Von Zweibeinern und Vierbeinern
»Meist unheilbar.«
»Mein Gott, das wußte ich nicht. Sie hat sich nicht viel gekratzt, deshalb habe ich mir keine Sorgen gemacht.«
»Ja, genau das ist es«, sagte ich bekümmert. »Bei sarkoptischer Räude, die wir heilen können, kratzen sich die Hunde fast ununterbrochen. Aber bei demodektischer Räude, vor der wir oft kapitulieren müssen, haben sie oft kaum Beschwerden.«
Aus dem schrecklichen Verdacht war eine Gewißheit geworden. Diese Hautkrankheit hatte mich von jeher wie ein Gespenst verfolgt, seit ich meinen Beruf ausübte. Ich hatte viele schöne Hunde gesehen, die eingeschläfert werden mußten – nach meist sehr langen vergeblichen Versuchen, sie zu heilen.
Ich nahm das Mikroskop hinten aus dem Wagen. »Ich will gleich eine gründliche Untersuchung vornehmen. Das ist die einzige Möglichkeit, Klarheit zu gewinnen.«
An Ambers linkem Vorderlauf war eine Stelle, von der ich mit dem Skalpell ein bißchen Haut abschabte. Ich tat das Gewebe mit dem Serum auf einen Objektträger, tropfte ein wenig Kaliumhydroxyd darauf und legte ein Deckgläschen darüber.
Schwester Rose gab mir eine Tasse Kaffee, während ich wartete, dann baute ich das Mikroskop vor dem Küchenfenster auf und blickte durch das Okular. Und da war es. Mir krampfte sich der Magen zusammen, als ich sah, was ich nicht sehen wollte – die gefürchtete Milbe Demodex canis: den Kopf, das Mittelstück mit den acht kurzen dicken Beinen und den langen zigarrenförmigen Körper. Und nicht nur eine. Das ganze Mikroskopfeld wimmelte von ihnen.
»Es ist so, wie ich befürchtet habe, Schwester«, sagte ich. »Kein Zweifel. Tut mir sehr leid.«
Ihre Mundwinkel senkten sich. »Aber... gibt es da denn nichts, was man tun kann?«
»O doch, wir können es versuchen. Und wir werden es versuchen, denn ich habe einen Narren an Amber gefressen. Seien Sie nicht zu bekümmert. Einige wenige Demodex-Fälle habe ich geheilt, und immer mit demselben Mittel.« Ich ging zum Wagen und suchte im Kofferraum. »Hier ist es – Odylen.« Ich hielt ihr die Dose hin. »Ich zeige Ihnen, wie man es anwendet.«
Es war schwierig, die Flüssigkeit in die befallenen Stellen zu reiben, während Amber mich schwanzwedelnd leckte. Aber ich schaffte es schließlich.
»Machen Sie das jeden Tag«, sagte ich, »und lassen Sie mich ungefähr in einer Woche wissen, wie es anschlägt. Manchmal hilft dieses Odylen tatsächlich.«
Schwester Rose streckte das Kinn vor – da war sie wieder, die Entschlossenheit, die so vielen Tieren das Leben gerettet hatte! »Ich versichere Ihnen, ich werde es gewissenhaft tun. Ich glaube, wir werden Erfolg haben. Es sieht doch gar nicht so schlimm aus.«
Ich sagte nichts, und sie fuhr fort: »Und was ist mit meinen anderen Hunden? Werden sie sich anstecken?«
Ich schüttelte den Kopf. »Das ist auch so eine merkwürdige Sache bei der demodektischen Räude«, sagte ich, »sie greift sehr selten auf andere Tiere über. Sie ist längst nicht so ansteckend wie die sarkoptische Räude. Sie brauchen sich also keine großen Sorgen zu machen.«
»Das ist wenigstens etwas. Aber wie, um Himmels willen, bekommt ein Hund eine solche Krankheit?«
»Auch das ist ein Geheimnis«, sagte ich. »Die Tiermedizin ist ziemlich fest davon überzeugt, daß alle Hunde eine gewisse Anzahl von Demodex-Milben in der Haut haben, aber warum sie in einigen Fällen Räude verursachen und in anderen nicht – das ist nie geklärt worden. Die Erbanlagen könnten etwas damit zu tun haben, denn manchmal tritt die Krankheit bei mehreren Hunden desselben Wurfs auf. Aber es ist und bleibt eine ungeklärte Sache.«
Ich ließ Schwester Rose mit ihrer Dose Odylen allein. Falls die Heilung gelang, würde es eine der Ausnahmen sein, welche die Regel bestätigten. Ich konnte nur hoffen.
Nach einer Woche ließ die Krankenschwester wieder von sich hören. Sie hatte die Odylen-Behandlung mit treuer Sorgfalt durchgeführt, aber die Krankheit breitete sich weiter die Beine hinauf aus.
Ich fuhr zu ihr und fand meine Befürchtungen bestätigt, als ich Ambers Kopf sah. Er war durch die größer gewordenen haarlosen Stellen entstellt, und wenn ich an die Schönheit dachte, die mich bei meinem ersten Besuch gefangengenommen hatte, war der Anblick des Hundes wie ein Schlag für mich. Daß Amber unverändert fröhlich mit dem Schwanz wedelte, schien mir der reinste Hohn und machte die Niederlage nur noch schlimmer.
Ich mußte etwas anderes versuchen. Da bekannt war, daß eine subkutane
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