Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Voodoo Holmes Romane (German Edition)

Titel: Voodoo Holmes Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
Vom Netzwerk:
Ähn­lich­keit mit mir selbst, die an­de­re aber glich Elin, und bei­de Pup­pen stan­den vor dem Mo­dell des Licht­pa­las­tes! Mir fiel auf, daß auf dem Kopf der „Wat­son“-Pup­pe wirk­li­che Haa­re kleb­ten – oder zu­min­dest ein lan­ges, ein­ge­roll­tes Men­schen­haar. Ich streck­te den Geh­stock vor, um mit dem Griff die Pup­pe aus dem En­sem­ble her­aus zu zie­hen und näher zu be­gut­ach­ten, und be­kam da­bei bei­de Fi­gu­ren in die Hän­de, so nahe bei­sam­men stan­den sie. Ja, tat­säch­lich, es war dem „Wat­son“ er­gan­gen wie ver­mu­tet. Mein Blick auf Hol­mes be­ant­wor­te­te die Fra­ge. „Ich habe mir heu­te Mor­gen er­laubt, sie von Ih­rem Kopf­kis­sen zu le­sen, Wat­son“, be­stätig­te er mei­nen Ver­dacht, „es sind Ihre.“
    „ Und Elin?“ frag­te ich, da de­ren wal­len­des blon­des Haar auf der Pup­pe bloß an­ge­malt war. Hol­mes lächel­te, und da ich ihn ge­nau kann­te, wur­de ich pu­ter­rot.
    „ Das kann nicht sein!“ rief ich aus, „Hol­mes, Sie ha­ben doch nicht wirk­lich –!“
    Er lach­te laut auf, dreh­te sich um und ging im Raum spa­zie­ren und stimm­te ei­nes die­ser gräss­li­chen Clochard­lie­der an, wo­bei er dazu in die Hän­de klatsch­te. Scham­haft lüpf­te ich dem Püpp­chen das Stoff­kleid­chen. Un­glaub­lich! Da kleb­ten im bloß an­ge­deu­te­ten Scham­be­reich der „Elin“ wirk­li­che Scham­haa­re! Ge­kräu­selt, oran­ge­rot und so sorg­fäl­tig an­ge­ord­net, daß man wie zum Hohn je­nes klei­ne Löck­chen links an der Ober­kan­te sah wie bei der wirk­li­chen Elin auf Tyne!
    „ Hol­mes!“ rief ich aus, em­pört, ver­ständ­nis­los, „was soll das, die­se be­schä­men­de, die­se ent­setz­li­che – Tra­ve­s­tie!?“
    Er saß längst auf ei­nem der Spei­se­saal­stühle und zün­de­te sich ein Zi­ga­rett­chen an.
    „ Nur ru­hig, al­ter Freund!“, mein­te er, „üb­ri­gens, könn­ten Sie so freund­lich sein, die Püpp­chen dort in die­sen klei­nen Park zu set­zen, vor das Bri­stol? Dan­ke.“
    Ich muß ge­ste­hen, daß mich der Vor­fall voll­kom­men er­schüt­ter­te. Ich stand wie in Tran­ce vor dem Stadt­mo­dell, und es moch­te eine Wei­le ge­dau­ert ha­ben, bis ich die Fi­gür­chen im Park vor dem Papp­ma­che-Bri­stol ab­ge­s­tellt hat­te.
    „ Hol­mes, nun wer­den Sie mir un­heim­lich“, brach­te ich knapp her­vor. Der Ge­dan­ke an mein ge­wun­de­nes Kopf­haar und das ge­kräu­sel­te Scham­haar ei­nes Ge­spens­tes er­schi­en mir ob­szön, wie eine fixe Idee, ich konn­te aber mir nicht dar­über klar wer­den, was mich quäl­te, und warum ei­gent­lich.
    „ Ganz ru­hig, Wat­son“, mein­te der jun­ge Hol­mes, „neh­men Sie doch Platz und wir wer­den das Gan­ze in al­ler Ruhe für Sie auf­drö­seln.“
    Ich tat wie ge­hei­ßen und nahm noch ein Gläschen Sher­ry zu mir.
    „ Zu­erst ein­mal das Wich­tigs­te“, sag­te Hol­mes. „Wie war Ihr Tag?“
    „ Mein Tag war ... nun, ir­gend­wie nicht mein Tag.“
    Ja, ich spür­te es jetzt, im Rück­blick. Es stimm­te, ich war stun­den­lang wie an Ma­rio­net­ten­fä­den durch die Aus­s­tel­lung ge­tor­kelt, wo­bei das Zen­trum, der ex­ak­te Kern des Kraft­fel­des, um das ich ro­tier­te, je­ner Ort vor dem Licht­pa­last ge­we­sen war – und Elin war es wohl ge­nau­so er­gan­gen. Wir hat­ten Kräf­ten un­ter­le­gen, die wir nur sehr ein­ge­schränkt steu­ern konn­ten. Zwar war es mir mög­lich ge­we­sen, ein­mal in die­se oder jene Rich­tung ab­zuschwei­fen, un­ver­meid­lich aber war ich da­nach er­neut auf den Vor­platz zu­rück­ge­kehrt. Dort war ich auch Elin be­geg­net, die eben­so geis­tes­ab­we­send um die­ses Kraft­feld gra­vi­tiert hat­te, ge­steu­ert von ih­ren ver­lus­tig ge­gan­ge­nen Haa­ren. Nun war mir be­wusst, daß un­se­re Vor­väter bis in die Neu­zeit hin­ein ge­ra­de auf ihr Haupt­haar – den Grie­chen galt es als Sitz der See­le – mit Akri­bie ge­ach­tet hat­ten. Nach ei­nem Haar­schnitt wur­den die ab­ge­fal­le­nen Haa­re sorg­fäl­tig zu­sam­men­ge­le­sen und ver­gra­ben, auf daß nicht Vö­gel oder bös­wil­li­ge Men­schen es ver­schlepp­ten. Wur­de es in ein Vo­gel­nest ein­ge­floch­ten, droh­ten le­bens­lan­ge

Weitere Kostenlose Bücher