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Vor dem Sturm (German Edition)

Vor dem Sturm (German Edition)

Titel: Vor dem Sturm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesmyn Ward
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weit draußen und das Wasser so warm …« Daddy verstummt allmählich, seine Stimme verebbt unter dem Metall. Der Laster ging gleich nach Mamas Tod kaputt, und Daddy hat dafür Geld wegen Arbeitsunfähigkeit bekommen, weil es ein Unfall war. Ich frage ihn nicht, wie er nach dem Sturm einen großen Kipplaster fahren will, ohne dass ihm jemand deswegen Fragen stellt. Junior hockt sich neben Daddy. Im Sand neben ihm steckt eine halb volle Bierflasche.
    Es gibt verschiedene Hebel, und ich habe keine Ahnung, wie man sie bedient.
    »Sag Daddy, dass ich nicht weiß, wie man den Laster anlässt«, rufe ich Junior zu. Der Sitzbezug pellt an den Nähten ab wie Plastikfolie
,
und das Schaumstoffpolster darunter ist feucht. Das Armaturenbrett, das Steuerrad und die Scheiben sind mit Staub überzogen, der so hart ist wie Zuckerstangen.
    Aus der Nähe riecht Daddy nach Essig, und nach Salz. Das ist sein frischer Alkoholgeruch.
    »Siehst du das da?«
    »Jepp.«
    »Das ist die Kupplung. Da ist die Bremse. Stell das hier in Leerlauf. Mit dem da brauchst du nix zu machen. Aber wenn du den Schlüssel umdrehst, dann drück die Kupplung und die Bremse gleichzeitig.«
    »Okay.«
    »Sonst rührst du nichts an.« Seine Hände sind wie meine, wie Skeets. Von ihm haben wir die flachen, breiten Finger. Aber wenn ich sein Gesicht anschaue und seine Schlüsselbeine, die wie Knöchel unter dem Ausschnitt seines T-Shirts vorstehen, kann ich absolut nichts anderes entdecken, was ich von ihm habe. Er geht seitlich um den Laster herum. Minuten später klettert Junior an der Seite des Wagens hoch.
    »Er sagt, du sollst ihn anlassen.«
    Ich drücke und drehe. Es macht klick und dann gar nichts. Junior springt ab und rennt weg, taucht wieder auf.
    »Er sagt, noch mal.«
    Wieder drücke und drehe ich. Diesmal macht es nicht mal klick. Eine Fliege surrt herein, beschließt, sich auf meinen Arm zu setzen. Ich wedele sie weg.
    »Scheiße!«, höre ich gedämpft durch den Motor.
    »Frag, ob ich’s noch mal machen soll.«
    Junior macht sich nicht mal die Mühe runterzuklettern; er beugt sich hinaus und brüllt. Seine kleinen Muskeln dehnen sich zu Schnürsenkeln. Als er ein Baby war, hat ihn Randall am häufigsten getragen, und ich den Rest der Zeit. Daddy hat ihn gefüttert, bis er glaubte, dass Randall und ich es machen konnten. Er zeigte Randall die richtige Mischung für die Babymilch, wie man die Flasche in einem Topf Wasser erwärmte, sodass die Milch nicht zu heiß wurde, und dann fuhr er wieder mit seinem Pick-up herum, um Aushilfsjobs zu finden. Von da an mischte Randall die Milch und stellte die gefüllten Fläschchen in den Kühlschrank, damit entweder er oder ich Junior füttern konnten. Sobald Skeetahihn auf den Arm nahm, fing Junior an zu weinen. Wenn wir in die Schule gingen, brachte Daddy Junior zu Mudda Ma’am, die weißes Haar hatte, das sie zu Zöpfen flocht und dann auf ihrem Kopf feststeckte, und die ich nie in etwas anderem als einem Kittelkleid gesehen habe. Sie beaufsichtigte Kinder gegen Geld, während ihre Eltern bei der Arbeit waren. Sie kümmerte sich um Junior, bis er alt genug für das Head-Start-Programm war. Etwa um die Zeit ließ ihr Gedächtnis sie allmählich im Stich, und so ließ sie mit dem Erinnerungsvermögen auch die Kinder gehen. Tilda, ihre einzige Tochter, zog wieder zu ihr, um sich um sie zu kümmern, verbrachte aber die meiste Zeit damit, einen Pfad zwischen Javons Haus und ihrem eigenen auszutreten, um sich Crack zu besorgen. Ich frage mich, ob Junior sich überhaupt an Mudda Ma’am erinnert. Er spricht nie von ihr, erwähnt nie ihren Namen, nicht mal, wenn wir zum Park hinunterlaufen und sie zwischen Azaleen herumwandern sehen wie ein Kind, das beim Versteckspiel verliert. Manchmal frage ich mich, ob Junior sich überhaupt an irgendetwas erinnert oder ob sein Kopf wie ein Durchschlag ist und die Erinnerungen an die, die ihm das Fläschchen gegeben, seine Tränen getrocknet und ihn bemuttert haben, wie Wasser durch die kleinen Löcher im Metall direkt in den Abfluss laufen und nur die Gegenwart zurücklassen, seine Löcher im Sand, seine hemdlose Vogelbrust, Randall, der ihn anschreit: eine Gegenwart, von der die Erinnerungen abgewaschen wurden, wie man von Gemüse die schmutzige Erde abwäscht, in der es wächst.
    Ich drücke, drehe, warte.
    »Stopp!« Daddy fuchtelt mit dem Schraubenschlüssel in der Luft herum, aber der Laster ist so groß, dass ich seinen Kopf hinter der Kühlerhaube nicht sehen kann, nur

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