Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vor dem Regen - Roman

Vor dem Regen - Roman

Titel: Vor dem Regen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
mal getroffen«, erwiderte Dusty breit lächelnd.
    »Elementare Fähigkeiten, Detective Buchanon.«

    »Wie lief’s denn da unten?«, erkundigte Dusty sich beim Aussteigen.
    »Wir haben richtig gutes Material«, sagte John und öffnete die Tür. »Diesmal kriegen wir den Bastard.«
    »Und welcher Bastard wäre das?«
    »Sagen Sie jetzt nicht, Sie glauben immer noch, dass es nicht Gardner war.«
    »Man muss immer offenbleiben, John.«
    John konnte es Dusty durchaus nachfühlen - niemand ließ sich gern einen Fall wegnehmen, vor allem, wenn es ein großer war, wie die McVeigh-Ermittlung -, aber er verstand Commander Schneiders Entscheidung.
    »Also, womit haben wir’s hier zu tun?«
    »Asiatin. Anfang zwanzig. Womöglich jünger. Mord, wenn Sie mich fragen.«
    »Genau so mag ich sie«, erklärte John. »Und wo ist sie?«
    »Immer noch im Wasser, wo ich sie gefunden habe.«
    »An der Oberfläche?«
    »Nein, sie trägt ein Paar eiserne Turnschuhe.«
    »Sieht Ihnen gar nicht ähnlich, Detective Buchanon, so nach Vorschrift zu arbeiten.«
    Dusty ging darauf nicht ein. »Das Wasser ist übrigens ein Traum«, sagte sie, als wolle sie kurz mal eben an den Bondi Beach.
    »Kann’s kaum erwarten«, entgegnete John und knöpfte sich das Hemd auf. » Crocodylus porosus ?«
    »Bei mir hat sich jedenfalls keins vorgestellt.«
    Dusty zog sich bis auf den Badeanzug aus, John sich bis auf die Unterhose.
    »Als Calvin-Klein-Typen hätte ich Sie gar nicht eingeschätzt«, kommentierte Dusty.

    »Nachgemacht«, sagte John. »In Bali auf der Straße gekauft.«
    So ist es besser, dachte John. Das ist fast wie das Verhältnis, das wir hatten, bevor die McVeigh-Sache alles kaputt machte. Hinter Dusty durchschwamm er den Billabong bis zu einem entwurzelten Eukalyptus, der schräg ins Wasser ragte. Die Sonne war inzwischen hinter den Kronen der Kajeputbäume verschwunden, und die Frösche stimmten lauthals ihr Konzert an.
    »Sie ist direkt unter uns«, erklärte Dusty und paddelte auf der Stelle. »Sie können sie nicht verfehlen.«
    »Dann will ich mir das doch mal ansehen«, sagte John.
    Er holte tief Luft und tauchte.
    »Nicht sehr hübsch, wie?«, meinte Dusty, als er zurückkam.
    »Direkt unter uns?«
    »Allerdings.«
    »Ich habe da niemanden gesehen«, sagte John.
    »Blödsinn!«
    »Das ist kein Witz, ich hab da niemanden gesehen.«
    Dusty tauchte und kam kurz darauf wieder hoch.
    »Jemand hat sie weggeschafft!«, sagte sie.
    John sah auf die Uhr und überschlug die Zeit. Bis zum Anpfiff würde er es nicht mehr schaffen, aber zum letzten Viertel müsste er rechtzeitig da sein und zur Siegerehrung auf jeden Fall.
    »Dusty, ich fahre zurück nach Darwin.«
    »Nein, das tun Sie nicht. Jemand hat sie weggeschafft!«
    Aber John war schon auf dem Weg zum Ufer, diesmal kraulte er. An Land zog er sich rasch an, dann stieg er in den Transporter, warf den Motor an und drückte aufs Gas.

27
    In der zunehmenden Dämmerung suchte Dusty das Ufer des Billabongs nach Hinweisen ab. Zwar hatte der unerwartete Wolkenbruch sämtliche Fuß- und Reifenspuren - all die Eindruckspuren, die Tomasz fotografieren wollte - ausgelöscht. Doch es musste andere Spuren geben - einen Faden, der sich im Geäst verfangen hatte, einen Tropfen Blut auf einem Blatt -, nur waren die nicht so offensichtlich, man musste sie suchen. Unglücklicherweise war das noch nie Dustys Stärke gewesen. Ihr fehlte, was man in der Truppe »das Auge« nannte - ein scharfer Blick, ein Gespür für Details, was eben nötig war, um solche Spuren zu entdecken. Zu Beginn ihrer Laufbahn hatte Dusty das große Sorgen bereitet. Wie sollte sie ohne »das Auge« jemals die Spitzenermittlerin werden, zu der sie es unter allen Umständen bringen wollte? Es hatte nicht lange gedauert, bis sie begriffen hatte, dass es im wahren Leben, jenseits von Romanen und Fernsehserien, keine Superbullen gab. Die Polizei arbeitete stets im Team, wo die Schwäche des einen die Stärke des anderen war.
    Als es Nacht wurde, hatte sie immer noch nichts gefunden. Kurzzeitig dachte sie daran, in Beastie Boy zu schlafen und die Suche bei Tagesanbruch fortzusetzen. Doch das verwarf sie wieder. Dusty war nicht sonderlich abergläubisch, aber sie war allein und unbewaffnet, und irgendwo hier, vielleicht sogar ganz in der Nähe, trieb sich ein Mörder herum.
    Es gab nur eine Alternative: Sie setzte sich in Beastie Boy und fuhr einmal mehr zurück nach Darwin. Während der Fahrt marterte sie sich mit Hätte und Wäre.

    Hätte

Weitere Kostenlose Bücher