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Vor aller Augen

Titel: Vor aller Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patterson James
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haben.
    Wieder ein Kauf.

30
    Der Käufer hieß Mr. Potter.
    Das war der Code-Name, den er benutzte, wenn er mit Sterling, dem Verkäufer, Verbindung aufnahm. Potter war sehr glücklich über Benjamin. Das sagte er auch dem Paar, als es das Paket auf seiner Farm in Webster, New Hampshire, ablieferte. Webster hatte etwas mehr als vierzehnhundert Einwohner und war ein Ort, wo niemand einem Ärger machte. Nie. Das Farmhaus, das er dort besaß, hatte er teilweise restauriert. Weiße alte Holzschindeln, zwei Stockwerke, ein neues Dach. Ungefähr hundert Meter dahinter stand eine rote Scheune, das »Gästehaus«. Dort würde er Benjamin unterbringen, wie auch dessen Vorgänger.
    Haus und Scheune standen auf über sechzig Morgen Wald und Weideland, das Potters Familie gehört hatte und jetzt in seinem Besitz war. Er lebte nicht auf der Farm, sondern in Hanover, etwa fünfzig Meilen entfernt, wo er als Assistenzprofessor für Englisch am Dartmouth College lehrte.
    O Gott, er konnte die Augen nicht von Benjamin abwenden. Selbstverständlich konnte der Junge ihn nicht sehen. Und auch nicht sprechen. Noch nicht. Er trug eine Augenbinde, sein Mund war verklebt und Hände und Füße waren mit Polizeihandschellen gefesselt.
    Ansonsten trug Benjamin nichts außer einem schmalen Silberriemen, der an ihm sehr teuer wirkte. Potter stockte der Atem beim Anblick dieses wunderschönen jungen Mannes, zum dritten, vierten oder zehnten Mal, seit dieser sich in seinem Besitz befand. Ihn trieb es fast in den Wahnsinn, dass er beim Unterricht am Dartmouth College während der vergangenen fünf Jahre die Jungs, die dort studierten, nur anschauen, aber nicht berühren durfte. Es war unglaublich
frustrierend, so nah an seinem Herzenswunsch zu sein, doch jetzt – jetzt schien es ihm das fast wert gewesen zu sein. Benjamin war seine Belohnung. Für das Warten . Dafür, dass er gut gewesen war .
    Â»Es ist in Ordnung … Angst zu haben«, flüsterte Potter. »In der Angst liegt ein eigenartiges Glücksgefühl. Glaube mir das, Benjamin. Ich habe es selbst erlebt. Ich weiß genau, was du jetzt fühlst.«
    Potter vermochte es kaum noch auszuhalten! Es war einfach zu viel. Ein Traum hatte sich erfüllt. Dieses verbotene Vergnügen war ihm versagt geblieben – und jetzt war hier dieser absolut perfekte, atemberaubend schöne junge Mann.
    Was war das? Benjamin bemühte sich trotz des Klebebands mit ihm zu sprechen. Potter hätte nur allzu gern die süße Stimme des Jungen gehört und gesehen, wie sich diese üppigen Lippen bewegten. Er beugte sich vor und küsste das Band über dem Mund des Jungen. Er spürte tatsächlich Benjamins Lippen darunter, ihre Weichheit.
    Dann hielt Mr. Potter es keine Sekunde länger aus. Seine Finger zitterten, er flüsterte unzusammenhängende Worte, und sein Körper zuckte unkontrolliert, als er die Augenbinde abnahm und Benjamin in die Augen schaute.
    Â»Darf ich dich Benjy nennen?«, flüsterte er.

31
    Eine andere Gefangene – Audrey Meek – beobachtete diesen widerlichen, abartigen, möglicherweise wahnsinnigen Mann, der ihr seelenruhig das Frühstück zubereitete. Sie war nur leicht mit einem Seil festgebunden, aber sie konnte dennoch nicht fliehen. Sie vermochte nicht zu begreifen, dass das alles tatsächlich geschah, geschehen war und wohl weiterhin geschehen würde. Sie befand sich in einem hübsch eingerichteten Blockhaus – irgendwo , Gott weiß wo. Immer noch zuckten die Bilder dieses unglaublichen Moments durch ihren Kopf, als man sie in der King of Prussia Mall überwältigt und von Sarah und Andrew weggerissen hatte. Lieber Gott, ging es den Kindern gut?
    Â»Meine Kinder?«, fragte Audrey erneut. »Ich muss wissen, ob es ihnen gut geht. Ich will mit ihnen sprechen. Ich werde nichts von alldem tun, was Sie von mir verlangen, ehe ich nicht mit ihnen gesprochen habe. Ich werde nicht mal essen.«
    Es folgte ein unbehagliches Schweigen. Dann beschloss der Kunstdirektor zu sprechen.
    Â»Deinen Kindern geht es gut. Mehr werde ich nicht sagen«, erklärte er. »Du solltest wirklich etwas essen.«
    Â»Wie können Sie wissen, ob es meinen Kindern gut geht?«, fragte sie wütend. »Das können Sie überhaupt nicht.«
    Â»Audrey, du bist nicht in der Position, irgendwelche Forderungen zu stellen. Jetzt nicht mehr. Dieses Leben liegt hinter

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