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Vor dem Frost

Vor dem Frost

Titel: Vor dem Frost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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all jene, die an dem Tag und an den Orten, die er bestimmt hatte, die Tore öffnen sollten.
    Eines Tages einmal würde er berichten, wie alles zugegangen war, das war das Erbe, das er hinterlassen würde. Es würde das fünfte Evangelium werden. Eines Tages würde er berichten, wie er nach vielen langen Stunden und Tagen und Monaten gedanklicher Arbeit einen Plan gemacht hatte. Er hatte es als eine Offenbarung dargestellt, es war notwendig gewesen, damit sie bereit waren, ihm zu folgen. Gottes Stimme und Geist waren die letzte Bestätigung dessen, daß das, was jetzt geschehen würde, ein unumgängliches Opfer war, das ihnen ein ewiges Leben im Paradies bereiten würde, an der Seite Gottes. »Ihr werdet in seinem Seitenflügel wohnen«, hatte er gesagt. »Gott wohnt in einem Schloß, nicht einem aus gemauerten Wänden, sein Schloß ist aus der herrlichsten Wolle heiliger Schafe gewebt. Dieses Schloß hat einen Seitenflügel, und darin werdet ihr wohnen.«
    Er hatte in seinen Predigten, ›den göttlichen Überredungskampagnenc, vor allem davon gesprochen, was sie erwartete. Das Opfer war nur ein flüchtiger Abschied, nichts anderes.
    Ihre Märtyrerschaft war ein Privileg, dessen teilhaftig zu werden alle Menschen bestrebt wären, wenn sie nur die Wahrheit über die Kriegserklärung an die Gottlosigkeit wüßten, die er stets verkündet hatte.
    Harriet Bolsons Tod war ihr bislang härtester Prüfstein gewesen. Er hatte Torgeir beauftragt, ihre Reaktionen zu beobachten. Ob jemand begann, schwankend zu werden, abzufallen oder zusammenzubrechen. Er selbst hatte sich auf Distanz gehalten. Er hatte Torgeir erklärt, er müsse sich nach dem, was geschehen sei, einem Reinigungsprozeß unterziehen. Er müsse allein sein, sich dreimal am Tag und dreimal in der Nacht sorgfältig waschen, sich jede sechste Stunde rasieren, und er dürfe mit niemandem sprechen, bis er sich ganz von den bösen Kräften befreit hatte, die in Harriet Bolson gesteckt hatten. Torgeir hatte ihn zweimal täglich von verschiedenen gestohlenen Handys angerufen. Es gab keine Anzeichen dafür, daß jemand schwach wurde. Im Gegenteil, Torgeir glaubte, eine wachsende Ungeduld feststellen zu können, als ginge es ihnen nicht schnell genug, ihr letztes Opfer zu vollbringen.
    Er hatte ausführlich mit Torgeir gesprochen, bevor dieser losfuhr, um Anna zu holen. Beim geringsten Anzeichen, daß sie nicht in den Wagen steigen wollte, sollte Torgeir sie zwingen. Deshalb hatte er den einsamen Ort bei der Pizzeria ausgewählt. Er hatte Torgeir genau beobachtet, als er ihm sagte, er dürfe Anna gegenüber Gewalt anwenden. Torgeir hatte auch gezögert, in seinen Augen waren Sorge und Unsicherheit aufgeflackert. Erik Westin hatte mit sanfter Stimme gesprochen und sich zu Torgeir vorgebeugt und gleichzeitig die Hand auf seine Schulter gelegt. Was beunruhigte ihn? Hatte er jemals Unterschiede zwischen Menschen gemacht? Hatte er Torgeir nicht aus der Gosse aufgelesen? Warum sollte seine Tochter nicht genauso behandelt werden wie alle anderen? Hatte Gott nicht eine Welt geschaffen, in der alle gleich waren, eine Welt, die die Menschen verleugnet und dann zerstört hatten? War das nicht die Welt, zu der zurückzukehren sie den Menschen jetzt zwingen würden?
    Er hatte Torgeir nicht fahren lassen, bevor er sicher war, daß dieser nicht zögern würde, Anna gegenüber Gewalt anzuwenden, falls es notwendig würde. Seine Tochter würde, wenn alles so lief, wie er hoffte, wenn sie sich würdig erwies, seine Erbfolgerin werden. Gottes Reich auf Erden sollte nie wieder aufgegeben werden, wie es früher der Fall gewesen war. Es mußte immer einen Führer geben, und Gott hatte selbst gesagt, daß sein Reich ein Erbreich war.
    Er hatte auch gedacht, daß Anna vielleicht nicht die Richtige war. Für diesen Fall mußte er zusehen, daß er mehr Kinder bekam, und unter ihnen das auswählen, das ihm nachfolgen sollte.
    In diesen letzten Tagen, bevor der große Plan ins Werk gesetzt werden würde, hatten sie drei Hauptquartiere. Erik hatte für sich selbst eine Villa in Sandhammaren ausgesucht, die einsam gelegen war und einem pensionierten Kapitän gehörte, der mit einem Oberschenkelhalsbruch im Krankenhaus lag. Das zweite war ein verlassener Hof in der Nähe von Tomelilla, der zum Verkauf stand, das dritte das Haus hinter der Kirche in Lestarp, das Torgeir gekauft hatte, das sie jedoch geräumt hatten, nachdem die Tochter des Kriminalbeamten sich allzu interessiert gezeigt hatte.
    Erik

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