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Von Zweibeinern und Vierbeinern

Von Zweibeinern und Vierbeinern

Titel: Von Zweibeinern und Vierbeinern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herriot
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»Ich glaube nicht an so was. Tatsächlich glaube ich überhaupt nicht an Versicherungen, außer an die, die wir abgeschlossen haben.«
    Dick, der vor einer Kuh stand, hob den Kopf. »Und ich glaube auch nicht daran. Sie verschwenden Ihre Zeit, George.«
    »Wirklich«, sagte der Versicherungsagent, »Sie leben beide in der Vergangenheit. Meinen Sie nicht, daß es für Ihre Nachkommen eine gute Sache wäre, wenn sie im Falle Ihres Todes eine hübsche kleine Summe Geldes erhielten?«
    »Wir sterben noch lange nicht«, brummte Clem und ging zur nächsten Kuh.
    »Wie zum Teufel wollen Sie das wissen?«
    »Alle Hudsons leben lange«, sagte Dick. »Einige mußte man beinahe totschießen. Unser alter Vater ist über achtzig, und er ist noch immer gut beieinander. Er hat uns zwar den Hof übergeben, aber wenn er wollte, könnte er ihn selber noch bewirtschaften.«
    George trippelte ängstlich zur Seite in seinen feinen Lederschuhen, als eine Kuh den Schwanz hob und gefährlich in seine Richtung zielte. »Sie scheinen nicht zu begreifen, worauf es ankommt, doch ich will nicht weiter in Sie dringen.« Er hob warnend den Zeigefinger. »Jedenfalls sollten Sie eine Krankenversicherung haben.«
    Die beiden Brüder lachten sich halbtot darüber.
    »Krankenversicherung?« sagte Clem, und ein mitleidiges Lächeln zerknitterte sein rauhes Gesicht. »Wir sind noch nie in unserem Leben krank gewesen. Wir haben noch nicht einen einzigen Tag nicht gearbeitet, seit wir den Hof hier übernommen haben.«
    »Aber wie wollen Sie wissen, ob das so weitergeht?« erwiderte der Versicherungsagent schwach. »Wenn Sie älter werden, sind Sie anfälliger für Krankheiten.«
    »Ach, hören Sie doch auf, George.« Dick schob sich zwischen zwei Kühen hervor. »Wir haben Ihnen doch gesagt, wir halten nichts von Versicherungen, und damit Schluß. Wir schmeißen unser Geld nicht für eine von Ihren verrückten Versicherungen raus.«
    George kniff die Augen zusammen. Das war eine Herausforderung für ihn, und ich sah, daß er sie annehmen wollte.
    »Ich werde Ihnen was sagen...« begann er, aber ich war gerade fertig mit dem Stall.
    »Wo gehen wir jetzt hin?« fragte er.
    Clem deutete über den Hof. »Da drüben im Stall sind noch ein paar Jungtiere.«
    Es waren große, starke Tiere, und ich preßte mich an die Wand, als sie im Stroh herumrannten. Die Brüder hatten ein paarmal erfolglos versucht, ein Tier mit dem Seil einzufangen, als Georges Kopf über der Stalltür erschien.
    »Ich will Ihnen was sagen«, wiederholte er, »wie ist es denn mit einer Unfallversicherung? Sie sollten beide eine haben.«
    Clem gelang es, eins der herumlaufenden Tiere zu fangen. Er stemmte sich gegen das Seil. »Unfall? Unsinn! Wir haben noch nie einen Unfall gehabt.«
    »Aha! Ein Grund mehr, sich dagegen zu schützen. Der Umstand, daß Ihnen bisher nichts passiert ist, macht es nur wahrscheinlicher, daß Sie auf einen baldigen Unfall gefaßt sein müssen. Das ist eine einfache mathematische Überlegung.«
    »So einfach nun auch wieder nicht. Daß wir noch nie einen Unfall hatten, bedeutet doch nicht, daß...« Weiter kam Dick nicht. Eines der eingefangenen Tiere ging zu einem heftigen Gegenangriff über, und sein knochiges Hinterteil donnerte mitten in Dick hinein und schmetterte ihn gegen die rauhe Steinwand.
    Er sank ins Stroh, hielt sich den Bauch und saß regungslos da.
    »Sehen Sie!« schrie George. »Was ich gesagt habe! Sie haben einen gefährlichen Job. Da kann alles passieren.«
    »Ja, ja. Aber es ist ja nichts passiert«, sagte Clem nachdenklich, als sein Bruder wieder auf die Beine kam.
    Georges Augen hatten den fanatischen Glanz des Versicherungsmanns, der plötzlich das Schicksal auf seiner Seite sieht.
    »Ja, ja, diesmal mag ihm nichts passiert sein. Aber er kann auch eine innere Verletzung davongetragen haben. Und wenn er jetzt wochenlang nicht arbeiten könnte, und was dann? Dann müßten Sie eine Aushilfskraft bezahlen. Und mit einer hübschen kleinen Police von mir hätten Sie das Geld dazu.«
    Das Wort ›Geld‹ klang Clem offenbar wie Musik in den Ohren, jedenfalls schien er irgendwie darauf anzuspringen und sah den Versicherungsvertreter lange an. »Wieviel?«
    George wurde geschäftig. »Ich habe gerade das Richtige für Sie hier.« Er zog einen Stapel Policen aus seiner Innentasche. »Für eine Prämie von zehn Pfund im Jahr würden Sie im Falle der Arbeitsunfähigkeit zwanzig Pfund in der Woche erhalten. Natürlich gibt es noch andere Vorteile, sehen

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