Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vor dem Regen - Roman

Vor dem Regen - Roman

Titel: Vor dem Regen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
glaube Ihnen kein Wort. Das stand im Gesicht von Big C zu lesen, in ihrer Haltung, ihrem gesamten Wesen. Sie bilden sich etwas ein. Etwas Furchtbares. Sie haben PTBS. Vielleicht sind Sie aber auch einfach nur verrückt.

    Dusty nahm einen beschrifteten Asservatenbeutel aus ihrer Aktentasche und reichte ihn Big C.
    »Was ist das?«
    »Das Opfer.«
    Angewidert ließ Big C den Beutel fallen und presste sich tief in den Stuhl.
    »Also, ein Teil des Opfers«, berichtigte sich Dusty.
    Alles Weitere war rasch geregelt - um zehn würde ein Team zum Billabong aufbrechen. Und Dusty würde dabei sein.
    »Ich bring das mal besser in den Kühlschrank zurück«, sagte sie und hob den Asservatenbeutel auf.
    Dann verschwand sie auf der Damentoilette und schickte Trace eine SMS: »hat geklappt!«
    Dusty ließ den Asservatenbeutel samt Inhalt in die nächste Kloschüssel fallen und drückte die Spülung.
    Das Zerlegen der toten Ratte war nicht eben erbaulich gewesen, auch wenn Trace das meiste übernommen hatte, aber es hatte sich gelohnt! Niemand, der auch nur einen Hauch von Erfahrung mit toten Menschen, mit verwesenden Leibern hatte, hätte diesen Mummenschanz für echt gehalten, aber Dusty hatte darauf gesetzt, dass Commander Christine Schneider, MBA, nicht zu diesen Leuten mit Erfahrung gehörte, und sie hatte gewonnen.
    Sie wollte gerade wieder gehen, als die Tür sich öffnete und Flick hereinkam.
    »Tolle Frisur«, sagte Dusty. »Wo haben Sie die machen lassen?«
    »Wie Sie’s mir empfohlen haben - bei Sam’s.«
    Abgenommen hatte sie auch. Noch dazu an den richtigen Stellen.

    Nach Dustys Erfahrung führte das Abnehmen bei birnenförmigen Frauen oft gerade zu einer Zunahme des Birnenförmigen. Nicht so bei Flick.
    »Sie haben auch abgenommen, oder?«, sagte Dusty.
    »Ein wenig«, kokettierte Flick. »Wie kommen Sie damit zurecht, wieder Uniform tragen zu müssen?«
    Dusty hätte nicht sagen können, ob das Mitgefühl in ihrer Stimme vorgetäuscht war oder nicht. »Ach wissen Sie, ich habe gemerkt, dass es mir richtig gefehlt hat, endlich wieder Polyester auf der Haut zu spüren.«
    Flick lachte und sah dabei beinahe hübsch aus. Es war wirklich eine gute Frisur.
    »Die DNA-Analyse ist da«, sagte Flick.
    »Und?«
    »Wir haben Gardner«, erklärte sie mit einem Lächeln.
    Das war das Ergebnis, auf das jeder gehofft hatte - sie selbst, zu einem früheren Zeitpunkt, nicht ausgenommen -, womit die Anklage gegen Gardner so wasserdicht war, dass sie mehr oder minder ein Fait accompli darstellte. Nicht einmal die Rechtsverdreher konnten daran noch etwas ändern. Und wieder ein glorreicher Sieg für die unbezwingbare DNA.
    »Vaginal?«, erkundigte Dusty sich beiläufig.
    Flick schüttelte den Kopf. »Nichts.«
    »Anal?«
    »Das ist tatsächlich ein gewisses Problemchen. Wir vermuten, dass es dort zu einer Kontamination gekommen sein könnte.«
    Was du nicht sagst, dachte Dusty.
    »Kann ich eine Kopie haben?«
    »Sicher doch«, antwortete Flick. »Kommen Sie einfach vorbei. Ich bin den ganzen Nachmittag im Büro.«
    Und damit verschwanden Flick und ihre Frisur in der nächsten Kabine.

45
    Unzählige gelbe und weiße Schmetterlinge flatterten durch das Kajeputwäldchen, das damit eher dem Reich eines Lepidopterologen denn eines Kriminologen glich. Dusty hatte recherchiert. Das heißt, sie hatte gegoogelt. Die Aborigines, hatte sie gelesen, kannten eine Fülle von Verwendungszwecken für die papierartige Borke der Melaleuca - man konnte einen Gulaman damit polstern und ihn so als Kinderbettchen nutzen, man konnte einen Einmal-Regenumhang daraus fertigen und das Leichentuch für die Verstorbenen. Im Augenblick markierten vier Melaleucas die Eckpunkte eines ungefähren Quadrats aus gelbem Polizeiabsperrband, das um die abblätternden Stämme geschlungen war.
    Dusty stand außerhalb dieses Bereichs und beobachtete Craig Schmidt, den leitenden Spurensicherer, der sich, Polohemd und Leinenhose längst schweißdurchtränkt, ans Graben machte. Es war derart schwülheiß, dass man das Gefühl hatte, man könne sich eine Handvoll Luft nehmen und auswringen.
    »Sie liegt ungefähr eineinhalb Meter tief«, sagte Dusty.
    »Das sagten Sie bereits.«
    Es war unverkennbar, dass Craig alles andere als gut auf sie zu sprechen war. Offenbar gab er ihr, zumindest zum Teil, die Schuld an John Goodes Unfall. Das Ministerium hatte sich bemüht, einen Ersatz aufzutreiben, nur ließen sich erfahrene Spurensicherungsleute im Top End, ganz im
Gegensatz zu

Weitere Kostenlose Bücher