Von Zweibeinern und Vierbeinern
bißchen loses Stroh um die liegende Kuh herum zu streuen, während ich in der Küche des Hauses die Instrumente auskochte.
Bald war alles bereit. Injektionsspritzen, Fäden zum Nähen, Skalpelle, Scheren, lokale Betäubungsmittel und Watte lagen in einer Reihe auf einem sauberen Handtuch, das wir über einen der Strohballen gelegt hatten. Ich tat ein Antiseptikum ins Wasser und wandte mich an den Bauern.
»Wir rollen sie auf die Seite, und Sie können ihr den Kopf halten, Mr. Bushell. Aber ich denke, sie ist so müde, daß sie sich nicht viel bewegen wird.«
Norman und ich drückten gegen die Schulter, und Bella plumpste ohne Widerstand auf die Seite. Der Bauer setzte das Knie hinter ihren Nacken, und vor uns lag der Länge nach die linke Flanke.
Ich warf Norman einen fragenden Blick zu. »Wo soll ich den Einschnitt machen?« flüsterte ich.
Norman räusperte sich. »Nun, äh, etwa da...« Er deutete vage auf eine Stelle.
Ich nickte. »Um den unteren Magenbogen, ja? Aber ein bißchen tiefer, nehme ich an.« Ich begann, von einem schmalen, etwa dreißig Zentimeter langen Stück die Haare wegzuschneiden. Ich würde eine ziemlich große Öffnung brauchen, um das Kalb durchzubekommen. Dann desinfizierte ich schnell das Gebiet und betäubte die Kuh.
Heute machen wir solche Eingriffe mit örtlicher Betäubung, und in den meisten Fällen liegt die Kuh ruhig auf der Seite, oder sie steht sogar dabei. Natürlich spürt sie dabei nichts, aber ich habe ein paar graue Haare an den Schläfen, die ich dem Umstand verdanke, daß eine wilde Kuh einmal mitten bei der Operation hochfuhr und davontrabte, mich im Schlepptau, wobei ich mich noch verzweifelt bemühte, ihre Innereien davor zu bewahren, daß sie auf den Boden fielen.
Aber das geschah erst später. Bei diesem ersten Fall hatte ich solche Angst nicht. Ich schnitt in die Haut, durchtrennte die Muskeln und das Bauchfell und sah mich einer mir entgegenquellenden Masse rosa und weißen Gewebes gegenüber.
Ich betastete es mit den Fingern. Es war etwas Hartes darin. Konnte es das Kalb sein?
»Was ist das?« flüsterte ich.
»Was?« Norman, der neben mir kniete, rutschte unruhig auf den harten Steinen hin und her. »Was meinen Sie?«
»Das Ding hier. Ist das der Magen oder der Uterus? Es ist ziemlich weit unten, es könnte der Uterus sein.«
Der Student schluckte ein paarmal. »Ja... ja... das ist der Uterus.«
»Gut.« Ich lächelte erleichtert und machte einen kühnen Einschnitt. Ein großer Klumpen zusammengepreßten Grases quoll heraus. Luft und eine schmutzige braune Flüssigkeit folgten.
»O Gott!« keuchte ich. »Es ist der Magen. Sehen Sie sich das an!« Ich stöhnte laut auf, als die schmutzige Brühe rausschwappte und in der Bauchhöhle versickerte. »Was, zum Teufel, spielen Sie für ein Spiel, Norman?«
Ich fühlte, wie der Körper des jungen Mannes neben mir zitterte.
»Sitzen Sie da nicht so träge rum!« schrie ich. »Geben Sie mir eine Nadel. Schnell! Schnell!«
Norman sprang auf die Füße, lief zum Strohballen und kam mit einem Catgutfaden in den zitternden Fingern zurück. Schweigend, mit trockenem Mund, nähte ich den Schnitt zu, den ich in das falsche Organ gemacht hatte. Dann versuchten wir beide verzweifelt, den herausgeflossenen Mageninhalt mit Watte aufzutupfen, aber eine ganze Menge davon war bereits versickert – die Verunreinigung mußte gewaltig sein.
Als wir getan hatten, was wir konnten, setzte ich mich auf und sah den Studenten an. Meine Stimme war heiser. »Ich dachte, Sie wissen Bescheid über solche Operationen.«
Er sah mich mit erschreckten Augen an. »Sie machen sie sehr selten in der Klinik.«
Ich starrte ihn fragend an. »Wie viele Kaiserschnitte haben Sie gesehen?«
»Nun... äh... einen, eigentlich nur einen.«
»Einen! Wenn man Sie so reden hört, denkt man, Sie wären ein Experte! Und außerdem, selbst wenn Sie nur einen gesehen haben, sollten Sie etwas davon mitbekommen haben.«
»Die Sache ist...« Norman rutschte mit den Knien auf den Steinen hin und her. »Wissen Sie... ich saß ziemlich weit hinten im Hörsaal.«
Ich gab ein sarkastisches Brummen von mir. »Oh, ich verstehe. Sie konnten also nicht sehr gut sehen?«
»So ist es.« Der junge Mann ließ den Kopf hängen.
»Sie sind ein Dummkopf, ein ahnungsloser Dummkopf«, flüsterte ich giftig. »Prahlen mit Ihren fortschrittlichen Kenntnissen und haben in Wirklichkeit keine Ahnung. Sind Sie sich darüber im klaren, daß Sie diese Kuh getötet haben? Sie
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