Voodoo Holmes Romane (German Edition)
Landung auf San Salvador zum Anlass nahm, ebenfalls vom Schiff zu türmen. In einem Wäldchen in der Nähe traf er auf meine Mutter Siri, die gerade dabei war, eine Kokosnuss zu öffnen, indem sie sie auf den harten Boden schleuderte. Mein Vater, ein leidenschaftlicher Fußballer, dachte, es sei ein Ballsport den sie übte, und ging gleich dazwischen, und prellte sich die Großzehe. Das war der Beginn einer großen Liebesbeziehung.
In Frieden und Seligkeit verlebten sie einige Wochen im Busch, und es war, den Worten meines Vaters nach, die schönste Zeit, die er jemals erleben würde. Er nannte sie später seine Robinson-Episode, mit dem Vorteil, daß er sie mit einer schönen, jungen Frau verbrachte. Siri war eine ganz einfache Person, die vor ihrem Verkauf an englische Sklavenhändler in der Natur und von der Natur gelebt hatte, und so konnte sie meinem Vater zeigen, wie man sich in der Wildnis durchschlägt. Dann kam der Tag, an dem sie von mir schwanger war, und da machte mein Vater einen schweren Fehler. Er glaubte, ein Kind könne nur unter den Bedingungen der westlichen Welt ausgetragen werden, bedürfe der Segnungen der modernen Medizin, und schmiedete Pläne, wie man wieder nach Europa kommen könne. In Amerika war die Ehe mit einer Afrikanerin undenkbar, weshalb mein Vater nach Frankreich strebte, wo sie nicht nur einen exotischen Reiz hatte, sondern auch durch die Enge Verbindung mit Nordafrika nicht mehr ganz ungewöhnlich war. Der Dampfer, der die Familie schließlich nach Europa brachte, landete in Genua an, und die Überfahrt war nur möglich, weil das junge Paar einen österreichischen Edelmann auf Weltreise kennen gelernt hatte. So kam es, daß mein Vater wenige Monate später in der Wiener Leopoldsstadt eine Pfandleihe eröffnete, und meine Mutter in einer Metropole festsaß, in der sie aufgrund ihrer dunklen Haut und der ungewohnten Gesichtszüge fremd wie eine Eidechse wirkte.“
„ Sie behaupten, Ihr Vater habe eine Pfandleihanstalt geleitet“, rief Professor Beckstein. „Ich habe anderes gehört. Ihre Familie ist doch reich, steinreich. Soviel ich weiß, sind das alle Bankiers, nicht wahr?“
Holmes hatte seine Zigarre zu Ende geschmaucht und schlug vor, die Flasche italienischen Rotweins, die ich im Handgepäck mitführte, anzubrechen und meinen Picknickkorb zu öffnen, den ich in Wien mit frittierten Hähnchenkeulen ergänzen lassen hatte. Ich hatte einen kleinen Klapptisch dabei, um den wir uns nun setzten, um uns an unserem Proviant zu ergötzen. Draußen war es nun so dunkel geworden, daß nur mehr der Sternenhimmel einen fahlen Lichtschein warf. Es ging schon gegen elf Uhr und ich war vom Wein etwas müde geworden, als Holmes mit seiner Erzählung fortsetzte:
„ Das ist so nicht richtig. Ich habe die Geschichte meines Vaters hier quasi entkleidet vorgetragen, um das Großsprechertum, zu dem er neigt, zu relativieren. Wenn man ihn fragt, dann war es nicht die Großmut eines österreichischen Adeligen, die ihn nach Wien kommen ließ, sondern der sagenhafte Reichtum seiner Familie. Mein Vater erzählt gern, er sei Bankier in der dritten Generation, und mit allen Wassern gewaschen. Er behauptet, sein Großvater habe in London ein mächtiges Bankhaus begründet, und die Tatsache, daß er nur ein kleines Pfandleihgeschäft führe, sei ein Mittel der Täuschung, um österreichisch-ungarische Banken in Bezug auf die tatsächliche Finanzkraft des Hauses Holmes die Irre zu führen.“
Holmes stockte, um dann mit einem bitteren Lächeln fortzufahren. „Er erzählt die Geschichte tatsächlich ein bisschen anders, und das wird einem Ihrer Spione ins Spiralbuch diktiert worden sein. Wählen Sie selbst, ob Sie ihm glauben wollen. Es ist
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