Von Rache getrieben - Vampirroman (German Edition)
ihm ohne Wenn und Aber zu seinem Sieg gratulierte, gab er zu:
„Du bist der erste Spieler, dem ich bisher begegnet bin, der mir ebenbürtig ist. Mir ist durchaus klar, dass ich nur durch deine kleine Unachtsamkeit gewonnen habe.“
Lyonel lächelte und lehnte sich zurück.
„Ich gebe zu, dass du mich überrascht hast. Seit wann spielst du schon Schach?“
„Mein Vater hat es mir beigebracht, als ich fünf Jahre alt war und von da an hat mich dieses Spiel nicht mehr losgelassen. Mich faszinieren alle komplexen, strategischen Spiele, oder mathematische Formeln, oder die Komplexität der Physik. Mit zehn Jahren habe ich angefangen, mein erstes, eigenes Schachprogramm zu schreiben, gegen das ich mittlerweile nicht mehr gewinne.“
„Was machst du eigentlich beruflich?“, fragte Sarah neugierig.
„Ich habe Mathematik und Informatik studiert und vor zwei Jahren meine eigene Firma gegründet. Wir entwickeln Software für computergesteuerte Logistikzentren großer Unternehmen.“
„Und wer hat deine Firma im letzten Jahr weitergeführt, während du unterwegs warst?“
„Zwei sehr gute Freunde von mir. Sie sind mit jeweils 33 Prozent am Gewinn beteiligt, weswegen das Ganze recht gut funktioniert. Durch die beiden bin ich auch an meine ersten Aufträge gekommen, da sie aus Unternehmerfamilien stammen. Allerdings haben sie bei unserem letzten Gespräch durchklingen lassen, dass es Zeit wird, meine Arbeit wieder aufzunehmen.“
„Was ja nun kein Problem mehr ist“, meinte Lyonel und stand auf. „Ich werde jetzt ein wenig die frische Nachtluft genießen und danach muss ich mich auch mal wieder um meine Geschäfte kümmern.“
„Geschäfte?“, fragte Niklas.
„Ja!“, antwortete der Vampir schmunzelnd. „Glaubst du, ich renne nur nächtelang durch die Gegend? Auch ich bin Unternehmer und besitze Firmen in Afrika, Europa und Amerika. Wenn man so alt ist wie ich, hat man schließlich genügend Zeit, sich etwas aufzubauen. Wenn du also einmal einen geschäftlichen Rat brauchen solltest, kann ich dir sicher weiterhelfen.“
Im Stillen amüsierte Lyonel sich über Niklas verblüfften Gesichtsausdruck, wartete jedoch keinen Kommentar mehr von ihm ab, sondern ging zur Tür. Er hatte diese schon fast erreicht, als sein Gast rief:
„Lyonel?“
Der Vampir blieb stehen und wandte sich um:
„Ja?“
„Danke, dass du mir das Leben gerettet hast.“
Lyonels Augen weiteten sich überrascht, denn er hatte nicht damit gerechnet, dass Niklas diese Worte über seine Lippen bringen würde. Allerdings war ihm auch klar, dass Rachel in diesem Moment außen vorstand; dass Niklas nach wie vor nicht wollte, dass er ihr einen Besuch abstatten würde und es besser war, dieses Thema zu meiden.
Als Zeichen seiner Anerkennung legte Lyonel seine rechte Hand auf seine Brust und verbeugte sich leicht – und war von einem auf den anderen Moment verschwunden.
„Wow“, rutsche es Sarah heraus. „Das macht er nur sehr, sehr selten. Darauf kannst du dir echt was einbilden.“
Sie stand auf, streckte sich und wandte sich an ihren Onkel, der sich anschickte, den Tisch abzuräumen:
„Lass das stehen und geh lieber schlafen, ich räume morgen früh auf. Ich werde mir jetzt noch ein wenig die Beine vertreten und dann auch ins Bett gehen.“
„Ein wenig Sauerstoff würde mir auch gut tun“, meldete Niklas sich zu Wort. „Hast du etwas dagegen, wenn ich dich ein paar Schritte begleite?“
„Nein, gar nicht. Ich würde mich freuen“, antwortete die junge Frau und fügte neckend hinzu: „Ich werde mich auch deinem Tempo anpassen und nur einhundert Meter weit gehen, damit ich dich nicht wieder überfordere.“
Als Antwort warf Niklas ein Kissen nach Sarah, welchem diese jedoch geschickt auswich und das deswegen Martins Hinterkopf traf.
„O“, keuchte Niklas erschrocken und trat einen Schritt auf Sarahs Onkel zu, der sich nach dem Kissen beugte und tadelnd meinte:
„Ihr benehmt euch wie Kinder. Geht draußen spielen und danach ins Bett.“
Sarah begann zu kichern und Niklas blickte den älteren Mann verdutzt an, woraufhin dieser spitzbübisch grinste und drohend seinen Zeigefinger hob:
„Natürlich jeder in sein Eigenes.“
Daraufhin lachte Sarah herzhaft, fasste nach Niklas Arm und zog ihn aus dem Raum.
12. Abschied
Drei Tage später stand Niklas mit Sarah auf dem Bahnsteig des kleinen Städtchens und war im Begriff, in den Zug zu steigen. Zu seiner eigenen Überraschung war die Zeit auf dem Gut viel zu schnell vergangen. Er hatte viel
Weitere Kostenlose Bücher