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Vor dem Regen - Roman

Vor dem Regen - Roman

Titel: Vor dem Regen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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seine Freunde zum Lachen zu bringen, aber auf Englisch war das schwierig.
    »Im Pub in Noonamah machen wir halt. Um was zu trinken.«

    Der Pub von Noonamah gefiel ihm, wie er da einfach an der Straße stand, ohne irgendetwas sonst. Daneben parkten riesige Laster, »Straßenzüge«, nannte sie sie, und von innen sah es genauso aus wie in Crocodile Dundee . Die Männer am Tresen, die allesamt Cowboyhüte trugen, sagten, als sie die Kneipe betraten, sogar wirklich: » Gidday «.
    » Gidday «, grüßte er zurück. Die Erfrischungen, die Dusty bestellte, waren köstlich.
    »Wie sagt man dazu?«, fragte er und klopfte ans Glas.
    »Soda, Lime und Bitter«, antwortete sie.
    » Fucking Schimpfwort gut.«
    Sie lachten. Der Tag hatte seltsam begonnen. Erst hatte sie ihn wachgerüttelt und gesagt, sie müsse ihn an seinem Hotel absetzen. Dann die Aboriginefrau am Pool, die ihn so eigenartig angeschaut hatte. Und vor dem Hotel hatte Dusty ihn dann auf einmal gefragt, ob er sie begleiten wolle.
    »Zu einem Billabong«, hatte sie gesagt. »Da gibt’s Vögel ohne Ende.«
    Natürlich hätte er nein sagen müssen.
    Es war ein verrückter One-Night-Stand gewesen, der zusammen mit Kakadus, Kängurus und sonstigen australischen Exotika zu den Akten gelegt gehörte.
    Aber er hatte ja gesagt. Und zwar nicht der Vögel wegen. Ihretwegen. Er musste mehr über sie erfahren. Sie war keine Zoohändlerin, so viel stand fest. In ihrem Schlafzimmerschrank hatte er eine khakifarbene Uniform hängen sehen. War sie bei der Armee? Fremdenführerin?
    Dusty kaufte noch zwei große Flaschen Wasser, dann fuhren sie weiter südwärts.
    »Soll ich halten, damit du ein Foto machen kannst?«, fragte
sie und zeigte auf zwei Keilschwanzadler, die auf einem überfahrenen Känguru hockten.
    »Nein«, erwiderte er.
    Als er vor zehn Tagen seinen ersten Keilschwanzadler gesehen hatte, war er, und die anderen mit ihm, ganz aus dem Häuschen gewesen: Sie konnten tatsächlich einen der größten Adler der Welt in freier Wildbahn beobachten. Seltsam, dachte er, wie schnell das Exotische vertraut wird.
    »Wie nennt man das eigentlich auf Deutsch, wenn man nach Vögeln Ausschau hält?«, wollte sie wissen.
    » Vogelbeobachtung «, sagte er.
    »Und auf Polnisch?«
    » Obserwowanie ptaków .«
    »Liebe Güte, was für ein Zungenbrecher. Weißt du, wie die Aborigines zum Vogelbeobachten sagen?«
    »Nein.«
    »Mittagessen.«
    Es war ein guter Witz, und er lachte. Die Fahrt war jetzt angenehmer, die Anspannung zwischen ihnen ließ nach.
    »Wollen wir was spielen?«, fragte sie.
    »Spielen?«
    »Ja, dabei kannst du ein bisschen Englisch lernen.«
    »Gut. Spielen wir.«
    »Ich sehe was, was du nicht siehst, und das fängt mit A an«, sagte sie.
    Sie hatte recht, dabei konnte er wirklich noch ein wenig Englisch lernen, und sie spielten, bis sie von der Straße auf eine furchtbar holprige Piste abbogen. Die Vegetation war hier anders, waldartiger, also würde es hier auch andere Vögel geben. Er machte seine Tasche auf und fing an, die Ausrüstung zu kontrollieren.

    » Vogelbeobachtung ?«, fragte sie.
    Ganz verdattert, sie Deutsch sprechen zu hören, starrte er sie an. Ihre Aussprache war gar nicht mal schlecht.
    » Fucking Schimpfwort«, erwiderte er.

24
    » Wunderbar «, sagte Tomasz, als er am Ufer des Billabongs stand.
    Dusty pflichtete ihm bei. Gesäumt von Kajeput- und Schraubenbäumen, das Wasser durchsetzt von rosa blühenden Seerosen, wirkte der Billabong wie geradewegs einer Broschüre des Northern-Territory-Tourismusamts entsprungen. Kein Lüftchen rührte sich, und die heiße, drückende Luft schien jede Bewegung zu ersticken. Die einzigen Laute stammten von Tieren, ein dumpfes Schwirren von Insekten wie das Knattern einer schadhaften Elektroinstallation, und hin und wieder ein Vogelschrei. Dusty hatte befürchtet, es könnten Leute hier sein. Jimmy zum Beispiel, falls er sein Trauma überwunden und wieder Lust aufs Barra-Angeln hätte, aber offenbar war niemand hier. Allerdings war jemand da gewesen - an mehreren Stellen war das Gras platt getreten, und im glibberigen Uferschlamm waren Fußabdrücke.
    Tomasz hatte den Bausch-&-Lomb -Feldstecher ausgepackt und stellte ihn auf einen Baum in der Nähe scharf.
    »Ein Azurfischer«, sagte er ehrfurchtsvoll.
    »Kann ich mal sehen?«, bat Dusty.
    »Klar«, sagte er, reichte ihr den Feldstecher und kramte nach dem Fotoapparat.
    Ein schöner Feldstecher, viel besser als die bei der Polizei,
dachte Dusty, während sie

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