Von Tod und Wiedergeburt (German Edition)
sein Blutdruck erneut steil ab und konnte auch mit Medikamenten nicht wieder stabilisiert werden. Während alle Anzeichen erneut auf einen Tod innerhalb weniger Minuten hindeuteten und die Ärzte um sein Leben kämpften, lächelte Karmapa freundlich, nur um zwei Stunden später wieder mit normalem Blutdruck aufrecht im Bett sitzend mit den Ärzten zu plaudern.
Niemand in der Klinik hatte so etwas zuvor erlebt: Ein Patient mit Krebs im Endstadium und massiver Lungenentzündung erholt sich eigentlich nicht mehr, geschweige denn, dass er aufrecht im Bett sitzt, erholt, froh und freundlich.
Als Karmapa tags darauf verstarb, verblüffte er noch ein letztes Mal die Ärzte. Als sein Herz frühmorgens aussetzte, begannen sie sofort mit der Wiederbelebung und konnten Karmapa auch für eine halbe Stunde stabilisieren. Schließlich sackte der Blutdruck jedoch völlig ab, und es kam zum endgültigen Herzstillstand. Die Ärzte belebten Karmapa 45 Minuten lang wieder, doch auf dem Herzmonitor konnte man deutlich erkennen, wie das Herz mehr und mehr versagte und auch auf Injektionen nicht mehr reagierte. Schließlich gaben die Ärzte auf, stellten den Tod Karmapas fest und verließen den Raum. Schon klinisch tot, schaltete Karmapa danach die an ihn angekoppelten Maschinen einfach wieder ein.
Als die Pfleger eine Viertelstunde später die Magensonde herausziehen wollten, sahen sie auf dem Herzmonitor, dass Karmapas Blutdruck wieder bei 140 zu 80 und sein Puls gleichmäßig war. Als Dr. Levy hinzukam, glaubte er, ohnmächtig zu werden, so weit außerhalb seiner üblichen Erfahrungswelt war dieses Ereignis. Einer der älteren Rinpoches klopfte ihm jedoch beruhigend auf die Schulter und sagte: »Es ist unmöglich, aber es geschieht.«
Man hatte den Eindruck, dass Karmapa – eine Stunde nachdem sein Herz endgültig aufgehört hatte zu schlagen und 15 Minuten nachdem die Ärzte ihn aufgegeben hatten – nochmals zurückgekommen wäre, um zu überprüfen, ob dieser Körper seinen Geist noch tragen konnte oder nicht. Doch damit nicht genug, selbst nach seinem Tod hörte Karmapa nicht auf, die westlichen Mediziner zu verblüffen: 48 Stunden nach seinem Tod war seine Herzgegend immer noch warm, und seine Haut blieb geschmeidig. Da das Krankenhaus ausnahmsweise die Erlaubnis erteilt hatte, Karmapas Körper weiter ungestört im Krankenzimmer zu lassen, verweilte er in dieser tiefen Versenkung weitere zwei Tage, bis er nach Sikkim geflogen wurde. Bei einem Zwischenstopp in London wurde der Zinksarg von Schülern noch mit Blumen geschmückt.
Der »König der Yogis«, der 16. Karmapa Rangjung Rigpe Dorje, »Diamant der selbstentstandenen letztendlichen Wahrheit«, hatte auch in früheren Wiedergeburten in Verbindung mit seinem Tod Wunder aus dem Ärmel gezogen. Dieser Tradition folgend, setzte Karmapa, der durch seine Spiele mit den Naturgesetzen die Ärzte in den USA völlig aufgerüttelt hatte, schon vier Tage klinisch tot und im Sarg um die halbe Welt geflogen, fröhlich seine Wunder fort. Er war in der Lage, seinen Körper, ohne dass dieser bei dem warmen Wetter und den vielen Butterlampen zerfiel, innerhalb von 40 Tagen bis zum 20. Dezember 1981 auf die Größe von 50 Zentimetern zu schrumpfen. Sein Kopf machte davon ein Drittel aus, und als ich ihn vor der Verbrennung anschaute und mich verabschiedete, war er tiefgrau, aber unbeschädigt und leicht erkennbar.
Die von Karmapa verwendete Art der Meditation zeigt auf die Verwirklichung seines Geistes. In diesem Zustand kann man eine der drei Meditationen wählen, um mit dem Wahrheitszustand zu verschmelzen. Bei dem von Karmapa verwendeten Tudam [48] (
tu
bedeutet Herz und
dam
Band, also dass der Geist im Herzen gebunden bleibt) kann man selbst als Außenstehender erkennen, dass hier etwas höchst Ungewöhnliches mit dem Körper geschieht, was selbstverständlich viel Vertrauen in die Kraft des Geistes gibt. Bei dieser Meditation verankert man im Verlauf des Sterbens seinen Geist im Wahrheitszustand und erfährt das nackte Gewahrsein an sich. Dabei verweilt der Erleber im Herzen und wird gleichzeitig völlig klar und uferlos. Raumbewusstheit innen und außen ist dann nicht mehr getrennt, und enorme Kraft und endlose zeitlose Weite werden erlebt. Hier verschmelzen Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft mühelos zu zeitloser Einsicht. Von dieser Ebene aus kann man sich zum Besten der Wesen an jedem Ort wiedergebären lassen, auch unzählige Körper annehmen und überall dort helfen,
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