Von nix kommt nix: Voll auf Erfolgskurs mit den Geissens (German Edition)
die Wohnung eine Ecke zu weit von Roberts neu gebauter Firmenzentrale entfernt lag. So verließen wir auch unser drittes Domizil nach nicht allzu langer Zeit wieder. Dafür hatten wir – gerade mal fünf Minuten vom Betrieb entfernt – eine Bleibe gefunden, die unseren damaligen Träumen voll und ganz entsprach: ein Haus, ein wirklich fettes Haus! Von außen sah das Gebäude mit seiner Ziegelfassade völlig unspektakulär aus, und auch das Grundstück maß nur zweihundert Quadratmeter. Innen aber hatte das Ding doppelt so viel Fläche und war der absolute Burner! Der Vorbesitzer hatte überall weißen Carrara-Marmor verbauen lassen, es gab große Freitreppen, einen Partykeller und sogar einen Wellness-Bereich mit einem Fitnessraum und einem Whirlpool.
Für die Nachbarn in der Siedlung waren wir zu Anfang alles andere als standesgemäß: Wir waren gerade mal Mitte zwanzig – und konnten uns eine solche Villa leisten! Für die verschreckten Leute mussten wir wahrscheinlich die Anführer eines internationalen Drogenkartells oder dergleichen sein. Erst nach und nach schafften wir es, die anderen Anwohner davon zu überzeugen, dass wir lediglich eine gut gehende Textilfirma besaßen und niemand davor Angst zu haben brauchte, dass in unserer Straße irgendwann eine Schießerei stattfand.
Ansonsten bestand unser Leben aber nur noch aus arbeiten, essen, schlafen, arbeiten. Wenn überhaupt, dann lag es an mir, mal für Abwechslung zu sorgen.
Kurz nach dem Einzug stand Roberts fünfundzwanzigster Geburtstag vor der Tür. Wir waren schon wochenlang nicht mehr ausgegangen, und auch für diesen Abend wollte er einfach nur, dass ich für ihn koche und danach mit ihm auf dem Sofa liege. Ich beschloss jedoch, hinter seinem Rücken eine große Feier für ihn zu organisieren, obwohl wir aus Zeitgründen kaum noch Freunde hatten, mit denen wir uns regelmäßig trafen. Also kramte ich unser altes Adressbuch heraus und rief praktisch jeden an, der irgendwie noch etwas mit uns zu tun hatte. Auf diese Weise trommelte ich über zwanzig Leute zusammen und lud sie ein. Dazu bestellte ich ein üppiges Buffet mit allem Drum und Dran bei Kölns teuerstem Feinkostgeschäft. Ich ließ einen Ferrari in Kuchenform anfertigen. Und ich engagierte einen DJ sowie einen singenden Transvestiten, damit die Party einen kleinen, schrägen Showmoment bekam.
An jenem Abend kam Robert wie üblich relativ spät nach Hause und hatte von all dem Trubel, der da auf ihn wartete, keine Ahnung. Er sperrte die Tür auf, hinter der ihn eine laute Meute mit großem Hallo empfing. Am Anfang erschrak er und schimpfte noch ein bisschen, doch nach kurzer Zeit wirkte er endlich mal wieder richtig gelöst. Die Feier stieg in unserem Wellness-Raum, wobei der Whirlpool mit einer Sperrholzplatte abgedeckt war und als Bühne diente, während das Buffet auf Waschmaschine und Trocker aufgebaut war. Ich war so stolz auf ihn und auf meine Idee, dass ich mir kurzentschlossen das Mikro schnappte und Whitney Houstons »I’ll always love you« für ihn sang, das damals gerade die absolute Nummer Eins in den Charts war. Als ich fertig war, hatte mein sonst so harter Robert tatsächlich Tränen in den Augen. Schade, dass ich ihn heute mit meinen Gesangskünsten nicht mehr so begeistern kann. Aber damals war das ein rundum gelungener Abend. Und vor allem die absolute Ausnahme. Selbst unsere Hochzeit in Las Vegas zelebrierten wir im Rahmen eines Foto-Shootings für den neuen Uncle Sam-Katalog! Aber was für einem – es war das Shooting meines Lebens!
Ehrlicherweise muss ich vorausschicken, dass ich Robert mehr oder weniger zur Hochzeit gezwungen hatte. Eines schönen Nachmittags nämlich saßenwir zusammen bei einem Italiener in Pulheim, und ich war wegen einer neuerlich erlittenen Fehlgeburt ziemlich verzweifelt. Wenn schon das mit dem Kinderkriegen nicht klappte, so wollte ich doch zumindest ein stabiles Familienkonstrukt haben!
»Entweder Du heiratest mich, oder wir trennen uns«, sagte ich unter Tränen beim Essen zu ihm.
»Dann heirate ich Dich«, sagte Robert. »Aber das machen wir schön in Las Vegas!«
Robert wollte ohnehin Aufnahmen im Monument Valley erstellen lassen, wo er schon einmal Bilder für einen früheren Katalog machen ließ, weil es ihm die gigantische Kulisse so sehr angetan hatte. Und ich stimmte ihm zu, dass Vegas genau der richtige Ort wäre, wo sich zwei so Verrückte wie wir das Ja-Wort fürs Leben geben sollten.
»Und wie willst Du Deine künftige
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