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Vor aller Augen

Titel: Vor aller Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patterson James
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Island war die allgemeine Adresse, die er von Slava und Zoya hatte.
    Genau genommen war es Huntington.
    Er kam in der Stadt kurz nach drei Uhr nachmittags an.
    Er erinnerte sich an das andere Mal, als er hier gewesen war
– zwei Jahre, nachdem er Russland verlassen und in New York angekommen war. Seinen Verwandten hatte hier ein Haus gehört, und sie hatten ihm geholfen, in Amerika Fuß zu fassen. Draußen »auf der Insel«, wie die Einheimischen es nannten, hatte er vier Morde begangen. Nun, Huntington war wenigstens in der Nähe des Kennedy Airport. Er wollte New York so schnell wie möglich verlassen.
    Das Paar wohnte in einem typischen Vorstadthaus. Der Wolf hämmerte gegen die Vordertür, und ein bulliger Typ mit Spitzbart machte auf. Er hieß Lukanov und gehörte zu einem anderen Team, das erfolgreich in Kalifornien, Oregon und Washington State arbeitete. Lukanov war Major beim KGB gewesen.
    Â»Wo sind diese blöden Arschlöcher?«, fragte der Wolf, sobald er im Haus war.
    Lukanov deutete mit dem Daumen zu einem schummrigen Korridor, und der Wolf marschierte los. Heute tat ihm das rechte Knie weh. Er erinnerte sich an den Tag in den achtziger Jahren, als eine rivalisierende Bande es ihm gebrochen hatte. In Moskau galt so etwas als Warnung. Der Wolf hielt nicht viel von Warnungen. Er hatte die drei Männer aufgespürt, die versucht hatten, ihn zum Krüppel zu machen, und ihnen jeden Knochen im Leib gebrochen, einen nach dem anderen. In Russland nannte man diese grausame Methode zamochit , aber der Wolf und andere Verbrecher nannten sie auch zermalmen .
    Er betrat ein kleines unordentliches Schlafzimmer und sah Slava und Zoya, die Verwandten seiner Ex-Frau. Das Paar war dreißig Meilen außerhalb Moskaus aufgewachsen. Bis zum Sommer 1998 waren sie in der Armee, danach emigrierten sie nach Amerika. Sie arbeiteten mittlerweile knapp acht Monate für ihn, daher lernte er sie allmählich besser kennen.

    Â»Ihr lebt auf einer Müllhalde«, erklärte er. »Ich weiß, dass ihr massenhaft Geld habt. Was macht ihr damit?«
    Â»Wir haben zu Hause Familie«, antwortete Zoya. »Genauso wie du.«
    Der Wolf neigte den Kopf zur Seite. »Ah, wie rührend. Ich hatte keine Ahnung, dass du so ein großes goldenes Herz hast, Zoya.« Er deutete Lukanov zu gehen und sagte: »Mach die Tür zu. Ich komme raus, wenn ich hier fertig bin. Das könnte ein Weilchen dauern.«
    Das Paar lag eng umschlungen auf dem Fußboden. Beide hatten nur Unterwäsche an. Auf Slavas Unterhose waren kleine Enten aufgedruckt. Zoya trug einen schwarzen Büstenhalter und einen passenden Tanga.
    Der Wolf lächelte jetzt. »Was soll ich nur mit euch beiden machen?«
    Slava begann zu lachen. Es klang schrill und nervös. Er hatte geglaubt, der Wolf würde sie sofort töten, doch es war wohl nur eine Warnung. Das sah er in den Augen des Wolfs.
    Â»Also, was ist passiert? Los, spuckt es aus. Schnell. Ihr kennt die Spielregeln«, sagte der Wolf.
    Â»Vielleicht lief alles zu leicht. Wir wollten eine größere Herausforderung. Unser Fehler, Pasha. Wir haben geschlampt.«
    Â»Lügt mich nicht an«, sagte der Wolf. »Ich habe meine Quellen. Sie sind überall.«
    Er setzte sich in einen Sessel, der aussah, als stünde er seit hundert Jahren in diesem grauenvollen Schlafzimmer.
    Unter seinem Gewicht wirbelte Staub von dem alten Sessel auf.
    Â»Magst du ihn?«, fragte er Zoya. »Den Vetter meiner Frau?«
    Â»Ich liebe ihn«, antwortete sie und ihre braunen Augen
wurden sanft. »Immer. Seit wir dreizehn Jahre alt waren. Ich liebe ihn für immer und ewig.«
    Â»Slava, Slava«, sagte der Wolf und ging zu dem muskulösen Mann auf dem Boden. Er beugte sich hinunter, um Slava zu umarmen. »Du bist ein Blutsverwandter meiner Ex-Frau. Und du hast mich verraten. Du hast mich an meine Feinde verkauft, nicht wahr? Klar, hast du das getan. Wie viel hast du kassiert? Ich hoffe, eine Menge.«
    Dann drehte er Slavas Kopf, als würde er ein großes Glas saure Gurken aufmachen. Slavas Genick brach. Dieses Geräusch hatte der Wolf im Laufe der Jahre lieben gelernt. Es war sein Markenzeichen in der Russenmafia.
    Zoyas Augen weiteten sich, aber sie gab keinen Laut von sich. Daraus ersah der Wolf, was für harte Typen sie und Slava waren, wie gefährlich beide für die Sicherheit der Organisation waren. »Ich bin beeindruckt,

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