Von Rache getrieben - Vampirroman (German Edition)
akzeptieren können, dass er hier starb, aber nicht, dass Elvira sich an den anderen rächte. Dass sie ihnen Schmerzen zufügte und sie tötete. Dass sie Rachel tötete.
***
Rachel war nervös. Sie saß vor ihrer Staffelei und versuchte, an einem ihrer Bilder weiterzumalen, doch sie konnte sich nicht darauf konzentrieren. Normalerweise beruhigte die Malerei sie, aber heute funktionierte das nicht. Sie musste andauernd an Lyonel denken.
Frustriert erhob sie sich und ging, wie schon so oft an diesem Abend, ins Badezimmer. Sie fühlte sich wie ein frisch verliebter Teenager, überlegte, was sie anziehen sollte und betrachtete andauernd ihr Gesicht im Spiegel. Sollte sie noch etwas mehr Make-up auflegen? Ihre Haare anders frisieren?
„Du benimmst dich wirklich kindisch!“, schimpfte sie und ging in ihr Schlafzimmer. Am liebsten würde sie die Türen ihres Kleiderschrankes öffnen, um doch noch etwas anderes anzuziehen, als ihre blaue Jeans und die weiße Bluse, doch sie unterließ es. Stattdessen richtete sie ihren Blick auf die Handtasche, die bereits seit drei Wochen in der Ecke auf dem Boden stand und darauf wartete, ausgeräumt zu werden. Rachel wechselte öfter ihre Handtasche, die sie für den Alltag benutzte, und hatte aus der am Boden stehenden nur ihre Geldbörse und die Papiere herausgenommen.
Um sich abzulenken, nahm sie die Tasche, öffnete alle Reisverschlüsse und kippte den Inhalt auf ihr Bett. Bei dem Anblick der Dinge, die herausfielen, war Rachel dankbar, dass kein Fremder sehen konnte, was sie so mitschleppte: einen Block, diverse Kugelschreiber, zwei Packungen Tempotaschentücher, Schminksachen, ein Maßband und sogar Schokoriegel. Plötzlich zog Rachel jedoch irritiert ihre Augenbrauen zusammen, als sie einen Gegenstand entdeckte, den sie nicht kannte. Sie griff nach ihm und drehte ihn zwischen ihren Fingern hin und her. Wenn sie sich nicht täuschte, war es eine Wanze. Rachel wurde mulmig, da sie sich keinen Reim darauf machen konnte, woher diese Wanze kam und wer sie ihr zugesteckt haben könnte. Und vor allem, warum? Sie wollte gerade nach ihrem Handy greifen, um Niklas anzurufen, als ein dezenter Alarm ertönte, der ihr mitteilte, dass sich jemand dem Haus näherte. Sie zuckte zusammen und starrte auf einen der Überwachungsmonitore, die im ganzen Haus verteilt waren. Sollte das schon Lyonel sein? Es war doch erst kurz nach elf. Doch das Wärmebild verriet Rachel, dass sich da draußen kein Vampir aufhielt, sondern ein Mensch. Als es klingelte, stellte Rachel den Bildschirm um, sodass sie die Person betrachten konnte, und bekam erneut einen Schreck. Vor der Tür stand ein Polizist. Was wollte der hier? Rachel betätigte mit zitternder Hand die Gegensprechanlage und fragte:
„Ja bitte?“
„Frau Maelzer?“
„Ja, was möchten Sie?“
„Es wäre nett, wenn Sie die Tür öffnen würden, Frau Maelzer. Ich habe leider schlechte Nachrichten für Sie. Es geht um ihren Sohn.“
„Was?, rief Rachel und rannte los. Es konnte, es durfte nicht sein, dass Niklas etwas zugestoßen war. Er war doch nicht ..., nein, so etwas durfte sie nicht denken. Niklas war nicht tot.“
Rachel riss die Tür auf:
„Sagen Sie mir, dass es Niklas gut geht, bitte!“
Der Polizist, der, wie Rachel jetzt feststellt, gute zwei Meter groß war, grinste sie frech an und griff nach ihr, bevor sie reagieren konnte. Er legte einen Arm um sie, zog sie an seine breite Brust und im selben Moment spürte Rachel einen Stich an ihrem Hals. Sie stieß einen entsetzten Schrei aus, doch ihre Umgebung begann bereits zu verschwimmen. Innerhalb von Sekunden fiel Rachel in eine bodenlose Schwärze und verlor das Bewusstsein.
***
Eric gähnte herzhaft und streckte seine Beine aus.
„Ich glaube, ich muss Schluss machen“, brachte er zwischen einem weiteren Gähner hervor. „Ich programmiere nur noch Blödsinn.“
Niklas nickte und rieb sich über sein Gesicht. Auch er war müde und versuchte sich bereits seit einer Stunde an einer einfachen Programmerweiterung für einen Kunden.
Er hatte den Tag mit Sarah verbracht und war erst abends, als sie ihren Termin mit Anton Murr hatte, ins Büro gefahren. Hier war er auf Eric gestoßen, der ihn grinsend gemustert und erklärt hatte, dass er überaus zufrieden aussähe. Eigentlich hatte Eric schon längst Feierabend machen wollen, doch da er nichts Besonderes vorgehabt und noch viel Arbeit hatte, war er geblieben. Doch jetzt war es zwanzig Minuten nach elf und die Konzentration der beiden
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