Von Tod und Wiedergeburt (German Edition)
Der Rücken ist gerade, ohne steif zu sein, und das Kinn leicht eingezogen.
Zuerst beruhigen wir den Geist. Wir spüren den formlosen Luftstrom, der an der Nasenspitze kommt und geht, lassen Gedanken und Geräusche einfach vorbeiziehen, ohne an ihnen zu haften.
Wir wollen nun meditieren, um den Geist zu erfahren und Abstand zu eigenen Störungen zu gewinnen. Nur dann können wir anderen wirklich nützen.
Etwa eine halbe Armlänge vor unserer Nase entsteht jetzt ein klares, durchsichtiges Licht.
Während wir einatmen, strömt es mitten durch unseren Körper nach unten. Auf dem Weg hinunter wird das klare Licht immer röter. Wenn es eine Handbreit unterhalb des Nabels kurz anhält, ist das durchsichtige Licht völlig rot geworden.
Beim Ausatmen bewegt es sich nach oben und verfärbt sich dabei immer mehr ins Blaue. Eine halbe Armlänge vor uns wird das blaue, durchsichtige Licht in einem Augenblick wieder klar, und wir atmen es erneut ein.
Wir halten diese Vorstellung so gut wie möglich, während der Atem natürlich kommt und geht.
Ist es schwierig, sich Farben vorzustellen, denken wir einfach: klares Licht beim Einatmen, rotes, wenn der Atem unterhalb des Nabels anhält, und blaues während des Ausatmens.
Nach einer Weile können wir uns auch allein auf die Schwingungen des Atems einlassen. Beim Einatmen hören wir dann die innere Schwingung der Silbe OM , beim Anhalten unterhalb des Nabels ein tiefes AH und beim Ausatmen ein HUNG .
Die Schwingungen stellen wir uns innerlich vor, solange es angenehm ist.
Am Ende der Meditation lassen wir die Welt wieder frisch und neu entstehen. Zuletzt wünschen wir, dass all das Gute, das hier geschah, grenzenlos wird, zu allen Wesen überallhin ausstrahlt, ihnen jedes Leid nimmt und dafür das einzige Dauerglück gibt, das Erkennen des eigenen Geistes.
Die Meditation des Gebens und Nehmens
Bei dieser Meditation sät man gute Eindrücke in den Geist, damit man die Fähigkeit bekommt, anderen selbstverständlich helfen zu können. Man stellt sich auf die Schwierigkeiten und Leiden der Wesen ein und wandelt sie zum Besten aller in Liebe um. Da man von der Ichlosigkeit weiß, können die Leiden einen nicht schädigen. Diese grundlegende Meditation des Großen Weges hat zum Ziel, Mitgefühl für andere zu entwickeln.
Wir spüren den formlosen Luftstrom, der an der Nasenspitze kommt und geht, und lassen Gedanken, Gefühle und Geräusche einfach vorbeiziehen, ohne an ihnen zu haften.
Wenn der Geist ruhiger geworden ist, nehmen wir Zuflucht zu Buddha (dem Ziel), zur Lehre und zu den Freunden auf dem Weg. Wir wollen jetzt meditieren, um allen Wesen nützen zu können und um die Unwirklichkeit aller bedingten Zustände zu verstehen.
Nun erleben wir die Leiden aller Wesen als schwarze Wolken um sie herum. Dieses schwarze Licht atmen wir natürlich und ohne Anstrengung in uns ein. Wenn es im Herzen ankommt, wird es in einem Augenblick zu strahlendem, klarem Licht, das wieder mit unserem Atem durch die Nase auf die Wesen ausströmt. Es verbreitet sich über sie und gibt allen jedes Glück. Das machen wir so lange, wie es angenehm ist.
Am Ende wünschen wir, dass all das Gute, das hier aufgebaut wurde, allen Wesen nützen möge.
(Ziel dieser Meditation ist es, gute Eindrücke in den Geist zu säen, damit man später die Fähigkeit hat, anderen selbstverständlich nützen zu können.)
»Liebevolle Augen«-Meditation
Liebevolle Augen
(tib.: Chenresig/sanskr.: Avalokiteshvara) steht für das Mitgefühl aller Buddhas. Eine seiner sehr häufig vorkommenden Erscheinungen ist eine weiße, vierarmige Form. Meditiert man auf ihn, geht es darum, durch die Einswerdung mit ihm selbst sein Mitgefühl und seine Liebe vollständig zu verwirklichen.
Die vier Arme deuten darauf hin, dass es sich nicht um eine feste, weltliche Erscheinung handelt. Sie stellen sinnbildlich die vier Arten der Liebe dar: Liebe, Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut. Seine Kennzeichen (Kristall-
Mala
, Tücher, Lotosblüte und vieles mehr) und deren Bedeutung wirken ohne Worte auf das Unterbewusstsein.
Abb. 39 Liebevolle Augen
Im Mittelpunkt steht sein Mantra OM MANI PEME HUNG . Es ist in Nepal und Tibet sicherlich das am meisten gesprochene, und man sieht es überall und ständig in Stein gemeißelt. Auch beim Drehen der Gebetsmühlen im Uhrzeigersinn, häufig in der Nähe eines
Stupas
, oder in kleiner Form, in der Hand gehalten oder mit Verwendung einer Mala, wünscht man jedes Mal allen Wesen alles Gute.
Weitere Kostenlose Bücher