Voodoo in London
deshalb dieses ständige Bemühen, auf die Füße zu kommen.
Manchmal schafften sie es, eine Weile zu stehen. Dann erwischte es sie wieder und sie fielen nach vorn. Einige von ihnen klatschten gegen die Gitter und rutschten langsam daran nach unten. Manchmal konnte Querada auch die Gesichter erkennen, die sich hinter dem Sackleinen abzeichneten. Es waren fratzenhafte Züge und sicherlich mehr Knochen als Fleisch oder Haut.
Selbst der abgebrühte Querada schüttelte sich, als er daran dachte. Er war ja nicht dabei gewesen, als man die Toten aus den Gräbern holte oder sie erst gar nicht begrub. Von Beginn an hatte er dem Zauber sehr skeptisch gegenübergestanden und eigentlich nicht so recht daran glauben wollen, doch die weiteren Ergebnisse hatten ihn eines Besseren belehrt.
»Wann soll ich sie freilassen?« fragte der King.
Querada hob die Schultern »Ich weiß es nicht.«
»Wir können noch einen Tag warten. Dann sind die Trommler bereit. Wenn du sie hörst, weißt du, dass die Stunde der lebenden Toten angebrochen ist, Querada!« Fistelnd sprach der King die Worte aus. Die Augen in seinem fetten Gesicht wurden plötzlich groß und glichen brennenden Kugeln.
»Wer soll sie in die Stadt bringen?« erkundigte sich Querada nach einer kurzen Pause.
»Ihr!«
»Dann bleibt es bei den Lastwagen?«
»Natürlich.« Der King lachte. »Drei Lastwagen voll Zombies. Das hat es noch nie gegeben. Die Hölle wird aufbrechen, das kann ich dir sagen, Querada.«
Der Leibwächter nickte nur. Wohl war ihm nicht in seiner Haut. Er hätte lieber mit ihm vertrauten Waffen gekämpft, denn Zombies waren nicht zu kontrollieren.
»Diejenigen, die den Begleitschutz der Lastwagen bilden, sind mit automatischen Gewehren ausgerüstet«, erklärte der King. »In einem Wagen wirst du sitzen, Querada.«
»Ist gut, King. Aber wo soll ich hinfahren?«
»Das bekommst du von mir während der Fahrt gesagt«, erwiderte Grenada, »denn ich fahre mit.«
»Du willst?«
»Ja, ich fahre mit, mein Lieber. Eigentlich ist mein Platz ja hier. Aber das Schauspiel lasse ich mir nicht entgehen, ich will zusehen, wenn die lebenden Toten von London Besitz ergreifen.« Er nickte heftig. Sein kugelförmiger Kopf geriet dabei in solch schwankende Bewegung, dass Querada schon befürchtete, er würde abfallen und direkt von den Schultern rollen, denn ein Hals war bei Grenada nicht zu sehen.
»Nun aber zu etwas anderem«, sagte der King und drehte sich schwerfällig um. Er schaute auf die Wand, die dem Gitter genau gegenüberlag. Normalerweise war sie roh oder glatt, doch Grenada hatte aus ihr eine Bilderwand gemacht. Nebeneinander hingen zahlreiche Fotos. Nur Menschen. Männer waren in der Überzahl. Zumeist schon älter, oft distinguiert wirkend, mit teuren Anzügen bekleidet und Melonen auf den Köpfen. Auch Frauen befanden sich darunter. Selbst ein Bild der höchsten Politikerin. Sie verließ soeben ihren Amtsitz in der Downing Street Nummer 10 und hatte ihr bekanntes Lächeln aufgesetzt. Die Lady befand sich in der Mitte. Eingerahmt wurde sie ebenfalls von Männern, aber auch eine Frauengestalt war noch zu sehen. Die Bürgermeisterin von London Mitte.
Die übrigen Personen zählten ebenfalls zur englischen Elite. Es waren Politiker, Manager, Männer an den Schaltstellen von Staat und Wirtschaft. Sie lenkten die Geschicke des Landes.
Meine Galerie, pflegte der King stets zu sagen, wenn er vor ihr stand, und auch jetzt wieder sprach er diesen Satz voller Stolz aus. Die Fotos waren scharf, lebensecht, und sie hatten als Vorlage für etwas gedient, das der King in einem viertürigen Schrank aufbewahrte. Um sie aufzuschließen, musste sich Grenada bücken. Das wollte er nicht. So musste Querada öffnen. Er bekam den Schlüssel. »Zieh die Türen ganz auf«, sagte der Fettwanst.
Querada gehorchte. Das Holz hatte sich etwas verzogen. Während hinter ihm die Zombies gegen die Gitter prallten, übereinander fielen und sich erhoben, holte Querada das aus dem Schrank, was er zuvor verborgen hatte.
Es waren Puppen. Voodoo-Puppen!
Schon bei der ersten Puppe war zu erkennen, wen sie darstellen sollte. Man brauchte sie nur mit einem über dem Schrank hängenden Bild zu vergleichen.
Die Gesichter der Puppen glichen denen auf den Fotos tatsächlich aufs Haar. In mühevoller Arbeit war es den Helfern, gelungen von den Personen, die Grenada aufs Korn genommen hatte, Puppen herzustellen.
»Soll ich sie alle hervorholen?« fragte Querada.
»Natürlich, ich will sie
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