Von Namibia bis Südafrika
Nochmals 30 Prozent der Patienten leiden an psychosomatischen Erkrankungen. Jetzt zähle zusammen und du kommst auf 60 Prozent, die der Arzt mit synthetischen Medikamenten nicht behandeln kann. Natürlich tut er's trotzdem, aber ohne Erfolg. Was die Ausgaben für Medikamente in den Orbit treibt.“
Robbie kam rüber und gab Bescheid, dass es losgehen konnte. Wir kletterten auf den Traktor und Uli gab Gas.
„Mir wurde klar, dass es notwendig war, neue Wege zu suchen“, rief mir Werner über das Motorengeheul zu. „Einer dieser Wege sind pflanzliche Medikamente.“
Riesige Perlagonienfelder erstreckten sich vor uns und ich äußerte die Vermutung, dass man damit Millionen Fläschchen Umckaloabo abfüllen konnte. Uli lachte. „Warte, bis du siehst, was nach der Verarbeitung übrig bleibt“, sagte er. „Viel ist es nicht.“
Wie zuvor war ich auch dieses Mal ein wenig ernüchtert, weil die Perlagonie so unspektakulär wirkte. Sollte eine Heilpflanze nicht nach etwas aussehen? Vor allem, wenn sie neben Bakterien sogar Viren bekämpfen kann? Alles, was ich zu sehen bekam, waren ein paar knorrige Äste, die aus dem knochentrockenen Boden ragten
„Das ist alles?“, fragte ich.
Ich konnte kaum glauben, dass dieses dürre Geäst, das von den Zulus seit alters her gegen Tuberkulose eingesetzt wird, eine der gefährlichsten Krankheiten heilen kann. Bei Tuberkulose fährt unsere Schulmedizin die Antibiotika-Kanone auf, ihre stärkste Waffe. Was können ein paar runzlige Pflanzen da schon ausrichten?
„Schon mal Bronchitis gehabt?“, fragte mich Werner. „Wenn nicht, sei froh. Keine Infektion tritt in westlichen Ländern so häufig auf wie akute Bronchitis. Man kann spekulieren, woran es liegt – an der Umweltverschmutzung, am Stress, an der Heizungsluft in langen Wintermonaten oder an einer Kombination aus allem. Sicher ist, dass bei akuten und chronischen Atemwegserkrankungen Viren die Wegbereiter für bakterielle Infektionen sind. Dagegen wirkt die Wurzelrinde von Perlagonium reniforme mit antibakteriellen und immunmodulierenden Eigenschaften.“
„Das heißt?“, fragte ich.
„Wir nutzen die Wurzel der Pflanze“, erklärte Uli.
„Da drin sind die Wirkstoffe, welche die Kapland- Perlagonie zur Antibiotika-Alternative machen.“
Wieder dachte ich an Eberhard von Koenen und seine Erfahrungen mit antibiotikaresistenten Kindern, während um mich herum die Ernte in vollem Gange war. Diese Pflanze machte es den Erntehelfern nicht leicht, denn sie wurzelt tief in einem steinharten Boden. Dazu herrschte südafrikanisches Sommerwetter.
„So schwierig wie das Ausgraben ist das Anbauen“, fuhr Uli fort. „In der freien Natur wächst die Kapland- Perlagonie in einem schmalen Landgürtel, der sich durch Südafrika und Lesotho zieht. Es dauerte acht Jahre, bis sie auf Parceval heimisch wurde. Was habe ich nicht alles probiert – es gab keine Erfahrungen, auf die ich hätte zurückgreifen können. Aber als Gärtner braucht man eben Geduld.“
Mittlerweile war das erste Feld abgeerntet. Wir schwangen uns auf den Traktor und fuhren mit einem Hänger voller Perlagonien zu einer großen Halle, in der eine Maschinenfabrik untergebracht war. Hier wurde die Heilpflanze gereinigt, gehäckselt und getrocknet. Auch das musste flott gehen. Mit einem Dampfstrahler wurde jede einzelne Pflanze vom Erdreich befreit, um dann in einem weiteren Reinigungsvorgang so richtig sauber geschrubbt zu werden. Bald dampfte es in der Halle wie in einer Finnischen Sauna und ich musste dem Wunsch widerstehen, mich ebenfalls vom Dampfstrahler porentief reinigen zu lassen. Eine Maschine, die jeden Schlachthof schmückt, erregte meine Aufmerksamkeit. „Fleischer stellen damit Brät her“, sagte Uli. „Bei uns geht's unblutig zu. Hier drin werden die Wurzeln gehäckselt.“
Schwerter zu Pflugscharen, Fleischwölfe zu Pflanzenhäckslern! Der Knochenbrecher mahlte los, aber die Perlagonie machte ihm ganz schön zu schaffen. Es dauerte fast 30 Minuten, bis aus festem Wurzelwerk eine weiche, intensiv duftende Masse geworden war. Jetzt griffen wir zu Schaufeln, um sie rasch auf Netze auszubreiten. Diese kamen in eine Heizkammer von der Größe eines Omnibusses, in der die Heilpflanze computerüberwacht zwölf Stunden lang getrocknet wurde. Danach war sie bereit zur Weiterverarbeitung.
„Perlagonium sidoides gehört zur Familie der Geranien“, sagte Uli, als wir schwitzend und schnaufend die Schaufeln weglegten. „Aber zuhause auf dem Balkon
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