Von Zweibeinern und Vierbeinern
er da anhat, ist mein guter Hausmantel. Du verdammter Teufel, dazu hast du ihn angestiftet!«
Der Bauer wand sich, hilflos vor Lachen, auf seinem Stuhl. Er hätte sich keine bessere Wirkung seines kleinen Spaßes erhoffen können.
Igor war einer aus der Gruppe der Kriegsgefangenen, die vor kurzem gekommen waren, um auf der Farm zu arbeiten. Gegen Ende des Krieges gab es Hunderte von Gefangenen, die auf dem Lande arbeiteten, und alle Beteiligten schienen darüber glücklich zu sein. Für die Bauern waren die zusätzlichen Arbeitskräfte ein Gewinn, die Kriegsgefangenen waren froh, daß sie die Zeit bis zur Rückführung in ihre Länder in frischer Luft verbringen und die reichlichen Mahlzeiten der Bauern teilen konnten, denn zu jener Zeit waren die Nahrungsmittel in England noch rationiert, und ich selber war zufrieden, da ich jetzt überall und immer willige Hände fand, die mir bei dem oft rauhen Geschäft der Behandlung großer Tiere halfen.
Die Gefangenen waren natürlich hauptsächlich Deutsche, aber es gab auch eine Anzahl Italiener unter ihnen und seltsamerweise sogar Russen. Ich hatte zuerst ein ziemlich dummes Gesicht gemacht, als ich sah, wie Hunderte von Männern, die aussahen wie Chinesen, aber deutsche Uniformen trugen, am Bahnhof Darrowby aus dem Zug geladen wurden. Später erfuhr ich, daß es Russen aus der Mongolei waren, die man gezwungen hatte, für die Deutschen zu kämpfen, und die dann von den Briten gefangengenommen worden waren. Igor war einer von ihnen.
Ich kenne Familien, die heute noch ihre Ferien bei den Deutschen und Italienern verbringen, mit denen sie seit damals befreundet sind.
Ich lachte immer noch über die Episode mit Igor, als ich in den Wagen stieg und die Liste der telefonisch gemeldeten Krankheitsfälle durchsah.
»Preston, Scarth Lodge, lahme Kuh«, las ich. Es waren zwanzig Minuten zu fahren, und wie immer dachte ich ein bißchen darüber nach, was die Ursache der Erkrankung sein konnte. Wahrscheinlich eine Entzündung durch Unsauberkeit, vielleicht ein Eiterherd am Fuß, dem nur mit dem Messer beizukommen war. Aber es konnte auch eine Zerrung sein. Ich würde es gleich sehen.
Hal Preston brachte meine Patientin gerade vom Feld herein, als ich auf dem Hof ankam, und ich brauchte nicht einmal aus dem Wagen zu steigen, um die Diagnose zu stellen – eine Diagnose, die mir keine Freude bereitete.
Die Kuh stolperte langsam vorwärts. Ihr rechter Hinterfuß berührte kaum die Erde. Das Bein war kürzer als die anderen, und ein Buckel im Hüftbereich zeigte, wo der große Trochanter des Oberschenkelknochens gegen die Haut stieß. Verschiebung des Knochens nach oben. Absolut typisch.
»Ist heute morgen passiert«, sagte der Bauer. »Gestern abend war sie noch ganz in Ordnung. Ich weiß nicht...«
»Sie brauchen nichts mehr zu sagen, Mr. Preston«, sagte ich. »Ich weiß, was es ist. Sie hat eine ausgerenkte Hüfte.«
»Ist das was Ernstes?«
»Leider ja. Und man braucht ungeheure Kräfte, um die Kugel des verrenkten Knochens zurück in die Pfanne zu ziehen. Selbst bei einem Hund ist das eine schwierige Sache. Bei Rindern ist es manchmal unmöglich.«
Der Bauer machte ein mürrisches Gesicht. »Scheußlich. Das ist nämlich eine meiner besten Kühe, eine prima Milchkuh. Und was passiert, wenn Sie es nicht einrenken können?«
»Ich fürchte, dann wird sie für immer ein Krüppel bleiben. Bei Hunden bildet sich das Gelenk gewöhnlich ganz gut wieder aus, aber bei einer Kuh ist das anders. Die meisten Bauern lassen das Tier in solchen Fällen schlachten.«
»Zum Teufel, nein, das will ich nicht!« Hal Preston rieb sich heftig das Kinn. »Wir werden es versuchen.«
»Gut, das möchte ich auch.« Ich wandte mich um und ging zum Wagen. »Ich fahre zurück in die Praxis, um die Chloroform-Maske zu holen, und in der Zwischenzeit laufen Sie, bitte, zu Ihren Nachbarn und holen ein paar starke Männer zusammen, ja? Wir brauchen jeden kräftigen Arm, den Sie finden können.«
Der Bauer blickte über die wellenförmigen grünen Felder ringsumher. Weit und breit war kein Haus zu sehen. »Zu meinen Nachbarn ist es ein langer Weg, aber ich brauche sie auch nicht. Kommen Sie mal mit.«
Er ging mir voran zur Küche, in der es köstlich nach gebratenem Schinken duftete. Vier stämmige Deutsche saßen am Tisch. Vor jedem stand ein Teller, der voll beladen war mit Kartoffeln, Kohl, Schinken und Wurst.
»Man hat mir diese Burschen geschickt, damit sie mir bei der Heuernte helfen«,
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