Von Rache getrieben - Vampirroman (German Edition)
Verkaufsgespräch lief gut, und als Niklas sich zwei Stunden später verabschiedete, hatte er einen neuen Auftrag in der Tasche. Die Freude darüber hielt sich allerdings in Grenzen, da er sich zum Mittagessen bei seiner Mutter eingeladen hatte, um mit ihr über Lyonels bevorstehenden Besuch zu sprechen - und das behagte ihm überhaupt nicht.
Als Niklas den Wagen vor der Doppelgarage seines Elternhauses parkte, stieg er nicht aus, sondern starrte auf den großen Teich im Garten, in dessen Mitte sich eine von Rosen umrankte Laube befand, zu der ein schmaler Holzsteg über das Wasser führte. Niklas hatte den Teich zusammen mit seinem Vater angelegt, weswegen der idyllische Anblick ihn schmerzlich an diesen erinnerte. Er vermisste ihn. Der Tod der Mörder seines Vaters hatte seinen Schmerz nicht lindern können, aber das hatte Niklas auch nicht erwartet. Dennoch empfand er eine gewisse Genugtuung, dass diese Männer nicht mehr unter den Lebenden weilten.
Erst jetzt schätzte Niklas es, wie viel Zeit sich sein Vater für die Familie genommen hatte. Er war zwar manchmal bis zu sechs Wochen am Stück auf der Jagd gewesen, dafür aber auch oft drei Monate zu Hause geblieben. Glücklicherweise war sein Vater nicht so hasserfüllt gewesen, wie die meisten anderen Vampirjäger, die oft erst zu Jägern geworden waren, weil sie durch blutrünstige Vampire Angehörige verloren hatten. Sie jagten, in der Regel zu dritt, erbarmungslos jeden Blutsauger, den sie aufspüren konnten. Egal, ob er es verdient hatte, oder nicht. Diese Vampirjäger waren besessen von ihrer Jagd, gönnten sich nur selten eine Pause und vernachlässigten ihre Familien.
Niklas stieg aus, schlenderte zu der Laube und setzte sich seitlich auf einen Liegestuhl. Er fixierte einen roten Goldfisch, der gemächlich seine Bahnen durch das Wasser zog, und begann einen leisen Monolog mit seinem Vater, als würde dieser ihn hören:
„Was hältst du davon, dass Lyonel hinter Mum her ist? Bist du eifersüchtig auf ihn? Garantiert ... warst du bestimmt schon immer. Allerdings weiß ich, dass du nicht möchtest, dass Mum sich wie eine alte Jungfer zurückzieht. Du möchtest, dass sie glücklich ist, aber mit einem Vampir?“
Niklas schwieg und starrte weiter den Fisch an. Plötzlich lächelte er, denn er konnte seinen Vater mit erhobenem Zeigefinger vor seinem geistigen Auge stehen sehen. Und da er genau wusste, was sein Vater ihm gesagt hätte, konnte er ihn auch hören:
„Stell dich deiner Mutter nicht in den Weg, Junge. Sie hat das Recht, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Natürlich bin ich eifersüchtig auf Lyonel und das er ein Vampir ist, macht die Sache nicht einfacher. Aber ich bin ihm auch zu Dank verpflichtet. Ohne ihn hätte ich die wunderbaren, kostbaren Jahre mit deiner Mutter und dir niemals gehabt. Ich möchte, dass ihr euer Leben genießt, denn du weißt, wie schnell es vorbei sein kann.“
„Und wenn Lyonel sie verwandelt?“
„Es gibt keine Garantien im Leben, Junge. Für nichts.“
„Niklas?“
Der Angesprochene schreckte hoch. Er hatte seine Mutter nicht kommen hören, die sich neben ihn auf die Liege setzte.
„Über was hast du nachgedacht?“
„Über Dad“, antwortete Niklas ohne seine Mutter anzusehen. „Darüber, was er davon hält, wenn du dich mit Lyonel triffst, vielleicht sogar eine Beziehung mit ihm eingehst.“
Rachel nickte und knetete nervös ihre Hände. Zögernd gab sie zu:
„Darüber mache ich mir jeden Tag Gedanken. Dein Vater und ich haben zwar nur sehr selten über Lyonel gesprochen, aber ich bin mir sicher, dass er wusste, dass ich hin und wieder an den Vampir gedacht habe. Ich habe mich dafür geschämt, dass ich Lyonel nicht aus meinem Herzen verbannen konnte und meine Gefühle für ihn oft selbst nicht verstanden, denn ich habe deinen Vater von ganzem Herzen geliebt.“
„Für wen hättest du dich damals eigentlich entschieden, wenn Lyonel kein Vampir gewesen wäre?“
„Ich weiß es nicht und ehrlich gesagt bin ich froh, dass ich nicht vor dieser Entscheidung stand.“
Sie schwiegen eine Weile und schließlich fragte Rachel:
„Und? Glaubst du, dein Vater wäre mit einer Beziehung zu Lyonel einverstanden?“
Niklas presste seine Lippen aufeinander, weil sein Verstand ihm noch immer sagte, sich von jedem Vampir fernzuhalten, doch dann nickte er langsam.
„Wäre er, weil er möchte, dass du glücklich bist.“
Rachel legte ihrem Sohn die Hand auf den Arm und flüsterte:
„Danke.“
Ihr war bewusst, dass Niklas
Weitere Kostenlose Bücher