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Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Titel: Voodoo Holmes Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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wei­ter: Auf­grund ih­res Äu­ße­ren war mei­ne Mut­ter in der Do­naustadt so et­was wie das Haus­tier mei­nes Va­ters, eine Ge­fan­ge­ne. Üb­ri­gens hat sie Zeit ih­res Le­bens kein Wort Deutsch er­lernt, wes­halb ich auch be­zweifle, daß sie Eng­lisch konn­te und daß sie und mein Va­ter mit Wor­ten kom­mu­ni­zie­ren konn­ten. Sie konn­te sich als „Ne­ge­rin“ wie man dort sag­te, weil man ihre Haut als schwarz emp­fand, in Wien nicht auf der Stras­se zei­gen, ohne die größte Auf­merk­sam­keit her­vor­zu­ru­fen und un­lieb­sa­me Fra­gen der Po­li­zei er­dul­den zu müs­sen. Es war kalt und ver­schneit in Wien, kli­ma­ti­sche Ver­hält­nis­se, die ihr voll­kom­men fremd wa­ren, und auch die Ver­si­che­rung mei­nes Va­ters, so sei­ne Ge­schich­te, es hand­le sich da­bei nur um die Be­din­gun­gen der kühlen Jah­res­zeit, der in we­ni­gen Wo­chen mil­de­re Tem­pe­ra­tu­ren fol­gen wür­den, konn­te sie nicht trös­ten, so­fern sie sie über­haupt ver­stand. In die­ser Zeit wur­de ihre Schwan­ger­schaft sicht­bar und mei­ne Mut­ter noch un­leid­li­cher. Ihr ein­zi­ger Trost zu der Zeit war ihre Schlan­ge, zu der sie bei­na­he so et­was wie eine in­ti­me Be­zie­hung un­ter­hielt. Sie küss­te sie auf den Mund und steck­te ihr die Zun­ge in den Ra­chen. Sie schlief mit der um ihre Glie­der ge­wickel­ten Schlan­ge, die im Lau­fe der Mo­na­te auf mensch­li­che Kör­per­größe an­ge­wach­sen war und ein­mal wöchent­lich ein Lamm ver­speis­te, während mei­ne Mut­ter kei­ne Nah­rung mehr zu sich nahm. Das sind nun die Erzäh­lun­gen mei­nes Va­ters, ich selbst kann dazu aus na­he­lie­gen­den Grün­den selbst nichts sa­gen. Je­den­falls be­haup­te­te mein Va­ter steif und fest, daß sich der Cha­rak­ter mei­ner Mut­ter durch die feind­li­che k. u. k. Um­ge­bung der Do­naustadt ver­än­dert habe. Sie sei zu­letzt ge­mein­ge­fähr­lich ge­wor­den und habe ihn, wenn er nach Hau­se kam, wie ein bös­ar­ti­ges Tier an­ge­fal­len, habe ihm auf­ge­lau­ert, und das in Zu­sam­men­ar­beit mit der Schlan­ge, in des­sen Fän­ge ihn mei­ne Mut­ter ge­trie­ben habe. Als sich die Schlan­ge ein­mal um sei­ne Glie­der ge­wun­den und ihn da­durch ge­fes­selt habe, sei mei­ne Mut­ter so­gar mit ge­zück­tem Mes­ser auf ihn los­ge­gan­gen. Nur un­ter Auf­bie­tung der größten Lei­bes­kräf­te und durch einen glück­li­chen Zu­fall – er trug Zünd­höl­zer aus Phos­phor in der Ta­sche, die sich vom Druck der Schlan­ge ent­zün­de­ten, das Tier ver­letzten und mei­ne Mut­ter töd­lich er­schreck­ten, da sie das Feu­er ja selbst für Ma­gie hielt – konn­te er sich ret­ten. Also habe er sich für ei­ni­ge Tage in ei­nem Ho­tel ein­quar­tiert, um die Si­tua­ti­on zu ent­span­nen und sei­nen Ta­ges­ge­schäf­ten nach­ge­hen zu kön­nen. Als er später in die Woh­nung zu­rück­kehr­te, fand er sie leer. Mei­ne Mut­ter, die eine Schei­be im zwei­ten Stock zer­bro­chen und sich auf der Au­ßen­fassa­de sei­nes Hau­ses ab­ge­seilt hat­te, hat­te nichts als die Schlan­ge mit­ge­nom­men.“
    Hol­mes mach­te eine Pau­se, und wir merk­te, daß ihn die Erzäh­lung emo­tio­nal er­schöpft hat­te und ihm selbst nahe ging. Er goss Kaf­fee nach, den ich ihm aus der Ther­mo­s­kan­ne kre­denzte, lehn­te sich zu­rück und wärm­te sei­ne Fin­ger an der Tas­se. Ein kur­z­er Sei­ten­blick auf Pro­fes­sor Becks­tein zeig­te mir, daß er der Erzäh­lung mit äu­ßers­ter An­span­nung lausch­te.
    „ Dar­über ver­gin­gen zwei Mo­na­te“, fuhr Hol­mes fort. „Mein Va­ter hat­te kei­ne Nach­rich­ten von mei­ner Mut­ter. Er ließ sie von Pri­vat­de­tek­ti­ven su­chen und schal­te­te zu­letzt die Po­li­zei ein, aber es fand sich nicht die ge­rings­te Spur bis zu je­nem Tag, an dem ei­ner der Saal­wäch­ter in der afri­ka­ni­schen Ab­tei­lung des Na­tur­hi­sto­ri­schen Mu­se­ums stut­zig wur­de. Es wa­ren dort die aus­ge­stopf­ten Ex­po­na­te von Ein­ge­bo­re­nen zu be­sich­ti­gen, die einen nach­ge­bau­ten Kraal in­ner­halb ei­ner Kunst­land­schaft be­wohn­ten. Un­ter den Frau­en gab es eine, de­ren schon be­trächt­li­cher Bauch im­mer dicker wur­de. Der

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