegen“ stand. Während wir zurück rannten, kam mir ein Gedanke. Sollte jemals einer der Khoi San bei Olympischen Spielen teilnehmen, müssen sich selbst die Kenianer warm anziehen. Und wahrscheinlich wird der Buschmann beim Marathonlauf bei Kilometer 10, dann bei 20, bei 30 und noch einmal kurz vor dem Ziel eine Kippe anstecken – standesgemäß in der Geschosshülse – und gemütlich drauflos paffen, während den anderen das Doping aus den Ohren quillt.
    Mopane-Raupen sind die gelb-schwarz-weißen Raupen der Kaiserspinner und werden aufgrund ihres hohen Proteingehalts im südwestlichen Afrika gerne gegessen. Es ist schon seltsam, da mampft man ein halbes Leben lang ekelhaftes Zeugs wie Krabben, Leber, Nieren, Hirn oder bayerisches Gammelfleisch, aber als mir Kommtsa Boo eine Handvoll Mopane-Raupen anbot, lief mir nicht das Wasser im Mund zusammen. Bei der Zubereitung von Mopane- Raupen – kochen oder rösten – braucht man übrigens Erfahrung. Denn erst kurz vor der Verpuppung hören die Würmer auf zu fressen, und nur dann sind ihre Gedärme relativ sauber. Die Betonung liegt auf relativ. Das Gute ist, wenn wir hier überhaupt von etwas Gutem sprechen wollen, dass man die Raupen im getrockneten Zustand bis zu neun Monaten lagern kann. In einer Gegend, wo nicht hinter jedem Kameldornbusch der nächste Supermarkt steht, kann das Überleben davon abhängen. Trotzdem muss ich jetzt nicht jeden Tag diese Raupen verspeisen, aber auch keine Steaks von Horst mehr. An diesem Abend aber hatten wir eine Menge Spaß am Austausch landesüblicher Leckereien. Ich machte mir Freunde unter den Kindern, als ich Mopane-Raupen gegen die Errungenschaften des Hauses Haribo eintauschte. Frisch gestärkt konnten wir die Katze aus dem Sack lassen und kündigten eine Ballonfahrt an. Auf meinen Reisen rund um die Welt habe ich nur wenige Menschen kennen gelernt, die so offen und neugierig sind wie die Khoi San. Keiner von ihnen hatte je zuvor eine Filmkamera gesehen, aber von den Dreharbeiten waren sie begeistert. Da ich digital drehte, konnten wir uns das Ergebnis gleich ansehen, und es endete stets in großem Gelächter. Als wir die Ballonhülle ausbreiteten, das Gas einströmte, es sich entzündete und die gelbe Kugel, von innen erleuchtet, in den dunkel werdenden Himmel stieg, war die Luft erfüllt von Klick- und Schnalzlauten, die ich als „Ahs!“ und „Ohs!“ interpretierte. Selbst über das hagere Gesicht von Johan van Bomel huschte ein Lächeln.
    „Mit dem Ballon gewinnst du ihr Herz“, hatte er zu Rolf gesagt, und das war keine Übertreibung gewesen. Die Kinder rannten durcheinander, die Erwachsenen zeigten mit dem Finger auf

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