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Von Zweibeinern und Vierbeinern

Von Zweibeinern und Vierbeinern

Titel: Von Zweibeinern und Vierbeinern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herriot
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Geschäftszeit in Joshs Laden, wo er stets nur im Zustand absoluter Nüchternheit arbeitete.
    Einige Tage später saß ich dort und wartete, bis ich an die Reihe kam. Mein Hund Sam lag unter meinem Stuhl, und ich beobachtete den Friseur bei der Arbeit. Auf dem Stuhl saß ein beleibter Mann, und ich sah im Spiegel, wie sich sein rotes Gesicht über dem in den Kragen gesteckten weißen Tuch alle paar Sekunden vor Schmerz verzog. Es war nämlich so, daß Josh die Haare nicht schnitt, sondern ausriß.
    Das lag nicht nur daran, daß seine Geräte altersschwach waren und dringend hätten geschärft werden müssen. Es war so, daß Josh sich einen bestimmten Dreh des Handgelenks angewöhnt hatte. Wenn er mit der Haarschneidemaschine den Nacken hinauffuhr, riß er am Ende jeder Bahn mit einem Ruck die Haare mitsamt den Wurzeln aus. Er war nie dazu gekommen, sich eine elektrische Haarschneidemaschine zu kaufen. Aber ich bin mir im Zweifel, ob sich, hätte er es getan, wirklich etwas geändert hätte.
    Eigentlich war es ein Wunder, daß alle sich von Josh die Haare schneiden ließen. Es gab nämlich noch einen anderen Friseur in der Stadt. Aber die Leute mochten Josh.
    Ich saß also in seinem Laden und sah ihm bei der Arbeit zu. Er war ein schmaler Mann in den Fünfzigern. Sein kahler Kopf sprach den vielen Haarwuchsmitteln in seinen Regalen Hohn. Sein sanftes Lächeln, das ihn nie zu verlassen schien, und seine großen, seltsam weltfremd wirkenden Augen verliehen ihm eine ungewöhnliche Anziehungskraft.
    Und dann war da noch seine offenkundige Zuneigung zu seinen Mitmenschen. Als der Kunde sich vom Stuhl erhob, sichtlich erleichtert, daß die schwere Prüfung vorüber war, tänzelte Josh um ihn herum, bürstete ihm die Haare ab und schwatzte fröhlich auf ihn ein. Er hatte dem Mann nicht nur die Haare geschnitten, sondern allem Anschein nach ein angenehmes geselliges Ereignis genossen.
    Neben dem beleibten Bauern sah Josh noch zierlicher aus, und ich fragte mich verwundert, wie schon so oft, wie er es überhaupt fertigbrachte, all das viele Bier in sich aufzunehmen.
    Allerdings sind Ausländer oft erstaunt, welche Mengen Bier Engländer konsumieren können. Selbst heute, nach vierzig Jahren in Yorkshire, vermag ich noch nicht mit ihnen zu wetteifern – vielleicht liegt es daran, daß ich in Glasgow aufgewachsen bin. Bei mir setzt jedenfalls nach zwei, drei Maß ein starkes Unbehagen ein. Bemerkenswert ist, daß ich in all den Jahren nicht einen einzigen Betrunkenen in Yorkshire erlebt habe. Die natürliche Zurückhaltung der Männer lockert sich ein bißchen, und sie werden immer leutseliger, während sie sich ein Glas nach dem andern hinter die Binde kippen, aber sie fallen fast nie aus der Rolle und machen nie irgendwelche Dummheiten.
    Josh zum Beispiel trank jeden Abend in der Woche etwa acht Maß – außer Sonnabend, wo er es auf zehn bis vierzehn Maß brachte. Und trotzdem wirkte er nie anders, wenn er getrunken hatte. Seine berufliche Geschicklichkeit litt, aber das war auch alles.
    Jetzt wandte er sich an mich. »Wie schön, Mr. Herriot, Sie wieder einmal zu sehen.« Er schenkte mir ein warmes Lächeln, und seine großen Augen mit ihrer fast unergründlichen Tiefe sahen mich liebevoll an, während er mich zum Stuhl hin drängte. »Geht es Ihnen gut?«
    »O ja, danke, Mr. Anderson«, antwortete ich. »Und wie geht es Ihnen?«
    »Gut, Sir, gut.« Er schob mir den weißen Umhang unter das Kinn und lachte amüsiert, als mein kleiner Beagle zu uns herübergetrottet kam und sich unter den Umhang legte.
    »Hallo, Sam, du bist also auch mitgekommen, wie immer.« Er beugte sich zu ihm hinunter und streichelte seine schimmernden Ohren. »Wirklich, Mr. Herriot, er ist ein treuer Freund. Läßt Sie nie aus den Augen.«
    »Das stimmt«, sagte ich. »Und ich mag ohne ihn auch nicht aus dem Haus gehen.« Ich schwang in meinem Stuhl zu Josh herum. »Übrigens, habe ich Sie neulich nicht auch mit einem Hund gesehen?«
    Josh hielt, die Schere in der Hand, mitten in der Bewegung inne. »Das haben Sie wohl. Eine kleine Hündin. Ein Streuner. Ich hab ihn vom Katzen- und Hundeheim in York. Jetzt, wo unsere Kinder alle aus dem Haus sind, wollten meine Frau und ich gern einen Hund haben. Und wir lieben unsere Venus sehr. Sie ist ein wunderbares Tier, sage ich Ihnen.«
    »Was für eine Rasse ist es denn?«
    »Du meine Güte, da dürfen Sie mich nicht fragen. Eine Promenadenmischung, und ich schätze, daß sie keinen Stammbaum hat. Aber sie

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