Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vor dem Sturm (German Edition)

Vor dem Sturm (German Edition)

Titel: Vor dem Sturm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesmyn Ward
Vom Netzwerk:
seine schwarze Hand und das dreckige Werkzeug. »Steig aus. Ist noch nicht fertig. Kannst gehen.«
    Ich springe vom Wagen, und schon ist Junior hinter mir.
    »Hol mir noch ein Bier, Junior.«
    »Immer lasst ihr mich alleine, Esch. Warte!«, sagt Junior und rennt ins Haus. Hinter ihm her fegt ein Staubgespenst.
    »Sie brauch ein bisschen Zeit für sich.« Das sagt Skeetah. Neben ihm ist China. Sie schnappt nach Mücken. Und mit vor der Brust verschränkten Armen und hochgeschobenem Baseball Cap steht dort Manny. Jedes Mal, wenn Chinas Maul zuklappt, versucht er, nicht zusammenzuzucken, tut es aber doch. Ich sehe es an seinen Schultermuskeln.
    »Du solltest sie mal baden oder so was.« Manny wirft die Bemerkung hin. Zuckt die Achseln und rechtfertigt so den Ruck, der durch seine Schultern fährt, als China zuschnappt und den Kopf schüttelt, weil sie die Beute verpasst hat.
    »Mach ich auch.« Skeetah kniet sich hin und streicht China mit einer Hand über die Brust. Sie blickt auf, und ihr ganzer Körper vibriert wie der einer tanzenden Frau unten im Oaks, einem Bluesclub, der auf sechs Hektar Waldland und einem Baseballfeld mitten in Bois liegt. Im Sommer finden dort jeden Sonntag Baseballspiele für schwarze Städteteams statt. Einmal, als wir noch jünger waren und die Toiletten draußen kaputt waren, hat Randall mich während eines Baseballspiels mit in den Bluesclub genommen, um dort aufs Klo zu gehen. Er und Skeet und ich hatten den Tag damit verbracht, bei unseren Freunden um Quarter zu betteln, damit wir uns saure Gurken und Limonade kaufen konnten, während wir am Maschendraht hinter den Spielerbänken hingen und dem auswärtigen Team dabei zuschauten, wie sie klatschten und pfiffen und nach ihren Schlägern traten und Übungsbälle warfen, während Mama und Daddy im Bluesclub ein und aus gingen.
    »Ich glaube, so dreckig hab ich sie noch nie gesehen«, sagt Manny.
    China hat noch ein bisschen Blut von dem anderen Hund, von Twist, in den Mundwinkeln, wie Lippenstift. Die rote Erde des Pit hat ihr einen rosigen Schimmer verliehen, wie eine halb gare Garnele, die noch klebrig vom Meer ist. Manny beachtet weder mich noch Junior, der immer wieder hochspringt und versucht, einen Ast zu erreichen, als wäre es ein Basketballkorb. Das Feuerzeug, das Manny immer in der Hosentasche hat, um seine Zigarillos zu rauchen, tanzt über seine Handknöchel. Das ist ein Tick von ihm, er macht das immer, ohne dass es ihm bewusst ist, wenn er etwas tut und dabei an etwas anderes denkt.
    »Ich warte bis kurz vor dem Kampf mit dem Waschen. Damit sie alle überstrahlt.«
    An dem Tag, als Randall mit mir durch das Oaks ging, einen Raum voller Nischen und Rauch und dem Brummeln der Bierflaschen, die auf Tischplatten treffen, da hatte er meine Schultern so fest gepackt, dass es wehtat. Mama war auf der Tanzfläche; ich hatte sie noch nie tanzen sehen, und ich sollte es auch nie wieder sehen. Sie tanzte mit einem Mann, nicht Daddy, während Daddy am Rand der Tanzfläche saß und zuschaute. Sie schüttelte sich wie China, warf den Kopf in den Nacken, dass ihr das Wasser am Hals herunterlief und ihr Körper Wellen schlug, obwohl sie normalerweise unerschütterlich war. Sie war wunderschön.
    »Ich dachte, du würdest sie nicht kämpfen lassen, wenn sie noch voller Milch is und so.« Das Feuerzeug kommt zur Ruhe, und Manny wirft es in die Luft und fängt es wieder auf. Er zündet sich ein Zigarillo an, schiebt es sich in den Mundwinkel und spricht drum herum.
    »Hab ich auch nich vor. Aber ich bring sie hin. Die Nigga solln nich vergessen, wer sie ist.«
    China legt sich faul in den Sand. Ihr Gesäuge, das immer noch geschwollen ist, nur vielleicht nicht mehr ganz so stark, liegt flach wie ein Kopfkissen vor ihr. Die Haut am Übergang vom Brustkorbzu den Zitzen ist faltig, und ihre Nippel sind blassrosa, so farblos, dass sie fast weiß erscheinen. Ich habe ihre Zitzen noch nie berührt, aber ich stelle mir vor, dass sie sich in der Hitze des Tages weich und kühl anfühlen würden. Sie legt nicht wie andere Hunde den Kopf in den Sand und schnaubt, sondern starrt stattdessen Manny und mich an. Als wüsste sie Bescheid.
    »Rico wird da sein, Kilo in den Ring schicken, weißt du.«
    Manny lässt erneut das rot-silberne Feuerzeug durch seine Finger tanzen, als er von Rico spricht. Das Bild darauf, das wie eine Tätowierung aussieht, zeigt den Schriftzug
Hearts on Fire
und dazu zwei schräg stehende Herzen in Flammen. Seine Lippen küssen das

Weitere Kostenlose Bücher