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Vor dem Regen - Roman

Vor dem Regen - Roman

Titel: Vor dem Regen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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erfahren?«
    »Noi arbeiten Ruby.«
    »Du hast gesagt, du regelst das!«
    »Du nehmen Nummer zwei Noi.«
    Trigger hatte eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie es bei ihr gelaufen war - wahrscheinlich stammte sie aus einem Dorf in Nordthailand. Eltern völlig verarmt. Dann das Angebot, in einem Café in Übersee zu arbeiten. Flugtickets, Reisepass, alles wird für sie geregelt. In Australien angekommen, präsentiert man ihr eine gewaltige Rechnung und nur eine Art, wie sie die Schulden begleichen kann.
    Nummer zwei Noi war der Wahnsinn, aber Trigger wollte nicht den Wahnsinn, Trigger wollte Nummer eins Noi. Sie war die Übernutte und konnte ein ganzes Football-Team, Spieler plus Trainerstab, drüberlassen, ohne auch nur ein einziges Mal mit der zugetuschten Wimper zu zucken.
    »Die Noi will ich aber nicht!«
    »Großes Boss sagen, Noi arbeiten Ruby.«

    Clever war sie, die Noi. Da mochte er an sie hinreden, wie er wollte, nie und nimmer würde sie ihm sagen, wer Großes Boss eigentlich war. Und ein mysteriöser Großer Boss war in jedem Fall größer, böser und weit eher geneigt, ihm beide Beine gleichzeitig zu brechen, als ein bekannter Großer Boss.
    »Du hast ihr erzählt, worum es sich dreht?«, fügte sich Trigger in sein Schicksal.
    »Kein Ploblem«, gab Noi sich überzeugt.
    »Noi, hast du es ihr gesagt? Zehn Kerle Minimum!«
    »Kein Ploblem. Noi erzählen. Noi gutes Mädchen. Noi aus selbem Dorf wie Noi.«
    Trigger war nicht wirklich beruhigt, aber was blieb ihm übrig? Er hatte Tank sein Wort gegeben. Und er brauchte das Geld.
    Sie tranken aus und gingen nach draußen. Im selben Moment fuhr ein Taxi vor.
    »Hallo Noi«, sagte der Fahrer.
    Dem Anschein nach Vietnamese. Pferdeschwanz. Speckige Lederjacke.
    »Franky«, grüßte Nummer eins Noi, und Nummer zwei Noi lächelte, das erste Anzeichen einer seelischen Regung, das Trigger an ihr zu sehen bekam.
    »Brauchst du ein Taxi?«
    »Noi brauchen«, sagte Nummer eins Noi und zog die hintere Tür auf.
    Nummer zwei Noi wollte folgen, doch die erste Noi sagte etwas auf Thai, und sie blieb stehen.
    Als sie die Tür zugezogen hatte, sagte Noi: »Bye, Trigger«, und das Taxi fuhr los, und Trigger fragte sich nicht zum ersten Mal, wie es mit ihm nur so weit hatte kommen können.

    Die Worte seines alten Herrn kamen ihm hoch wie ein mieses Curry.
    Du hast ein Hirn, Kleiner, benutz die Schlampe.

12
    Dusty war gerade beim Yoga, in der adho mukha svanasana , der Haltung des abwärtsgerichteten Hundes, als es langsam, wie über einen Nachrichtenbalken bei CNN, in ihr Bewusstsein einsickerte. Als sie in den sarvangasana , den Schulterstand, übergegangen war, war es bereits drängender, aber erst als sie im shavasna auf dem Rücken auf der violetten Yogamatte lag und darum kämpfte, all die unmöglich zu entspannenden Muskeln zu entspannen, wurde es zum veritablen Befehl: Du brauchst einen Drink.
    »Wenn ihr irgendwelche Gedanken habt«, schnurrte Vashti, die Lehrerin, »dann nehmt sie zur Kenntnis und lasst sie ziehen.«
    Das war ein exzellenter Rat, vor allem bei einem derart abgeschmackten Gedanken. Pflichtergeben nahm Dusty ihn zur Kenntnis und sandte ihn seiner Wege. Der Gedanke allerdings dachte gar nicht daran, die Kenntnisnahme zur Kenntnis zu nehmen, und weigerte sich, irgendwohin zu ziehen, sondern wurde, soweit möglich, nur noch hartnäckiger - du brauchst jetzt dringend einen Drink - und spezifischer - einen Riesling aus dem Clare Valley oder einen spritzig-frischen, neuseeländischen Sauvignon Blanc.
    So gesehen war es eine Erlösung, als Vashti zum dritten Mal ihr Mantra trällerte und alle sich vom Boden erhoben, ihr om shanti loswurden und sich ins Beachfront verdrückten.

    Das gibt es auch nur in Darwin, dass man nach dem Yoga in den Pub geht, dachte Dusty, als sie sich zu ihren Mit-Yogis an einen Terrassentisch setzte. Na gut, es war ein Pub-Nouveau mit Cappuccinomaschine, Kinderspielplatz und sogar Papier auf den Toiletten, aber es war immer noch ein Pub.
    Dusty machte jetzt seit zehn Jahren Yoga, sechs davon mit Vashti, und obwohl die Kneipenrunde eine sehr heterogene Gruppe war, herrschte eine lockere Herzlichkeit vor, die zweifellos dem gemeinschaftlichen, hündisch Abwärtsschauen geschuldet war.
    »Das Gleiche wie immer, Dusty?«, fragte Sean.
    Er war in den Fünfzigern, hatte einen grau gesprenkelten Bart, trug Hightech-Sandalen von Teva und gehörte jener Spezies von Akademikern an, die eine Aversion gegen Schreibtische hegen und die meiste

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