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Vor dem Abgrund: Historischer Roman (German Edition)

Vor dem Abgrund: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Vor dem Abgrund: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Finnek
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General, und es dauerte eine Weile, bis ich begriff, dass ich gemeint war.
    »Nein, Sir«, antwortete ich. »Mein Vater führt das Hatchett’s Hotel in Mayfair.«
    »Oh, tatsächlich!«, rief der General erfreut. »Grüßen Sie Ihren Vater recht herzlich von mir!«
    »Kennen Sie ihn?«
    »Aber ja«, sagte er und wandte sich erklärend an seine Tochter. »Harvey Ingram ist ein sehr spendabler Unterstützer unserer Sache. Schon seit geraumer Zeit. Auch wenn er es, wie so viele, nur im Geheimen tut.«
    »Mein Vater gibt Spenden an die Heilsarmee?«, wunderte ich mich und lachte ungläubig. »Aber er hat ein Schanklokal in seinem Hotel und verkauft bis spät in die Nacht Alkohol. Er trinkt auch selbst sehr gerne und raucht wie ein Fabrikschlot.«
    »Eben drum«, beharrte der General und hob die buschigen Augenbrauen. »Besser, er erleichtert sein Gewissen, indem er den Armen und Bedürftigen gibt, als dass er Blutgeld an die Skelettarmee zahlt.« Dabei funkelte er mich tadelnd an, dass es mir durch und durch ging. Auch diesen Blick schien Eva von ihrem Vater geerbt zu haben.
    »Ich bin nicht mehr in der Skeleton Army, falls Sie darauf abspielen«, sagte ich und schaute Hilfe suchend zu Eva. »Das ist ein für alle Mal vorbei. Auch dank Ihrer Tochter.«
    »Unsere vortreffliche Eva«, rief der General und klopfte ihr anerkennend auf die Schulter. »Immer an vorderster Front.«
    »Ja, sie ist wundervoll«, sagte ich, obwohl ich wusste, dass es nicht ganz das war, was ihr Vater gemeint hatte.
    »Gewiss«, knurrte der General und schaute seine Tochter fragend an.
    »Captain!«, meldete sich in diesem Augenblick die Stimme eines Heilsarmisten aus dem Vorzimmer. »Ich bitte um Entschuldigung, Schwester, aber unten wartet ein Mann vom Southwarker Korps, der dringend mit dir sprechen möchte.« Als er sah, dass der General im Raum war, salutierte er, indem er die rechte Hand hob und den Zeigefinger gen Himmel streckte.
    »Worum geht es?«, fragte Eva.
    »Um einen Betrunkenen, wenn ich es recht verstanden habe.«
    »Was habe ich damit zu schaffen?«
    Der Uniformierte zuckte mit den Schultern. »Major Pringle beharrt darauf, dich zu sprechen. Persönlich!«
    »Major Pringle?«, rief ich. »Ist er etwa der Betrunkene?«
    »Sie kennen den Major?«, wunderte sich der General.
    »Flüchtig«, antwortete ich. »Ich bin ihm letztens vor einer Brauerei begegnet.« Damit erntete ich einen verständnislosen Blick.
    »Nein, Sir«, sagte der Uniformierte in meine Richtung. »Major Pringle ist nicht betrunken. Es geht anscheinend um einen Soldaten seines Korps. Einen jungen Mann namens Bedford.«
    »Adam Bedford?«, murmelte Eva, seufzte leise und setzte ihre Haube auf. »Sag dem Major, dass ich komme.« Dann wandte sie sich an mich und setzte hinzu: »Die Feuerwehr im Einsatz. Wollen Sie mich nach unten begleiten, Rupert?«
    »Feuerwehr?«, fragte der General verwirrt. Er wirkte zunehmend verärgert.
    »Sehr gerne«, sagte ich, verabschiedete mich vom finster dreinschauenden General und folgte Eva hinaus.
    Major Pringle wartete im Empfangsraum und stürzte sogleich auf Eva los, als wir durch die Pendeltür traten. Er bedachte mich mit einem überraschten Seitenblick und rief: »Danke, dass du Zeit für mich hast, Schwester! Bruder Adam lässt sich einfach nicht beruhigen und verlangt nach dir. Mit niemandem sonst will er reden. Ich wusste mir keinen anderen Rat, als ihn herzubringen.«
    »Wo ist er?«, fragte sie und schaute suchend in den Warteraum.
    »Draußen«, antwortete Major Pringle. »Ich hab ihn in der Kutsche gelassen. Er kann nicht mehr gerade stehen und krakeelt ganz schändlich herum.«
    »Wer ist dieser Adam Bedford?«, wollte ich wissen, obwohl ich ahnte, dass ich diesem Bruder Adam in den letzten Tagen bereits begegnet war.
    »Eine arme Seele«, sagte der Major und öffnete die Eingangspforte.
    »Eine traurige Geschichte«, sagte Eva, entzündete eine Laterne und ging hinaus. »Dabei hatte ich gehofft, dass sie ein gutes Ende nehmen würde. Aber wie es scheint, hat der Teufel wieder einmal die Oberhand behalten.«
    Draußen war es bereits dunkel. Es nieselte, und der aufkommende Nebel zog in Schwaden durch die Queen Victoria Street. Direkt vor dem Hauptquartier stand ein Tilbury mit Klappverdeck quer auf dem Gehsteig und versperrte den Passanten den Weg. Als Eva die Laterne in die kleine Kutsche hielt, stieß sie einen leisen Schrei aus. Auf der schmalen Bank lag ein junger Mann, dessen schmutziges Gesicht von Kratzern,

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