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Voodoo

Voodoo

Titel: Voodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stone
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wichtigsten Leuten.«
    »Der Mann hat Kontakte«, bemerkte Max.
    »Gustav hält sich an die ›Sorge für deine Freunde und noch mehr für deine Feinde‹-Maxime.«
    »Er hat Freunde?«, fragte Max.
    Francesca lachte laut auf, dann sah sie ihm einen Moment lang tief in die Augen. Max wusste, dass sie ihn zu durchschauen versuchte, dass sie wissen wollte, woher sein Kommentar gekommen war. Sie entdeckte nichts, dessen sie sich sicher sein konnte.
    »Am 30. September wurde Aristide gestürzt. Noch am gleichen Abend hat Gustav eine Party geschmissen. Eigentlich hätte Aristide umgebracht werden sollen, aber der Plan war geändert worden. Dennoch war es ein fröhliches Fest.
    Einen Monat später wurde Charlie getauft. Ich habe von Anfang an gewusst, dass mit ihm was nicht stimmte. Als junges Mädchen habe ich oft auf meine Nichten und Neffen aufgepasst, als die noch klein waren, und die waren alle ganz anders als Charlie. Sie haben auf mich reagiert, haben mich erkannt. Charlie war anders. Er hat mich nie direkt angesehen, hat sich nie für irgendetwas sonderlich interessiert. Hat nie die Arme nach mir ausgestreckt, nie gelächelt. Nie. Und was besonders seltsam war: Er hat nie geweint.«
    »Niemals?«
    »Nie. Er hat Geräusche von sich gegeben, wie Babys das so machen, aber ich habe ihn nie weinen hören. Die meisten Babys schreien und weinen die ganze Zeit. Sie weinen, wenn sie sich in die Hose gemacht oder wenn sie Hunger haben. Sie weinen, wenn sie beachtet werden wollen. Charlie nicht. Er war sehr, sehr still. Manchmal war es, als wäre er gar nicht da.
    Ungefähr einmal die Woche war der Arzt da und hat ihn untersucht. Ich habe ihm davon erzählt, dass er so ruhig ist. Er hat Witze gemacht, ich soll es genießen, es würde nicht lange anhalten.
    Aber das hat es natürlich doch. Allain hat gemeint, ich solle mir keine Sorgen machen, Gustav hätte auch erst mit vier angefangen zu sprechen.«
    Francesca stockte und zündete sich noch eine Zigarette an. So langsam gewöhnte sich Max an den Geruch.
    »Ich habe gesagt, Charlie hätte nicht reagiert, aber Gustav hat er immer angelächelt. Ich habe ihn sogar lachen hören, wenn sein Opa Grimassen geschnitten oder ihn gekitzelt hat. Die beiden hatten eine echte Verbindung. Gustav war über die Maßen stolz auf Charlie. Hat sich immer Zeit für ihn genommen. Ein paarmal hat er ihn in die Bank mitgenommen. Hat abends an seinem Bettchen gesessen, hat ihn gefüttert und gewickelt. Es war sehr bewegend, die beiden zusammen zu sehen. Ich hatte Gustav noch nie so glücklich erlebt. Mit seinen anderen Enkelkindern ist er nicht so toll. Gibt sich nicht so viel Mühe. Charlie ist sein einziger männlicher Enkel. Ich glaube, er wollte in dem sicheren Wissen sterben, dass der Familienname erhalten bleibt, dass er weiterlebt. Er ist altmodisch, aber der Rest des Landes ist auch nicht viel weiter als er.«
    Max schenkte sich noch einen Kaffee ein. Der erste hatte die Müdigkeit aus seinen Knochen und seinen Augen vertrieben.
    »Deswegen, wegen Charlies Verhalten, sind Sie also zu dem Voodoo-Priester gegangen. Es ging gar nicht um Sie, oder? Es ging um Ihren Sohn. Sie dachten, mit ihm ist was nicht in Ordnung, und haben ihn zu dem Priester gebracht, um seine Meinung einzuholen.«
    »Ja und nein. Ganz so einfach ist es nicht. Charlie hatte diesen Tick mit seinen Haaren …«
    »Ich habe das Foto gesehen«, fiel Max ihr ins Wort. »Charlie im Kleid.«
    »Er hat sich einfach nicht die Haare schneiden lassen …«
    »Das hat Ihr Mann mir auch schon erzählt«, sagte Max verächtlich.
    »Uns blieb doch gar nichts anderes übrig. Die Leute haben Charlie das Leben zur Hölle gemacht.«
    »War das, bevor oder nachdem Sie ihn in ein Kleid gesteckt hatten?«, fragte Max sarkastisch.
    »Das war nur zu seinem Besten«, beharrte Francesca gereizt. »Wussten Sie, dass Charlie jedes Mal laut geschrien hat, wenn ihm jemand mit einer Schere zu nahe kam?«
    »Ja, Allain hat es mir erzählt.«
    »Hat er auch erzählt, wie er geschrien hat? Das war nicht das Geschrei eines Babys oder eines kleinen Jungen. Das waren die reinsten Schmerzensschreie – ein Kreischen, das einem das Blut in den Adern gefrieren lässt und einem das Trommelfell zerreißt. Wie eine ganze Höhle voller kreischender Fledermäuse. Die Leute haben erzählt, man konnte ihn noch in zwei Meilen Entfernung hören.«
    Max hielt das Band an. Die Erinnerung hatte Francesca erneut aufgewühlt. Sie biss sich auf die Lippe und gab sich alle

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