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Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Titel: Voodoo Holmes Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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sich bald eine Run­de von Neu­gie­ri­gen um Hol­mes, und je­der hat­te, was den Fall der „Ro­sen­to­ten“ be­traf, et­was zum Ge­spräch bei­zus­teu­ern. Alle wa­ren in­for­miert, und es gab ei­ni­ge, die mit großer Ge­wiss­heit die Über­zeu­gung ver­tra­ten, es sei­en frem­de Mäch­te oder dunkle Ele­men­te am Werk ge­we­sen. Da­mit ge­meint wa­ren auch aus­län­di­sche Staats­bür­ger mit ei­ner li­be­ra­len Ge­sin­nung, wes­halb ich mich während der gan­zen Zeit dar­auf be­schränk­te, zu nicken, zu la­chen oder einen Schluck Bier zu neh­men. Hol­mes aber hat­te auf­grund sei­ner Sprach­be­ga­bung sehr rasch die Her­zen der Män­ner ge­won­nen. Das meis­te, was sie uns un­ter dem Sie­gel des Schwei­gens an­ver­trau­ten, war wert­los. Die einen mein­ten, eine Frau habe zu ei­ner sol­chen Nacht­zeit prin­zi­pi­ell nichts auf der Straße zu su­chen, und wenn sie dazu noch so pro­vo­zie­rend ge­klei­det sei, kön­ne es kei­nen ver­wun­dern, wenn ihr ein Un­heil ge­sch­ehe. Man nann­te das hier einen „Lie­bes­han­del“, eine Mei­nungs­ver­schie­den­heit zwi­schen Frau und Mann, die dann vom Lieb­ha­ber mit ei­nem Dolch­stoß ent­schie­den wor­den sei. An­de­re hiel­ten die An­sicht, dass Mir­ja eine Le­be­da­me ge­we­sen sei, die Un­zucht oder Wu­cher ge­trie­ben habe. Auch hier hieß es, wenn ei­ner Selbst­jus­tiz an­ge­wandt habe, dann sei das be­dau­er­lich. Völ­lig un­schul­dig aber wäre „so eine Sla­win“ nie.
    Die ein­zi­ge brauch­ba­re In­for­ma­ti­on kam von ei­nem ge­müt­li­chen Herrn, der sich als der „Stof­fel“ vors­tell­te und recht star­ken Dia­lekt sprach, wes­halb ich hier nur sum­ma­risch wie­der­ge­ben kann, was er uns be­rich­te­te. Viel­leicht sind mir ei­ni­ge Fein­hei­ten sei­ner Dars­tel­lung ent­gan­gen. Hol­mes frag­te ihn nach der Lug­bank, wo die Tote ge­fun­den wor­den war, und die ers­ten Sät­ze ver­gin­gen da­bei über die ety­mo­lo­gi­sche Fra­ge, ob die­ses Wort nun et­was mit Lüge oder mit Lu­gen, also Aus­blick zu tun habe. Bald aber erzähl­te uns der „Stof­fel“, ein kräf­tig ge­bau­ter, rund­ge­sich­ti­ger Fünf­zi­ger mit ein­drucks­vol­lem Schnurr­bart, daß die Lug­bank so et­was wie die He­xen­gas­se von Bam­berg sei. Hier hät­te man Jahr für Jahr die He­xen vom Hoch­ge­richt zum Richt­platz ge­trie­ben, und das Volk, das sie auf dem Weg er­war­te­te, habe den He­xen­zug da­bei re­gel­mäßig mit Wurf­ge­schos­sen, Fäus­ten und Flüchen trak­tiert, so­daß manch­mal das Blut in der Gas­se ge­schwom­men habe. Des­halb sei es denk­wür­dig, daß dort in der Lug­bank im vo­ri­gen Jahr ein Mord pas­siert sei. Eine jun­ge Dame sei dort er­dolcht auf­ge­fun­den wor­den, und das vor dem Haus, das ein­mal ein Freu­den­haus ge­we­sen war vor lan­ger Zeit, wie man an sei­ner Fassa­de noch ab­le­sen kön­ne. Dort sei näm­lich eine Rose an­ge­bracht.
    „ Und was be­deu­tet das?“ frag­te Hol­mes mit un­ge­rühr­ter Mie­ne, der mit kei­nem Wort er­wähnt hat­te, daß uns ge­ra­de die­se Blu­me in die Stadt ge­lockt hat­te.
    „ Es gab früher kei­ne Haus­num­mern bei uns“, sag­te der Stof­fel, „son­dern Zei­chen. Wenn die Post kam, dann hat man eine Rose auf das Ku­vert ge­malt, und dann wuss­te der Brief­trä­ger, das geht ins Ro­sen­haus. Und wenn es das Schwa­nen­haus war, mal­te man eben einen Schwan drauf. Das war da­mals im Mit­tel­al­ter so, als die Men­schen noch nicht le­sen konn­ten, nicht ein­mal Zah­len.“
    „ Aber es konn­te die Rose auch hei­ßen, hier ist ein Freu­den­haus“, sag­te Hol­mes.
    Der Stof­fel nick­te. „Wenn ei­ner Schus­ter war, dann hat er Schu­he auf das Haus ge­malt, und wenn ei­ner Wirt war, einen Och­sen oder einen Hirschen, je nach­dem, was es dort Be­son­de­res zu es­sen gab. Und wenn man eine Rose dar­auf mal­te, dann des­halb, weil es dort Frau­en gab, die ihre Ro­sen her­zeig­ten, ih­ren Mons ve­ne­ris, den Ve­nus­hü­gel, wie man heu­te ger­ne sagt, nicht wahr.“
     
    Schon hat­te sich Nacht­ne­bel über die Stadt ge­senkt, während wir auf der Su­che nach ei­nem Ho­tel eine Wei­le durch die Straßen irr­ten und da­bei an den Lud­wig­ka­nal mit dem

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