Vor dem Frost
hin.«
»Er weiß, wo Anna ist. Nein, vielleicht weiß er es nicht, aber er muß etwas sagen können.«
»Ganz ruhig.«
Sie ließ sich widerwillig zurückfallen.
»Ich weiß nicht, wie er heißt, vielleicht Torgeir Langaas, aber das muß nicht unbedingt sein. Er weiß etwas von Anna.«
Ihr Vater setzte sich auf einen Stuhl neben dem Bett. Sie sah auf seine Armbanduhr. Viertel nach drei.
»Nacht oder Tag?«
»Nacht.«
»Er hat mich bedroht. Dann packte er mich an den Haaren.«
»Was ich nicht begreife, ist, was du hier zu suchen hattest. In Kopenhagen?«
»Es dauert zu lange, das jetzt alles zu erzählen. Aber der Mann, der mich überfallen hat, kann wissen, wo Anna ist. Er kann ja mit ihr das gleiche gemacht haben. Außerdem kann er etwas mit Birgitta Medberg zu tun haben.«
Er schüttelte den Kopf. »Du bist erschöpft. Der Arzt hat gesagt, daß deine Erinnerungen ein bißchen sprunghaft und durcheinander sein würden.«
»Hörst du nicht, was ich sage?«
»Ich höre, was du sagst. Sobald der Arzt hiergewesen ist, können wir nach Hause fahren. Du fährst mit mir, und Stefan nimmt deinen Wagen.«
Die Wahrheit begann ihr zu dämmern. »Du glaubst nicht an das, was ich sage? Daß er mich bedroht hat?«
»Ich glaube ganz bestimmt, daß er dich bedroht hat. Das hat er gestanden.«
»Was hat er gestanden?«
»Daß er dich bedroht hat, damit du ihm das Rauschgift gibst, das du seiner Meinung nach in dem Haus gekauft hattest.«
Linda starrte ihren Vater an und versuchte zu verstehen, was er gesagt hatte. »Er hat mir gedroht und gesagt, es sei das beste, wenn ich nicht nach einem Mann namens Torgeir Langaas fragte. Von Rauschgift hat er kein Wort gesagt.«
»Wir wollen froh sein, daß die Sache sich aufgeklärt hat. Daß die Polizei zur Stelle war. Er wird wegen Körperverletzung und versuchten Raubes angezeigt.«
»Es war kein Raubüberfall. Es handelt sich um den Mann, dem das Haus hinter der Kirche in Lestarp gehört.«
Er runzelte die Stirn. »Was für ein Haus?«
»Ich hatte noch keine Zeit, dir davon zu erzählen. Ich habe in Lund das Haus gesucht, in dem Anna wohnt. Das führte mich nach Lestarp und zu einem Haus hinter der Kirche. Als ich da nach Anna fragte, verschwanden alle. Das einzige, was ich herausbekommen konnte, war, daß das Haus einem Norweger gehört, der Torgeir Langaas heißt und eine Adresse hier in Kopenhagen hat.«
Ihr Vater sah sie lange an. Dann zog er einen Notizblock aus der Tasche und blätterte eine Seite auf. »Der Mann, der dich überfallen hat, heißt Ulrik Larsen. Wenn ich dem dänischen Kollegen, mit dem ich gesprochen habe, glauben soll, dann ist Ulrik Larsen kaum jemand, der besonders viele Häuser besitzt.«
»Du hörst ja gar nicht zu, was ich sage.«
»Ich höre zu. Aber was du nicht begreifst, ist, daß es einen Mann gibt, der gestanden hat, dich niedergeschlagen zu haben, um dir Rauschgift abzunehmen.«
Linda schüttelte verzweifelt den Kopf. Es hämmerte hinter ihrer linken Schläfe. Warum verstand er nicht, was sie ihm zu sagen versuchte? »Ich bin klar im Kopf. Ich weiß, daß ich überfallen worden bin. Aber jetzt erzähle ich dir genau, was passiert ist.«
»Du
glaubst,
daß du das tust. Was ich immer noch nicht verstehe, ist, was du hier in Kopenhagen zu suchen hattest. Nachdem du bei Mona zu Hause warst und sie unglücklich gemacht hast.«
Linda wurde ganz kalt. »Woher weißt du das?«
»Sie hat angerufen. Es war ein ziemlich grauenhaftes Gespräch. Sie schniefte und redete so undeutlich, daß ich fast geglaubt habe, sie wäre betrunken.«
»Sie
war
betrunken. Was hat sie gesagt?«
»Daß du sie mit Vorwürfen überschüttet und dann schlecht von ihr und von mir geredet hättest. Sie war am Boden zerstört.
Und dieser Prokurist, mit dem sie verheiratet ist, war offenbar verreist und konnte ihr nicht helfen.«
»Mutter stand nackt mit einer Flasche in der Hand da, als ich reinkam.«
»Sie sagt, du hättest dich eingeschlichen.«
»Ich bin durch die Verandatür gegangen. Ich bin nicht geschlichen. Sie war betrunken, sie torkelte und fiel. Was sie am Telefon auch gesagt hat, es stimmt nicht.«
»Wir werden später darüber reden.«
»Danke.«
»Was hast du hier in Kopenhagen gemacht?«
»Das habe ich schon gesagt.«
Er schüttelte den Kopf. »Kannst du mir dann erklären, wieso ein Mann festgenommen wurde, weil er versucht hat, dich zu berauben?«
»Nein. Und ich kann auch nicht erklären, warum du nicht glaubst, daß das, was ich
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