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von Schirach, Ferdinand

von Schirach, Ferdinand

Titel: von Schirach, Ferdinand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verbrechen
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sich auf
einen Stein und ließ es zu. Die Kinder hatten ihren Spaß. Irgendwann kam die
schöne Frau, bei der er wohnte. Sie schimpfte und zerrte an ihm, sie brachte
ihn wieder ins Haus und gab ihm Getreidefladen. Er aß alles auf. Sie lächelte
ihn an.
     
    Nach und nach lernte er das
Dorf der Kaffeebauern kennen. Sie hatten ihn in der Plantage gefunden, ihn hochgeschleppt
und einen Arzt aus der Stadt geholt. Sie waren freundlich zu ihm. Nachdem er zu
Kräften gekommen war, wollte er helfen. Die Bauern waren erstaunt, dann
akzeptierten sie.
     
    Ein halbes Jahr später wohnte
er immer noch bei der Frau. Langsam lernte er ihre Sprache. Zuerst ihren Namen:
Ayana. Er schrieb sich Vokabeln in Lautschrift in ein Notizheft. Sie lachten,
wenn er Fehler bei der Aussprache machte. Manchmal strich sie durch seine
roten Haare. Irgendwann küss ten sie sich. Ayana war 21. Ihr Mann war vor zwei Jahren
bei einem Unfall in der Provinzhauptstadt gestorben.
     
    Michalka dachte über den
Kaffeeanbau nach. Die Ernte war mühsam und fand zwischen Oktober und März von
Hand statt. Er verstand das Problem schnell - das Dorf war das letzte Glied in
der Handelskette. Der Mann, der die getrockneten Kaffeebohnen abholte,
verdiente mehr und hatte weniger Arbeit. Aber der Mann besaß einen alten
Laster, und im Dorf konnte niemand Auto fahren. Michalka kaufte für 1400 Dollar einen besseren Wagen
und fuhr die Ernte selbst in die Fabrik. Er erzielte den neunfachen Preis und
teilte den Gewinn unter den Bauern auf. Dann brachte er Dereje, einem jungen
Mann aus dem Dorf, das Fahren bei. Dereje und er holten nun auch in den
umliegenden Dörfern die Bohnen ab, sie zahlten den Bauern das Dreifache wie
bisher. Bald konnten sie einen zweiten LKW kaufen.
     
    Michalka überlegte, wie man
die Arbeit leichter machen könnte. Er fuhr in die Provinzhauptstadt, erwarb
einen uralten Dieselgenerator und baute mit gebrauchten Autofeigen und
Stahlseilen von der Plantage bis ins Dorf eine Seilbahn. Als Transportbehälter
zimmerte er große Holzkisten. Die Bahn brach zweimal zusammen, bis er die
richtigen Abstände der Holzträger gefunden und sie mit Stahlstreben verstärkt
hatte. Der Dorfälteste beobachtete seine Versuche mit Argwohn, aber als die
Seilbahn funktionierte, war er der Erste, der Michalka auf den Rücken klopfte.
Die Kaffeebohnen ließen sich jetzt schneller transportieren, die Bauern
mussten sie nicht mehr auf dem Rücken ins Dorf schleppen. Sie konn ten schneller ernten, die Arbeit
war weniger anstrengend. Die Kinder liebten die Seilbahn, sie malten auf die
Holzkisten Gesichter, Tiere und einen Mann mit roten Haaren.
     
    Michalka wollte das
Ernteergebnis weiter verbessern. Die Bauern breiteten die Bohnen auf Gestellen
aus und wendeten sie fünf Wochen, bis sie fast trocken waren. Die Gestelle
standen vor den Hütten oder auf deren Dächern. Die Bohnen verdarben, wenn sie
nass wurden, die ausgebreiteten Schichten mussten dünn sein, sonst verfaulte
alles. Es war eine anstrengende Arbeit, die jeder für sich selbst tun musste. Michalka
kaufte Zement und mischte Beton an. Vor dem Dorf legte er eine freie Fläche an,
auf der alle Bauern des Dorfes die Ernte lagern konnten. Er konstruierte große
Rechen, und die Bauern wendeten die Bohnen jetzt gemeinsam. Über die Fläche
spannten sie einen Regenschutz aus durchsichtiger Plastikfolie, die Bohnen
trockneten darunter schneller. Die Bauern waren zufrieden, es war weniger Arbeit,
und nichts verdarb mehr.
     
    Michalka verstand, dass man
die Qualität des Kaffees weiter verbessern konnte, wenn man die Bohnen nicht
nur durch bloße Trocknung aufbereiten würde. Das Dorf lag neben einem kleinen
Fluss mit klarem Quellwasser. Er wusch frische Kaffeebohnen von Hand und
sortierte sie in drei Wassertanks. Für wenig Geld besorgte er über einen
Händler eine Maschine, die das Fruchtfleisch von den Bohnen trennte. Die ersten
Versuche gingen schief, die so entpulpten Bohnen gärten zu lange und waren
überfermentiert. Er lernte, dass es darum ging, die Anlagen absolut sauber zu
halten, eine einzige zurückgebliebene Bohne konnte den gesamten Prozess
verderben. Schließlich gelang es. Er wusch den nass aufbereiteten Kaffee und
entfernte die Reste der Pergamenthaut der Bohnen. Er grenzte ein kleines Stück
auf der Betonfläche ab und trocknete sie. Als er einen Sack dieser Bohnen zum
Händler brachte, bekam er den dreifachen Preis. Michalka erklärte den Vorgang
den Bauern, durch die Seilbahn konnten sie die Ernte

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