Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Voodoo

Voodoo

Titel: Voodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stone
Vom Netzwerk:
Sonnenlicht herein.
    Da standen Kinder in einer Schlange, abwechselnd Jungen und Mädchen, alle unter zehn Jahren. Sie standen vor einem Tisch an, der in rote und schwarze Seidentücher gehüllt war. Die Kinder waren adrett in Schwarz und Weiß angezogen, die Mädchen im schwarzen Rock mit weißer Bluse, die Jungen in schwarzem Anzug mit weißem Hemd. Sie traten einer nach dem anderen an den Tisch heran und tranken aus einem großen, golden schimmernden Kelch, genau wie bei der heiligen Kommunion. Nur dass es keine Hostie gab und keinen Priester, der sie austeilte, sondern einen Mann, der nach jedem Kind an den Tisch trat und mit einer goldenen Kelle den Kelch mit einer dünnen, grünlichen Flüssigkeit auffüllte.
    Der Junge vom Anfang trat an den Tisch, nahm den Kelch in beide Hände und trank. Dann stellte er ihn an genau die gleiche Stelle zurück und schaute direkt in die Kamera. Seine Augen waren tot, leer und hohl; alles Leben, alle Gedanken und alle Persönlichkeit, die in den früheren Aufnahmen darin zu lesen gewesen waren, waren vollständig ausgelöscht. Der Junge ging vom Tisch weg und folgte den anderen Kindern aus der Halle. Sein Gang war langsam und schwerfällig, als säße da jemand in seiner Hülle und zöge an Hebeln, um ihn in Bewegung zu setzen. Alle Kinder gingen so, mit den Schritten alter Menschen.
    Max wusste, was das für ein Trank war. Er hatte ihn selbst schon probiert. Er wusste, wie er wirkte. Es war ein Zaubertrank: der Zombietrank.
    Genau wie im Film sind Voodoo-Zombies im Grunde lebende Tote, nur dass sie nicht tatsächlich tot sind, sondern sich in einem Stadium tiefer Erstarrung befinden. Es sind ganz normale Menschen, die mit einem Trank vergiftet wurden, der sie in einen hirntodähnlichen Zustand versetzt. Ihr Verstand arbeitet noch, sie sind bei vollem Bewusstsein, aber sie können sich weder bewegen noch sprechen. Sie scheinen nicht einmal mehr zu atmen. Sie haben weder einen feststellbaren Herzschlag noch einen Puls. Sie werden begraben und nach kurzer Zeit von dem Houngan oder dem Bokor – die meist für ihren Zustand verantwortlich zeichnen – wieder ausgegraben. Dann verabreichen sie ihnen das Gegengift. Sie erlangen das Bewusstsein zurück, jedoch nicht als die Menschen, die sie waren, sondern praktisch als lebendes Gemüse. Der Priester hypnotisiert sie und macht sie zu seinen Sklaven, entweder für sich selbst oder für den, der dafür zahlt. Und sie tun alles, was man ihnen sagt.
    Boukman hatte Zombies benutzt.
    Max drückte auf Play.
    Der Junge saß wieder in der ersten Reihe einer Schulklasse, nur dass sich seine Augen kaum noch bewegten und sein Gesicht vollkommen ausdruckslos war. Seinen Zügen war nicht anzumerken, ob er irgendetwas von dem aufnahm, was um ihn herum geschah. Die Kamera schwenkte von ihm weg und zeigte die Person zur Linken, die zur Klasse sprach.
    Eloise Krolak, die Rektorin der Arche Noah.
    »Verdammtes Miststück«, flüsterte Max und drückte auf Pause, als ihr Gesicht groß im Bild war. Ihre Züge waren spitz und streng, sie sah aus wie ein Nagetier.
    Jetzt wusste er, dass es noch schlimmer werden würde.
    Er drückte auf Play.
    Er hatte recht.
    Als das Band zu Ende war, saß Max da und betrachtete den Schnee auf dem Bildschirm. Er konnte sich nicht bewegen, er zitterte. Er blieb noch lange so sitzen.

43
    Max spielte mit dem Gedanken, Allain von dem Band zu erzählen, aber entschied sich dagegen. Zuerst wollte er Beweise sammeln.
    Er fertigte eine Kopie der Kassette an, verpackte das Original zusammen mit den Drahtfiguren und fuhr zum FedEx-Büro in Port-au-Prince.
    Er kündigte Joe die Sendung an. Und er bat ihn nachzuschauen, ob er irgendetwas über einen gewissen Boris Gaspésie herausfinden konnte.
    Dann fuhr er zur Arche Noah. Er parkte ein Stück weiter an der Straße und stellte den Rückspiegel so ein, dass er das Tor im Blick hatte.
    Er ging hinein und sah nach, ob Eloise Krolak da war. Er sah sie, wie sie zu ihren Schülern sprach, genau wie sie auf dem Video zu den Zombie-Kindern geredet hatte. Bei dem Gedanken an das Video und an das, was den Kindern dort angetan worden war, wurde ihm übel.
    Er ging zum Wagen und wartete, bis sie herauskam.

    Am Nachmittag regnete es.
    Einen solchen Regen hatte Max noch nie erlebt. Auch in Miami konnte es schütten, manchmal den ganzen Tag, die ganze Woche, manchmal einen ganzen gottverdammten Monat lang, aber der Regen fiel und sammelte sich in Pfützen, oder er versickerte im Boden oder stieg

Weitere Kostenlose Bücher