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Vor dem Sturm (German Edition)

Vor dem Sturm (German Edition)

Titel: Vor dem Sturm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesmyn Ward
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und tief, wie von einer Kinderhand. Ich kicke ein Knie in die Luft, will mich entziehen, verfange mich aber nur in weiteren Ranken, zuerst mit der Wade, dann mit dem Zeh.
    »Halt still.« Skeetah packt die Ranken, wie er die Zweige gepackt hat, und zieht. »Die können nämlich Blut riechen.«
    »Nicht von so weit weg, Skeet.«
    »Bitte, dann glaub mir eben nicht.« Die Ranken lösen sich. Skeetah macht noch einmal seinen Finger nass, aber diesmal wischt er damit die kleinen Blutstropfen weg, die sich auf meinen Beinen versammelt haben wie Sommermücken. Er tupft sie nach und nach ab, leckt sich die Finger, wischt weiter. Er hat dabei den gleichen geduldigen Gesichtsausdruck wie Mama, wenn sie uns in der Öffentlichkeit verschmiert entdeckte, mit Brausepulver um den Mund oder Krümeln auf den Wangen. Sie machte uns sauber wie Katzenkinder. Er beugt sich vor, um die Ränder meiner Socken abzuwischen, und sein kahler Kopf glänzt von Schweiß. Er hebt mein Bein hoch, und ich lege eine Hand auf seinen Kopf, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Beim Berühren seiner rasierten Haut muss ich an Schuppen denken; sein Kopf ist so kühl wie eine Pfütze, die im Schatten eines Baumes an den Rändern ganz dunkel und trocken geworden ist.
    Wir schlängeln uns durch den Wald, während wir am Haus nach Bewegungen spähen. Wir robben auf dem Bauch unter Büschen hindurch, die so wild wuchern, dass wir nicht durch ihr Gestrüpp kriechen können. Wir winden uns wie Würmer, greifen mit den Ellbogen nach Erde und Kiefernnadeln und ziehen uns vorwärts. Skeetah hält oft inne, sodass Nadeln und Zweige von seinem glatten Kopf rutschen und wie Festtagslametta an seinen Schultern hängen bleiben, und lauscht. Ich halte auch inne, gebe mir die größte Mühe, ganz still zu sein und die Bedrohung zu hören,aber das Blut rauscht so laut in meinen Ohren, dass ich nichts weiter hören kann als das und meinen zischenden Atem. Skeetah kriecht durch eine Baumgruppe, und wir robben weiter. Der Sand an unseren Armen wird zu Schlamm und bildet Streifen. Sonnenstrahlen stechen durch die Baumkronen, die ein, zwei Mal etwas murmeln und dann still sind. Nichts und niemand außer uns kriecht durch das Unterholz. Ein Kaninchen sitzt da und beobachtet uns, als wir halb um das Feld und das schweigende Haus herum sind. Es bewegt die Ohren, starrt uns von der Seite an, ein großes schwarzes Auge wie eine feuchte Murmel im Gesicht, weit aufgerissen und glasig, als würde es etwas Übernatürliches betrachten. Wir gehen weiter, und das Kaninchen rührt sich nicht vom Fleck, selbst nachdem wir es dort auf der kleinen Lichtung zurücklassen, um zur Straße zu gelangen.
    Der Pfad zur Straße ist weniger überwuchert. Hier sind die Bäume fast alle von der Sorte, die im Winter ihre Blätter verliert, aber jetzt im Sommer sind sie voll und grün. Sie rauschen im Wind, als würden sie applaudieren, wenn wir vorbeigehen. Die Straße ist schmal, und soweit ich anhand des Hauses sehen kann, liegen erst ungefähr drei Viertel des Feldes zwischen uns und dem Punkt, an dem wir losgegangen sind. Eine Linie aus Austernschalen verläuft in der Mitte der Straße, aber der Rest ist mit kleinen Steinen gepflastert, die aussehen, als stammten sie aus dem Fluss. An den Straßenrändern sind kleine Sandhügel, und Skeetah und ich knien uns neben sie, während er die Augen zusammenkneift und die Auffahrt hinunterspäht, die rechte Hand erhoben.
Warte
, sagen seine filigranen Knöchel.
    Insekten sirren und reagieren auf uns. Hitze. Ein Stück weiter unten in der Auffahrt schläft eine Schlange. Skeetah winkt mich vorwärts, und wir rennen über die Straße. Unsere Füße huschen so leicht über die Steine wie hüpfende Kiesel.
    Die Auffahrt ist endlos, verflüchtigt sich in der Ferne, wo dieBäume auf beiden Seiten sich in der Mitte treffen. Ein Jahr lang hatten wir großes Pech, weil die Schule in St. Catherine die Schul busstrecke geändert hatte, sodass wir schon um halb sieben Uhr morgens abgeholt wurden und eine Stunde lang herumfuhren, aus dem schwarzen Bois, das wir kannten, hinaus und hin ein in das weiße Bois, das wir nicht kannten und das sich bis weit ins Land erstreckte; wir fuhren an Kirchen und kleinen Läden vorbei, die Zigaretten und Pommes, Chips und kalte Getränke in Glasflaschen verkauften, und lose Bonbons, die Art von Läden, die eine Zapfsäule vor der Tür stehen haben, von der die Aufschrift abgekratzt ist. Randall schlief immer mit dem Kopf an der

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