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Vor dem Regen - Roman

Vor dem Regen - Roman

Titel: Vor dem Regen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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in der Hoffnung, es möge eben doch etwas anderes sein als das, was es nun einmal war - ein aufgeblähter, verfärbter Penis.

    »Ein Katoey vielleicht?«, sagte Craig. Thai für Transvestit.
    Dusty hatte sie nackt gesehen, sie war kein Katoey .
    »Das ist sie nicht«, erklärte Dusty.
    »Wirklich?«, hakte Craig nach.
    »Selbstredend«, sagte Dr. Singh.
    Mit behandschuhten Fingern hob Craig etwas auf, ein Barett, und schüttelte die Erdkrümel davon ab.
    »Jesus!«, sagte er.
    »Was?«
    »SAS, Fallschirmjäger.«

46
    Dusty rief in der Pathologie an. Der Mann ging selbst an den Apparat. Das musste man Dr. Singh lassen - auch wenn er bis zu den Ellbogen in Blut und Gedärmen steckte, er ging selbst ans Telefon.
    »Irgendwas Neues?«, erkundigte sich Dusty.
    »Ich kann sein Alter bei achtunddreißig Jahren ansetzen.«
    »Ganz schön genau.«
    »Wie Sie wissen, stellt die moderne Pathologie eine Reihe von Techniken bereit, mittels derer sich das Alter des menschlichen Körpers eruieren lässt.«
    »Selbstredend«, borgte sich Dusty eines der Lieblingswörter des Doktors.
    »Zudem liegt sein Führerschein hier vor mir auf dem Tisch.«
    Der Doktor fand das witzig. Dusty fand es ebenfalls witzig, wenn auch nicht ganz so witzig wie der Doktor. Sie musste warten, bis er mit dem Lachen fertig war.

    »Dann kennen Sie also seinen Namen?«
    Schweigen.
    »Offen gestanden«, sagte Singhie, »werde ich wohl doch auf konventionellere Mittel der Altersbestimmung zurückgreifen müssen. Ich denke, dieser Führerschein ist gefälscht …«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Ist nicht wirklich mein Fachgebiet, aber irgendetwas an dem Ding gefällt mir nicht.«
    »Welcher Name steht drauf?«
    »Ich weiß nicht, ob ich mich dazu wirklich äußern sollte.«
    Dusty hatte durchaus Verständnis für sein Widerstreben, richtete eine der neuesten von Big Cs Dienstanweisungen sich doch gegen die illegitime Inumlaufsetzung - ihr Ausdruck - von Sektionsergebnissen.
    »Klopf, klopf«, lockte Dusty.
    »Wer da?«
    »Der Commander.«
    Ein neuer Schwall von Dr. Singhs patentiertem Gelächter. »James Wells«, sagte er.
    Dusty notierte den Namen. »Gibt’s auch eine Adresse?«
    »Kanulla Street, Brisbane. Nummer fünf.«
    »Ka. A. En. U. Doppel-ell. A. Kanulla?«
    »So ist es.«
    Dusty notierte die Anschrift und unterstrich das Wort »Kanulla« mehrfach.
    »Sie haben was gut bei mir, Singhie.«
    »Selbstredend.«
    Dann fiel Dusty noch etwas ein. »Bevor Sie auflegen …«
    »Was denn noch, Detective?«
    »Ist Mr. Wells tätowiert?«

    »Mehrfach.«
    »Ein KKK-Tattoo ist nicht zufällig dabei?«
    »Ich kann jedenfalls keins entdecken.«
    »Mist!«
    »Allerdings …«
    »Ja?«
    »Er hat da die recht eigenwillige Tätowierung eines Gehenkten …«
    »Ein Schwarzer?«
    »Kann man so sagen.«
    Es klopfte an der Scheibe. Seit dem Ausflug zu Ruby’s hatte Gerard sich angewöhnt, immer wieder mal auf ein Schwätzchen vorbeizuschauen und sich auf den neuesten Stand bringen zu lassen. Heute spielte er den rettenden Engel und brachte Styroporbecher mit.
    » Flat White , richtig?«
    »Du bist ein Schatz, Gerry«, sagte Dusty und nahm den Kaffee.
    »Nur so nebenbei: Gerard ist mir deutlich lieber.«
    »Gerard, würdest du gerne einen Ausflug mit mir machen?«
    »Wohin denn?«
    »Nach Kanulla.«
    »Kanulla in Western Australia?«
    »Kanulla in Western Australia.«
    »Ja, klar!«
    »Okay, dann nichts wie los«, sagte Dusty und erhob sich vom Schreibtisch.
    »Hey, ich dachte, das ist ein Witz.«
    Dusty schüttelte den Kopf. »Ich mache niemals Witze über Kanulla.«

    »Aber was willst du denn da?«
    »Das ist ziemlich verzwickt, ich erklär’s dir unterwegs.«
    Gerard schien nicht gerade überzeugt.
    »Vertrau mir, Gerry.«
    »Gerard!«
    »Entschuldigung, Gerard. Vertrau mir, Gerard.«
    »Ich kann hier nicht einfach weg.«
    »Wann warst du eigentlich das letzte Mal krankgeschrieben?«
    »Weiß nicht genau. Dürfte zwei Jahre her sein, vielleicht länger.«
    Dusty legte Gerard die Hand auf die Stirn. »Also, ich bin zwar keine Ärztin, aber wenn du mich fragst, hast du eindeutig erhöhte Temperatur. Du fährst jetzt heim, schnappst dir ein paar Sachen zum Wechseln und eine Zahnbürste, dann holst du mich bei mir zu Hause ab, und wir fahren gemeinsam nach Kanulla.«
    »Mit meinem Wagen?«
    Dusty grinste. »Meinen kennst du ja inzwischen.«

47
    Schon nach relativ kurzer Zeit - sie hatten eben Noonamah passiert - stand für Gerard fest, dass dies das Verrückteste war,

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