Von Rache getrieben - Vampirroman (German Edition)
auch noch ein Glas?“
„Gerne“, antwortete sie und erhob sich nun ebenfalls. „Außerdem hätte ich jetzt Lust auf ein paar Salzstangen.“
Zehn Minuten später ging das Spiel in die nächste Runde und die hohe Konzentration der beiden Kontrahenten war deutlich auf ihren Gesichtern zu sehen. Nach sechzig Minuten zeichnete sich noch nicht ab, wer unterliegen würde, wodurch die Anspannung im Raum spürbar anstieg und sich auch auf Sarah und Martin übertrug. Weder Niklas noch Lyonel hatten vor, zu verlieren, und beide gestanden sich insgeheim ein, auf einen ebenbürtigen Gegner gestoßen zu sein.
Fünf Minuten später zog Lyonel, der, genau wie Niklas, eine komplizierte Strategie verfolgte, seinen Läufer ein paar Felder vor und bedrohte die gegnerische Dame. Er hoffte, durch diesen Zug endlich die Oberhand gewinnen zu können. Da sein Läufer gedeckt war, würde Niklas, bei einem Angriff auf diesen, seine Dame verlieren, und wenn er der Bedrohung auswich, wäre die Schutzbarriere um seinen König durchbrochen und außerdem würde er auch noch einen Läufer verlieren.
Lyonel hatte seine Hand noch nicht wieder vom Spielfeld zurückgezogen, da hörte er, dass Niklas’ Herzschlag sich beschleunigte. Nach seiner Erfahrung konnte es dafür zwei Gründe geben. Entweder ärgerte Niklas sich, weil er durch den Zug in ernsthafte Bedrängnis geraten war, oder er selbst hatte etwas übersehen, und seinem Gegner einen Vorteil verschafft. Lyonel blickte den jungen Mann an, doch dessen Gesichtsausdruck verriet nicht, ob dieser aufgeregt war, weil er sich ärgerte oder freute.
Niklas, der Lyonels Blick bemerkte, zog eine Augenbraue hoch und fragte:
„Du verwandelst dich doch hoffentlich nicht in einen Wookiee, der seinen Gegenspieler aus Wut in der Luft zerreißt, wenn er verliert, oder?“
Sarah lachte auf und meinte:
„Ich habe aus meinen Kindertagen noch ein Laserschwert. Das kann ich ja holen, damit du dich gegen Chewbacca wehren kannst.“
Lyonel lehnte sich zurück, rieb sich mit dem Knöchel seines Daumens über die Augenbraue und grummelte:
„Ihr beide habt wohl zu viel Star Wars gesehen.“
Nachdenklich richtete er seinen Blick wieder auf das Schachbrett und überprüfte noch einmal den Stand aller Spielfiguren – und entdeckte seinen Fehler. Niklas brauchte auf seine Attacke nicht zu reagieren, da dieser mit dem nächsten Zug ebenfalls seine Dame bedrohen und obendrein auch noch Schach bieten konnte. Und zwar mit dem Pferd. Wie hatte er das nur übersehen können?
„Scheiße!“, rutschte es Lyonel heraus.
„Was?“, fragten Sarah und Martin gleichzeitig und beugten sich vor, um nun ebenfalls einen genaueren Blick auf das Schachbrett werfen zu können. Sie mussten die Ursache für Lyonels Unmut allerdings nicht lange suchen, da Niklas, mit einem kleinen Grinsen, seinen nächsten Zug machte.
„Was für ein Glück für mich, dass du mein Pferd übersehen hast. Ich denke, ich kann jetzt mit 80prozentiger Sicherheit sagen, dass ich gewinnen werde.“
„Noch ist das Spiel nicht vorbei und ich werde bestimmt nicht aufgeben“, knurrte Lyonel gereizt.
„Das würde mich auch sehr enttäuschen“, gab Niklas zu und konzentrierte sich wieder auf das Spiel.
Nun zeigte es sich, dass Niklas’ Figuren strategisch und taktisch meisterlich aufgestellt waren, denn Lyonel konnte nur noch auf die gegnerischen Züge reagieren und nicht mehr seine eigene Strategie weiterführen. Es dauerte nur noch zehn Minuten, bis sein König schachmatt war.
Als Niklas, demonstrativ für seinen Sieg, Lyonels König umschmiss, fauchte dieser ihn an wie ein aggressives Raubtier. Seine langen Fangzähne kamen zum Vorschein und seine Augen verdunkelten sich zusehends. Niklas wich zurück und drückte seinen Rücken so weit es ging in das Polster der Couch. Ohne den Vampir aus den Augen zu lassen, fragte er verunsichert:
„Ihr beide seid euch sicher, dass er sich im Griff hat, oder?“
„Ja!“, antworteten Sarah und Martin gleichzeitig und der ältere Mann fuhr fort:
„Manchmal ist das Zusammenleben mit ihm wirklich etwas gruselig. Aber man gewöhnt sich daran.“
Innerhalb der nächsten Sekunde ebbte Lyonels Wutanfall ab und sein Gesicht nahm wieder die Züge eines gut aussehenden Mannes an. Er atmete tief durch und reichte Niklas, über das Schachbrett hinweg, seine Hand, die dieser zögernd ergriff.
„Meinen Glückwunsch, Niklas.“
„Danke.“
Die beiden Kontrahenten blickten sich in die Augen, und da es Niklas beeindruckte, dass Lyonel
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