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Vor dem Frost

Vor dem Frost

Titel: Vor dem Frost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Aufgabe aufging.
    Jetzt trafen sie sich zum erstenmal auf dem Parkplatz. Ein milder Nieselregen fiel auf ihre Köpfe. Erik hatte seinen Wagen an einem Hügel gegenüber dem Parkplatz abgestellt, von wo er durch ein Fernglas die Ankommenden beobachten konnte. Torgeir war da, um sie in Empfang zu nehmen. Er sollte sagen, er wisse nicht, wo Erik sei. Erik hatte Torgeir erklärt, daß geheime Absprachen die Auffassung der Heiligkeit des Auftrags, der sie erwartete, stärken konnten. Erik blickte durch das Fernglas. Jetzt kamen sie, einer nach dem anderen, manche in Autos, andere zu Fuß, ein paar auf Fahrrädern, einer hatte ein Motorrad, und einige tauchten aus einem kleinen Waldstück hinter dem Parkplatz auf, als hätten sie dort gewohnt, vielleicht ihre Zelte aufgeschlagen. Jeder hatte nur einen kleinen Rucksack. In dem Punkt war Erik streng gewesen. Kein lästiges Gepäck, keine auffallende Kleidung. Seine Armee war die der verkleideten Götter, die niemand beachten würde.
    Er richtete das Fernglas auf Torgeirs Gesicht. Der Mann lehnte an der Informationstafel des Parkplatzes. Ohne ihn wäre es kaum möglich gewesen, dachte er. Wäre ich nicht in jener schmutzigen Straße in Cleveland über ihn gestolpert und wäre es mir nicht gelungen, aus einem fast erloschenen Menschenwrack diesen absolut und vorbehaltlos ergebenen Jünger zu formen, dann wäre ich jetzt noch nicht soweit, daß ich meine Armee marschieren lassen könnte. An diesem Morgen hatte Torgeir angerufen und ihm mitgeteilt, daß er mit den letzten Vorbereitungen fertig sei. Jetzt konnten sie den unsichtbaren Schlagbaum beseitigen und über die Grenze in die erste all der Kriegszonen einziehen, die auf sie warteten.
    Torgeir Langaas wandte das Gesicht in die Richtung, die sie abgesprochen hatten. Dann strich er sich mit dem linken Zeigefinger zweimal über die Nase. Alles war klar. Erik packte das Fernglas ein und machte sich auf den Weg zum Parkplatz. Es gab eine Senke, durch die er sich ungesehen fast bis an die Straße begeben konnte. Wie aus dem Nichts würde er dann zu denen kommen, die auf ihn warteten. Als er sichtbar wurde, hielt alles inne. Aber keiner äußerte ein einziges Wort, genau, wie er es bestimmt hatte.
    Torgeir Langaas war in einem Lastwagen mit einer Persenning über der Ladefläche gekommen. Sie luden die Fahrräder und die beiden Motorräder auf, ließen die Autos stehen und krochen unter die Plane. Erik fuhr, Torgeir saß an seiner Seite. Sie bogen nach rechts ab und suchten den Weg nach Mossby Strand. Dort hielten sie an und gingen zum Strand hinunter. Torgeir trug zwei große Körbe mit Essen. Sie setzten sich zwischen die Dünen, dicht zusammengepreßt, wie eine Schar Touristen, denen es allzu kalt war.
    Bevor sie zu essen begannen, sprach Erik die erforderlichen Worte: »Gott fordert unsere Anwesenheit. Gott fordert den Kampf.«
    Sie packten die Körbe aus und aßen. Anschließend legten sie sich auf Eriks Geheiß hin, um zu ruhen. Torgeir und Erik gingen zum Strand. Ein letztes Mal besprachen sie, was geschehen sollte.
    Eine große Wolke verdunkelte den Himmel. »Wir bekommen das Aaldunkel, das wir haben wollen«, sagte Torgeir Langaas.
    »Wir bekommen das, was wir brauchen, weil wir recht haben«, erwiderte Erik Westin.
    Sie warteten am Strand, bis der Abend anbrach. Dann kletterten sie wieder auf die Ladefläche des Lastwagens. Es war halb acht, als Erik auf die Landstraße einbog und nach Osten fuhr, Richtung Ystad. Vor Svarte bog er nach Norden ab, überquerte die Hauptstraße zwischen Malmö und Ystad und fuhr auf einer Straße weiter, die westlich an Schloß Rannesholm vorbeiführte. Zwei Kilometer vor Harup bog er in einen Feldweg ein, hielt an und machte das Licht aus. Torgeir kletterte aus dem Wagen. Im Rückspiegel konnte Erik Westin sehen, wie zwei der Männer aus den USA, der ehemalige Friseur Pieter Buchanan aus New Jersey und der Allroundman Edison Lambert aus Des Moines, von der Ladefläche kletterten.
    Erik Westin spürte, daß sein Puls schneller schlug. Konnte etwas schiefgehen? Er bereute sogleich die stumme Frage, die er sich selbst gestellt hatte. Ich bin kein Irrer, dachte er. Ich vertraue auf Gott, der mein Handeln lenkt. Er startete den Lastwagen und fuhr wieder auf die Fahrbahn. Ein Motorrad überholte ihn, kurz darauf noch eins. Er fuhr weiter nach Norden, warf einen Blick hinüber zur Kirche von Hurup, zu der Torgeir und die beiden Männer aus den USA unterwegs waren. Fünf Kilometer nördlich von

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