Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vor dem Sturm

Vor dem Sturm

Titel: Vor dem Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
wählte das Spiegelzimmer, ein etwas sonderbarer Geschmack. Aber das ist seine Sache. Hübsch ist er, und so wird er sich sehen wollen. Die Kriegskasse steht in der Halle, die vorläufig zum Schutze der Gelder in eine Art Wachlokal umgeschaffen worden ist. In den Räumen daneben liegen dreißig Mann, ebenso viele hab ich in der alten Derfflingerkaserne, den Rest bei den Bauern untergebracht.«
    »Und nun dein Plan?«
    »Der Trupp will morgen früh weiter. Was also geschehen soll, muß rasch geschehen. Bamme weiß davon; aber ich hab es bei einer bloßen Meldung bewenden lassen. Wir machen es mit dem, was wir hier zur Hand haben. Rechnen wir die Manschnower und Gorgaster mit hinzu, so haben wir hundert Mann. Damit zwingen wir's, denn sie sind matt wie die Fliegen, und der moralische Halt ist längst heraus. Dazu Nacht und Überraschung. Es kann nicht fehlen. Was vereinzelt bei den Bauern liegt, ist froh, mit dem Leben davonzukommen. So handelt sich's nur um das Schloß. Vorn an der Sphinxenbrücke steht ein Doppelposten, den lassen wir stehen. Wir passieren statt dessen den Graben, da, wo das Schwanenhäuschen steht, und dringen von hinten her ein. Kniehase muß das leiten. Ich für meine Person nehme den ›Conte‹ gefangen, und du und Wenzlaff sind mit mir. Sind wir geschickt, so darf es uns nicht einen Mann kosten. Die Kriegskasse bleibt unser; das heißt bis auf weiteres. An dem Tage, wo sich der König erklärt hat, schaffen wir sie nach Berlin. Dort wird man sie brauchen können, denn Geld ist immer das Knappste im Lande Preußen.«
    »Und die Gefangenen?«
    »Es soll ihnen kein Haar gekrümmt werden. Ich bin aus der Weißglühhitze heraus. Entsinne dich dessen, was ich dir schrieb: ›Wir wollen einen regelrechten Krieg haben.‹ Und so schicken wir denn die Gefangenen zu den Russen. Übrigens will ich nicht behaupten, daß sie dort gut gebettet wären. Und nun laß uns zu Kniehase gehen, daß wir alles Nähere mit ihm besprechen. Um neun müssen wir marschfertig und um Mitternacht in Guse sein.«
    Damit nahmen sie Hut und Stock und schritten über den Hof hin auf die Dorfgasse zu.
     
    Eine Stunde später kehrten Berndt und Lewin aus dem Schulzenhofe zurück, wo sie mit Kniehase den »Coup« noch einmal durchgesprochen und alle zur Ausführung nötigen Schritte verabredet hatten. Sie fanden Jeetzen in großer Aufregung, was Berndt zu der Frage veranlaßte: »Du trippelst wieder, Jeetze, was ist passiert?«
    »Der Herr General ist da.«
    »Bamme?«
    »Ja; General von Bamme. Der gnädige Herr waren noch keine Viertelstunde fort, als er vorritt auf seinem kleinen Shetländer. Der gnädige Herr wissen schon, auf dem isabellfarbenen mit der schwarzen Mähne. Krist und ich haben ihn bei den Ponies untergebracht.«
    »Den Shetländer. Aber wo ist der General?«
    »Oben. Ich habe gleich einheizen müssen, weil es klamm und kalt war. Er sitzt in der Amtsstube und hat seinen grauen Mantel anbehalten und die Pelzmütze auf.«
    Die beiden Vitzewitze stiegen nunmehr treppauf und fanden den General genau so, wie Jeetze ihn beschrieben hatte. Vor ihm, auf dem ziemlich in der Mitte stehenden Arbeitstische, lag eine große, mit Tintenfaß und Papierschere festgehaltene Spezialkarte von Barnim und Lebus, auf der sich der kleine, mit seinem Oberkörper weit vorgebeugte Mann mühsam zu orientieren suchte. Ein Versuch, der ihm durch die dichte Tabakswolke, in der er steckte, nicht eben erleichtert wurde.
    »Guten Tag, General.«
    »Guten Tag, Vitzewitz. Sie sehen, ich habe mich hier eingerichtet ohne Meldung oder Anfrage. Sonst nicht meine Gewohnheit. Aber Sie müssen jetzt dem alten Bamme den ›General‹ in Rechnung stellen, und zwar zu seinen Gunsten. Mein altes Groß-Quirlsdorf liegt zu sehr aus der Welt, und rundheraus, ich gedenke Hohen-Vietz zu meinem Hauptquartier zu machen. Anfangs war ich unschlüssig, ob ich nicht unser gräfliches Hohen-Ziesar vorziehen sollte; aber Hohen-Vietz ist besser. Hier läuft die große Straße, und was von Küstrin aus nach Westen will, muß an Ihren Fenstern vorbei.«
    »Ich freue mich, General, daß Sie die Wahl so und nicht anders getroffen haben.«
    »Und um die Wahrheit zu gestehen«, fuhr Bamme fort, »es ist nicht bloß wegen der Lage, es ist auch Ihretwegen, Vitzewitz, daß ich mich
hier
und nicht in Hohen-Ziesar einquartiert habe. Sie sind nun einmal die Seele von der Sache, haben alles geplant, sind vom Metier und kennen das Lokal. Und das ist die Hauptsache. Sehen Sie, da sitz

Weitere Kostenlose Bücher