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Von wegen Liebe (German Edition)

Von wegen Liebe (German Edition)

Titel: Von wegen Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kody Keplinger
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mir nichts sehnlicher, als wieder in Wesleys Zimmer zu sein. Auf meiner kleinen Insel. Meiner Zuflucht. Aber erst musste ich warten, dass Jake Gaither vom Parkplatz fuhr.
    Als ich sicher sein konnte, dass er weg war, trat ich nach draußen und zog meinen Mantel eng um mich. Der Februarwind zerrte an meinen Haaren, als ich den leeren Parkplatz überquerte, und der Anblick meines heizungsbehinderten Wagens war alles andere als tröstlich. Ich stieg ein, zitterte wie Espenlaub und ließ den Motor an. Die Fahrt nach Hause schien Stunden zu dauern, obwohl die Hamilton High nur ungefähr sechs Kilometer von mir entfernt war.
    Ich überlegte gerade, ob ich vielleicht schon ein paar Stunden früher zu Wesley könnte, als mir mein Dad einfiel. Sein Auto stand in der Auffahrt, obwohl er eigentlich noch nicht von der Arbeit hätte zu Hause sein sollen.
    »Verdammt!« Ich hämmerte auf das Lenkrad ein und fuhr erschrocken zusammen, als die Hupe losging. »Verdammt! Verdammt!«
    Ich kam mir so schlecht vor. Wie hatte ich meinen Dad vergessen können? Meinen armen, einsamen, von seiner Frau verlassenen Vater? Während ich ausstieg und die Verandastufen hochging, fragte ich mich besorgt, ob er wohl immer noch in seinem Zimmer war. Wenn ja, würde ich dann die Tür aufbrechen müssen? Und dann? Ihn anschreien? Mit ihm zusammen weinen? Ihm sagen, dass Mom ihn nicht verdient hatte? Wie sollte ich mich verhalten?
    Aber Dad saß auf der Couch, als ich hereinkam, und hatte eine Schüssel Popcorn auf dem Schoß. Ich blieb zögernd in der Tür stehen. Er sah … normal aus. Nicht so, als hätte er geweint oder getrunken. Er sah einfach aus wie mein Dad mit seiner dicken Hornbrille und den zerzausten kastanienbraunen Haaren. So wie er immer aussah.
    »Hey, Hummelchen«, sagte er und sah zu mir auf. »Auch ein bisschen Popcorn? Auf AMC läuft ein Film mit Clint Eastwood.«
    »Äh … nein danke.« Ich blickte mich im Zimmer um. Kein zerbrochenes Glas. Keine Bierflaschen. Als hätte er den ganzen Tag keinen Tropfen angerührt. Ich fragte mich, ob der Rückfall schon überstanden war. Funktionierten Rückfälle so? Ich hatte keine Ahnung. Aber ich war trotzdem auf der Hut. »Alles okay, Dad?«
    »Mir geht es gut«, sagte er. »Ich habe heute Morgen verschlafen und kurzerhand beschlossen, mich einen Tag krankzumelden. Bei den wenigen Fehltagen, die ich habe, kann ich mir das ruhig mal erlauben.«
    Ich warf einen Blick in die Küche. Der Umschlag lag immer noch auf dem Esstisch. So wie ich ihn zurückgelassen hatte.
    Dad musste meinem Blick gefolgt sein oder seine Richtung erahnt haben, denn er sagte achselzuckend: »Ach, diese albernen Unterlagen. Nur deswegen habe ich so die Beherrschung verloren, aber ich habe darüber nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass es sich nur um ein Missverständnis handeln kann. Wahrscheinlich hat der Anwalt deiner Mutter erfahren, dass sie ein bisschen länger weg ist als sonst, und voreilig gehandelt.«
    »Hast du mit ihr gesprochen?«
    »Nein«, gab Dad zu. »Aber ich bin mir absolut sicher, dass es so ist, wie ich gesagt habe. Es gibt einfach keine andere Erklärung dafür. Also kein Grund, sich Sorgen zu machen, Hummelchen. Wie war dein Tag?«
    »Gut.«
    Wir logen beide, aber ich war mir darüber im Klaren. Dad dagegen schien von seiner eigenen Lüge völlig überzeugt zu sein. Sollte ich ihn daran erinnern, dass Moms Unterschrift auf den Scheidungspapieren war? Ihn mit den nackten Tatsachen konfrontieren? Aber das hätte womöglich einen weiteren Rückfall provoziert, und ich wollte nicht diejenige sein, die ihn erneut zur Flasche greifen ließ.
    Er steht unter Schock, sagte ich mir, als ich die Treppe zu meinem Zimmer hochging. Er steht schlicht und einfach unter Schock. Aber er würde die Wahrheit nicht lange leugnen können. Irgendwann würde er aufwachen. Ich hoffte nur, er würde es mit Haltung tun.
    Ich legte mich mit meinem Mathebuch aufs Bett und versuchte, Hausaufgaben zu machen, aber mein Blick wanderte immer wieder zu dem Wecker auf meinem Nachttisch. 15:28 … 15:31 … 15:37 … Die Minuten verstrichen quälend langsam und die Matheaufgaben verschwammen zu unentschlüsselbaren Piktogrammen, als wären es Hieroglyphen. Schließlich gab ich mich geschlagen und klappte das Buch zu.
    Das war doch krank. Ich hätte nicht an Wesley denken sollen. Ich hätte Wesley nicht küssen sollen. Ich hätte nicht mit Wesley schlafen sollen. Gott. Vor nicht allzu langer Zeit hätte ich es schon

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