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Voodoo

Voodoo

Titel: Voodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stone
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und breit kein einziges fahrtüchtiges Auto. Keine Hunde, keine Kinder. Wer hier lebte, war vom Radarschirm der Gesellschaft verschwunden: Arbeitslose, die aus der Sozialhilfe gefallen waren, Junkies, Kleinkriminelle und geborene Verlierer.
    Beesons Wohnwagen war ein ramponiertes Ding mit abblätternder, ehemals weißer Farbe und zwei Fenstern rechts und links der stabil aussehenden braunen Tür mit drei Schlössern: oben, in der Mitte und unten. Er stand auf Blöcken aus rotem Ziegelstein. Er fuhr nirgends mehr hin. Max rollte bis vor die Tür und stellte den Wagen ab.
    Er klopfte und trat ein paar Schritte zurück, damit er vom Fenster aus gesehen werden konnte. Er hörte ein tiefes Bellen, Kratzen an der Tür, dann einen Schlag, dann noch einen. Der gute Beeson hatte sich einen Pitbull zugelegt. Die Jalousie hin ter dem linken Fenster ging ein Stück hoch, dann noch etwas höher.
    » Mingus? Max Mingus?«, schrie Beeson von drinnen.
    »Ja, ich bin’s. Mach auf, ich muss mit dir reden.«
    »Wer hat dich geschickt?«
    »Niemand.«
    »Wenn du Arbeit suchst, die Toilette hier müsste mal geleert werden.« Beeson lachte.
    »Sicher, aber erst reden wir«, sagte Max. Seine Schadenfreude hatte der verdammte Klugscheißer also noch nicht verloren. Und er sprach immer noch mit der gleichen Stimme, halb Brummen, halb Quieken, als wäre er im Stimmbruch.
    Die Jalousie ging hoch, und Max konnte Beesons Gesicht sehen: rund, schwabbelig, kalkweiß. Er blickte nach links und rechts. Kurz darauf hörte Max, wie hinter der Tür ungefähr ein halbes Dutzend Ketten abgenommen wurden, dann rasteten mehrere Riegel aus, und die drei Sicherheitsschlösser sprangen auf. Von innen sah die Tür wahrscheinlich aus wie ein Bondage-Korsett.
    Beeson stand im schmalen Türspalt und blinzelte ins Sonnenlicht. Eine dicke Kette hatte er hängen gelassen, ungefähr auf Höhe seiner Kehle. Zu seinen Füßen steckte die Töle ihre sabbernde Schnauze ins Freie und kläffte Max an.
    »Was willst du, Mingus?«, fragte Beeson.
    »Über Charlie Carver reden«, antwortete Max.
    An Beesons Haltung, leicht vorgebeugt, einen Arm halb auf dem Rücken, erkannte Max, dass er eine Waffe in der einen und die Hundeleine in der anderen Hand hielt.
    »Haben die Carvers dich geschickt?«
    »Nein, nicht zu dir. Ich habe den Fall übernommen.«
    »Gehst du nach Haiti?«
    »Ja.«
    Beeson schloss die Tür, löste die Kette und zog die Tür ganz auf. Mit einer Kopfbewegung winkte er Mingus herein.
    Drinnen war es dunkel, erst recht nach dem hellen Sonnenlicht draußen, weshalb der Gestank ihn umso heftiger traf. Eine gewaltige, beißende Wolke festgebackener, nach Fäkalien stinkender Luft, die Max ins Gesicht schlug. Er taumelte ein paar Schritte zurück, Übelkeit stieg ihm die Kehle hoch. Er drückte sich ein Taschentuch auf die Nase und atmete durch den Mund, aber er konnte den üblen Gestank sogar schmecken.
    Überall Fliegen. Sie schwirrten ihm ins Gesicht und versuchten, eine Kostprobe zu nehmen, bevor er sie verjagen konnte. Er hörte, wie Beeson den Pitbull in eine Ecke zerrte und irgendwo festband.
    »Du solltest auf den Wagen aufpassen«, sagte Beeson. »Die kleinen Scheißer hier kratzen einem noch die Farbe vom Bleistift, wenn man den zu lange unbewacht rumliegen lässt.«
    Er zog die linke Jalousie hoch und trat blinzelnd einen Schritt zurück. Sämtliche Fliegen im Raum schossen mit einem lauten Summen auf das helle weiße Licht zu.
    Max hatte vergessen, wie klein Beeson war – keine einsfün fzig –, und wie unverhältnismäßig groß dagegen der löffelförmige Kopf.
    Anders al s viele Privatdetektive des Dade County war Beeson nie Polizist gewesen. Er hatte sein Arbeitsleben als Organisator für die Demokratische Partei Floridas begonnen und im Zuge dessen die Leichen im Keller der Gegner und Freunde gleichermaßen ausgegraben und in politische Währung umgemünzt.
    Nach Carters Nominierung 1976 war er aus der Politik ausgestiegen und hatte sich auf die Privatschnüffelei verlegt. Es hieß, er habe Millionen am Ruin anderer Menschen verdient, habe Ehen, Politikerkarrieren und Unternehmen zerstört und alles, worin er seine Nase gesteckt hatte, zum Einsturz gebracht. Die Früchte seines Erfolgs hatte er am Leibe getragen, gefahren, gegessen, gefickt und drin gelebt. Max erinnerte sich noch gut, wie er in seinen besten Zeiten ausgesehen hatte: Designeranzüge, glänzende Lackschuhe mit Troddeln, Hemden, die so weiß waren, dass sie regelrecht leuchteten,

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