Vor dem Regen - Roman
»Erkennbar angetrunkene Gäste werden nicht bedient«. Ins alte Cage wurde man ohne Schlagseite nicht mal reingelassen. Schlägereien? Soll wohl ein Witz sein; mehr als zwei stutenbissige Yuppieschlampen, die sich über einen Aktiendeal in die Haare gerieten, war nun wirklich nicht drin. Und was die einbeinige Oma anging, die hatte noch ein ganzes Jahr tapfer ausgeharrt, doch dann hatte entweder der Mangel an angemessen energischen Freiern oder das Norah-Fucking-Jones-Gedudel sie ebenfalls zur Kapitulation gezwungen.
Immerhin war Noi da. Sie saß an einem Tisch und war von Kopf bis Fuß ganz Bangkok-Nutte - zu viel Schminke, zu wenig Klamotten und dieser hungrige, harte Blick, den
sie alle bekommen, die Prostituiertenvariante des Thousand-Yard-Starrens traumatisierter Frontsoldaten: der Tausend-Schwengel-Tunnelblick.
Neben ihr saß die Kleine, die Trigger neulich bei Ruby’s gesehen hatte, die absolute Wahnsinnsbraut.
Als Trig an den Tisch kam, sprang Noi auf, schlang die Arme um ihn und presste ihm mit den Silikontitten die Luft ab.
»Trig, Nummer eins Freund«, grüßte sie lautstark.
Trig fürchtete, selbst in dieser Yuppie-Absteige könnte ihn jemand erkennen, und sah sich argwöhnisch um. Schließlich war er ein Sportidol und damit ein öffentliches Vorbild. Er wand sich aus Nois Umschlingung und setzte sich.
»Das meine Freundin Noi«, sagte Noi und deutete auf das zweite Mädchen.
»Hallo Noi Zwei«, sagte Trigger.
Sie sagte nichts, sah ihm nicht einmal in die Augen.
»Oki, Trig holen Drinks, dann reden, oki?«, schlug Noi vor.
Das klang gar nicht schlecht. Noi wollte etwas Albernes in einem hohen Glas, die andere Noi wollte anscheinend ein Cola, während Trig vermutete, ein Wodka Lime könnte seine Laune etwas aufhellen.
An der Bar herrschte Flaute, nur eine Puppe glotzte sinnlos in der Gegend rum, also marschierte Trigger auf den Barmann zu und ließ seine Bestellung vom Stapel.
»Verzeihung«, maulte die Puppe. »Aber ich fürchte, ich bin vor Ihnen dran.«
Mitte dreißig, schätzte Trigger. Bierflaschenblond. Groß, aber nicht zu groß. Schwimmerinnenschultern. Kein Supermodel, aber auch keine Vogelscheuche.
»Schönheit zuerst«, sagte Trigger, der sich bemühte, seinen Blick oberhalb ihres Halsansatzes zu fokussieren; diese Möpse waren definitiv kunststofffrei.
Als es ihm endlich gelang, die Augen hochzureißen, blickte er prompt in ihre. Blau? Grau? Irgendwas dazwischen.
Trigger war es gewohnt, von den Ladys angestarrt zu werden. Und wer wollte es ihnen verdenken - er war groß, sah gut aus und verströmte diesen gewissen lakonischen Charme. Allerdings musste er zugeben, dass das in letzter Zeit kaum noch vorkam. Schuld war dieser Metrosexualitätsschwachsinn, wo die Frauen auf einmal auf Männer standen, die nicht mehr wie Männer aussahen, schnieke Bubis, die sich zum Pissen hinsetzten.
»Das denke ich auch«, sagte sie und lächelte dabei. Nichts Großes, aber an der Leichtigkeit, mit der ihr Gesicht sich entspannte, merkte man, dass sie das nicht selten tat.
Sie war wirklich ein heißer Feger. Wenn er die Zeit dazu gehabt hätte, Trigger hätte sich jetzt mächtig ins Zeug gelegt und einen wahren Charme-Tsunami entfesselt. Aber heute Abend ging es ganz klar um die Arbeit, nicht ums Vergnügen, und er bemühte sich, beides nicht zu vermischen.
Als er zurückkam, waren Noi Eins und Zwei in eine hitzige Diskussion verstrickt. Da sie Thai sprachen, konnte Trigger unmöglich sagen, worum es ging, nach dem Austausch von Tom-Yum-Goong-Rezepten klang es jedenfalls nicht.
Noi Eins machte ihr Täschchen auf und holte eine kleine, auf Thai beschriftete Flasche heraus. Sie träufelte Noi Zwei ein paar Tropfen ins Glas.
»Thaimedizin«, erklärte sie Trigger und gab Noi Zwei das Fläschchen.
Trigger wollte jetzt wirklich langsam aufbrechen, schließlich war es eine lange Fahrt, die zum Teil über unbefestigte Pisten führte.
»Wir sollten uns auf den Weg machen«, sagte er.
»Noi nicht kommen mit«, erwiderte Noi Eins.
In Wahrheit dürfte es wohl von jemand anderem stammen, aber Trigger redete sich gern ein, es sei auf seinem Mist gewachsen: Trigs Gesetz. Irgendwann, irgendwo geht es immer in die Hose. Du kannst es bis ins Letzte durchplanen, sämtliche Eventualitäten ausschließen, und trotzdem geht es am Schluss zwangsläufig in die Hose, insbesondere, sofern a) Nutten und b) Asiaten beteiligt sind. Trigs Gesetz hoch zwei.
»Und dürfte ich vielleicht den Grund dafür
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