Von nix kommt nix: Voll auf Erfolgskurs mit den Geissens (German Edition)
dadurch in einer nagelneuenHalle auf einem riesigen, ansonsten unbebauten Areal. Michael und ich fanden den Gedanken sehr charmant, einfach an Vaters neue Zentrale einen knapp tausend Quadratmeter großen Anbau dranzusetzen, mit einer Büro-Etage und zwei Stockwerken Lager. So würde die Familie Geiss unternehmerisch gewissermaßen wiedervereinigt werden. Außerdem konnten wir uns das Geld für ein teures Grundstück sparen. Viel Schotter kostete uns das aber trotzdem noch!
Schon weitere eineinhalb Jahre später reichte auch diese Erweiterung nicht mehr aus. Wir fingen gerade an, Gewinne zu machen. Doch auch die konnten wir nicht auf die hohe Kante legen. Stattdessen mussten wir endlich selbst bauen und das Platzangebot ganz unseren Bedürfnissen anpassen. Ansonsten, das war klar, würde uns das alles eines nicht allzu fernen Tages um die Ohren fliegen.
Auf einer nahegelegenen Freifläche wollten wir uns unsere eigene, fünftausend Quadratmeter große Halle bauen. Die Pläne waren schon fix und fertig in der Schublade. Doch die Stadt machte uns einen Strich durch die Rechnung. Die Baugenehmigung, die eigentlich nur Routine sein sollte, verzögerte sich immer weiter. Wir mussten uns etwas anderes einfallen lassen. Auch in diesem Fall ließen uns meine guten Kontakte nicht im Stich.
Ein entfernter Bekannter war berühmt als lokaler »Bau-Pate«. Er zog dank seines ganz speziellen Drahtes zu den richtigen Behörden im gesamten Rheinland binnen kürzester Zeit gigantische Hallen in die Höhe, die er dann an Baumärkte und Großhändler verpachtete. Er hörte sich mein Anliegen an und bot uns aus dem Stand ein Achttausend-Quadratmeter-Areal in Brauweiler an, etwa fünf Kilometer westlich von Köln. Er garantierte uns, dass unser neues Firmengebäude innerhalb von sechs Monaten stehen würde! Ich konnte das nie und nimmer glauben. Wie sollte in einem Land, in dem schon die Genehmigung für ein Gartenhäuschen über ein halbes Jahr dauerte, so etwas möglich sein?
Aber dieser Mann schaffte es! Wie – das weiß ich bis heute nicht genau. Er fing wohl einfach mit den nötigen Arbeiten an und holte sich dann die fälligen Bescheide nachträglich ab. Das konnte im Grunde nur funktionieren, weil er die entsprechenden Leute an den richtigen Stellen kannte. Klüngel eben. Uns war das aber eigentlich egal. Alles hatte seine Ordnung, und wir unterschrieben einen Mietvertrag. Alles war perfekt. Die Dimensionen waren nun wirklich gewaltig!
Als kurz darauf klar war, dass wir hier in Brauweiler dauerhaft mit der Firma bleiben wollten, schlossen wir wenig später einen Kaufvertrag über das Objekt ab. Für rund sechseinhalb Millionen Mark, unsere bis dahin allergrößte Investition, hatte die Firma nun ein richtiges Headquarter – mit allem, was dazugehört: Büros mit modernster Technik, eine Telefonzentrale mit Bestellannahme und ein eigenes Hochregallager. Im folgenden Frühjahr zogen wir innerhalb von zwei Nächten mit Sack und Pack und unseren inzwischen schon achtzig Angestellten von Marsdorf nach Brauweiler um. Das sah jetzt wirklich nach etwas aus. Aber die Belastung war schon gewaltig und drückte mir aufs Gemüt!
So ging das im Grunde weiter. Für jede Mark, die wir einnahmen, steckten wir zwei in den Betrieb. Was nicht heißen soll, dass wir uns nicht auch mal etwas gegönnt haben. Mein Faible für schöne Autos habe ich ja schon beschrieben. Und nett wohnen wollte ich natürlich auch. Aber ausgesorgt hätten Michael und ich angesichts der horrenden laufenden Kosten während unserer Zeit als Geschäftsführer von »Uncle Sam« wahrscheinlich nie gehabt.
Erst als der Verkauf der Firma konkret wurde, musste ich mir wirklich Gedanken darüber machen, was ich irgendwann mal mit dem Geld anfangen sollte. Doch als der Deal konkret wurde, konnte ich das noch gar nicht. Zu viel gab es auch in dieser Angelegenheit zu tun!
Die ersten konkreten Gespräche führte ich mit der Kaufhof AG. Genauer gesagt, mit einem Generalbevollmächtigten des Konzerns. Damals fuhr der Kaufhof eine große Expansionsstrategie: Die suchten in ganz Europa mittelständische Versandunternehmen, um sie aufzukaufen. So kamen die auch auf uns.
Inzwischen kam mir ein solches Angebot durchaus gelegen. Noch ein Jahr zuvor hätte ich mich unter keinen Umständen von »Uncle Sam« trennen können. Das war unser Baby, das nicht nur unter unseren Augen laufen gelernt hatte, sondern das mittlerweile auf dem besten Weg war, Sprint-Weltmeister zu werden! Blöd
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