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Vor dem Frost

Vor dem Frost

Titel: Vor dem Frost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Tagebuch und die Seite mit Birgitta Medbergs Namen. Ihr Vater mischte sich erst ein, als der blaue Schmetterling zur Sprache kam. Da übernahm er, da wurde ihre Erzählung in etwas verwandelt, was vielleicht die Einleitung einer Verbrechensermittlung war. Er stand vom Sofa auf und klopfte an die Tapete, wo das Bild gehangen hatte.
    »Hier kommt es zusammen«, sagte er. »Zwei Punkte, nein, drei. Zuerst steht Birgitta Medbergs Name in Annas Tagebuch. Mindestens ein Brief wurde geschrieben. Doch der Brief ist nicht auffindbar. Außerdem spielen in beider Leben Schmetterlinge eine Rolle. Was das bedeutet, wissen wir auch nicht. Und dann das Wichtigste. Beide sind verschwunden.«
    »Komisch, das Ganze«, sagte Ann-Britt Höglund. »Wer kennt Anna am besten?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Hat sie keinen Freund?«
    »Im Moment nicht.«
    »Aber gehabt?«
    »Das hat doch wohl jeder. Ich würde tippen, ihre Mutter.«
    Ann-Britt Höglund gähnte und raufte sich das Haar. »Was bedeutet das mit ihrem Vater, den sie gesehen zu haben glaubt? Warum ist er verschwunden? Hatte er was angestellt?«
    »Annas Mutter meint, er sei geflohen.«
    »Wovor?«
    »Vor der Verantwortung.«
    »Aber jetzt kommt er zurück? Und dann verschwindet sie? Und Birgitta Medberg wird ermordet?«
    »Nein«, unterbrach Wallander. »Nicht ermordet. Das reicht nicht, das trifft nicht das, was geschehen ist. Sie ist geschlachtet worden. Abgeschlagene Hände, die zum Gebet gefaltet sind, der Kopf abgetrennt, der Rest des Körpers weg. Eine kleine Hütte wie in einem Märchen, ein lebensgefährliches Pfefferkuchenhaus am Fuß einer Schlucht im unberührten Wald von Rannesholm. Martinsson hat die Tademans aufgescheucht, alle beide. Der Börsenmakler war übrigens stark betrunken, obwohl er schlief, behauptete Martinsson. Interessant. Mit Anita Tademan, die Linda und ich getroffen haben, war laut Martinsson bedeutend leichter zu reden. Keine seltsamen Individuen sind in der Nähe des Schlosses oder auf den Straßen der Umgebung gesehen worden, keiner hat etwas von einer Hütte gewußt. Sie rief an und weckte einen Jäger, der viel in dem Wald ist. Er hatte nie eine Hütte gesehen, seltsamerweise auch keine Schlucht. Wer also auch immer der Mensch in der Hütte war, er wußte, wie man sich versteckt und unsichtbar hält. Aber sehr nahe bei anderen Menschen. Ich habe eine Ahnung, daß dies Letzte wichtig sein kann. Unsichtbar, aber in der Nähe.«
    »Wovon?«
    »Weiß nicht.«
    »Wir müssen mit der Mutter anfangen«, sagte Ann-Britt Höglund. »Wollen wir sie jetzt wecken?«
    »Das machen wir morgen früh«, antwortete Kurt Wallander, nachdem er einen Moment gezögert hatte. »Wir haben noch genug zu tun mit dem da draußen im Wald.«
    Linda fühlte, wie ihre Wangen heiß wurden. Sie wurde wütend. »Stell dir vor, es stößt Anna etwas zu, weil wir warten.«
    »Stell dir vor, ihre Mutter vergißt etwas, weil wir sie mitten in der Nacht aus dem Schlaf reißen. Außerdem jagen wir ihr einen tödlichen Schrecken ein.«
    Er stand auf. »Wir bleiben dabei. Geh du jetzt nach Hause und schlaf. Aber morgen früh gehst du mit zu ihrer Mutter.«
    Sie überließen sie sich selbst, zogen ihre Stiefel und Jacken an und verschwanden. Linda schaute ihnen durchs Fenster nach. Der Wind hatte an Stärke zugenommen, er war immer noch böig und kam mal aus Osten, mal aus Süden. Sie wusch die Tassen ab und dachte, daß sie schlafen sollte. Aber wie sollte sie schlafen können? Anna fort, Henrietta, die log, Birgitta Medbergs Name im Tagebuch. Sie begann die Wohnung von neuem zu durchsuchen. Warum fand sie Birgitta Medbergs Brief nicht?
    Diesmal grub sie tiefer, löste die Rückseiten von Bilderrahmen, zog Regale von den Wänden, um zu sehen, ob etwas dahintergerutscht war. Sie zog und wühlte, bis es plötzlich an der Tür klingelte. Es war nach ein Uhr. Wer klingelte da? Sie machte auf. Ein Mann mit dicken Brillengläsern, in einem braunen Morgenrock und mit verschlissenen rosa Pantoffeln an den Füßen stand vor ihr.
    Er stellte sich als August Brogren vor. »Dieser schreckliche Lärm mitten in der Nacht, Fräulein Westin«, sagte er verärgert. »Ich muß Sie doch bitten, etwas leiser zu sein.«
    »Entschuldigen Sie«, sagte Linda. »Ab jetzt wird es still sein.«
    August Brogren trat energisch einen Schritt näher. »Sie hören sich nicht an wie Fräulein Westin«, sagte er. »Sie sind nicht Fräulein Westin. Wer sind Sie?«
    »Ihre Freundin.«
    »Wenn man nicht mehr gut sieht, muß

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