Vor dem Urknall
könnte, sodass man nicht weiterkäme. (In der Realität wäre die Durchführung dieses Experiments wohl nicht allzu praktikabel, denn da sich das Universum ausdehnt, wird es ja größer, und das mit so großer Geschwindigkeit, dass wir es niemals durcheilen könnten.)
Eine Alternative zu dieser Ansicht ist im Lauf der Zeit immer mal wieder aufgetaucht. Darin faltet sich das Universum in einer vierten Raumdimension in sich selbst zusammen. Nach dieser Theorie würden Sie beim vermeintlichen Flug über den Rand des Universums hinaus in die entgegengesetzte Richtung fliegen. Von Ihrem Standpunkt aus gäbe es keinen Rand, das Universum dauerte ewig, aber Sie kämen schließlich immer wieder am selben Punkt vorbei.
Das ist gar nicht so bizarr, wie es klingen mag. Wir können uns entsprechende Situationen für Wesen mit weniger Dimensionen ohne weiteres vorstellen. Eindimensionale Wesen, die einer kreisförmigen Linie folgten, oder flache Wesen, die die Oberfläche einer Kugel umrundeten, würden genau diese Erfahrung machen. Man bewegt sich auf einer vermeintlich geraden Linie fort, die Reise endet nie, aber man kehrt ständig zum selben Punkt zurück. Ihre Welt ist endlich, Sie können sie beliebig durchqueren, trotzdem hat sie keinen Rand. Sie werden niemals an ein Ende kommen. Die alten Griechen hatten unrecht, als sie sagten, es gäbe nichts Endliches ohne einen Rand.
Ein Origami-Universum
Kosmologen haben jetzt eine Karte des frühen Universums, mit der sie herumspielen können. Sie zeigt die Verteilung der sogenannten kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung. Es ist eine Karte des Lichtmusters, das aus etwas hervorging, was offenbar das frühe Universum gewesen ist. Sollte sich die Vorstellung eines endlichen Universums ohne Rand als wahr erweisen, sollte man erwarten können, dass das Licht, das aus dem Universum heraus in eine Richtung ging, sichtbar war, wenn es aus einer anderen Richtung wieder eintrat. Zwangsläufig sind die Bilder dieser Hintergrundstrahlung, die wir vom WMAP -Satelliten erhielten, ein ziemlich verschwommenes Durcheinander. Aber es herrschte Optimismus, denn falls die Wissenschaftler nur einen Überblick bekämen oder sich auf die Quellen stärkerer Leuchtkraft konzentrierten, konnte es ihnen vielleicht gelingen, einige visuelle Widerspiegelungen eines Teils in einem anderen zu erkennen, verursacht von dem Bild, das auf einer Seite aus dem Universum herausgekommen und von der anderen Seite wieder zurückgekommen war.
Doch es funktionierte nicht. Sie konnten keine entsprechende Wiederholung von Bildern entdecken. 2007 jedoch stießen Boudewijn Roukema und seine Kollegen an der Nicolaus-Copernicus-Universität im polnischen Torun auf einen subtilen Dreh, der dazu führte, dass diese Vorstellung doch noch durch Beweise untermauert werden konnte. Wir neigen zu der Annahme, das Universum habe die Form einer Kugel. Diese Idee geht bis auf die Argumentation von Roger Bacon zurück, alles andere als eine Kugel geriete beim Rotieren in Schwierigkeiten, weil Teile davon sich ins Nichts hinein- und wieder herausbewegten.
Nähmen wir jedoch an, das Universum sei ein Dodekaeder (ein von zwölf gleichen, regelmäßigen Fünfecken begrenzter Körper), dann würde ein aus einer Seite heraustretendes und von einer anderen Seite wieder hereinkommendes Bild um 36 Grad gedreht werden und damit den Unterschied in der Ausrichtung der beiden Seiten reflektieren. Roukema stellte nun Folgendes fest: Schneidet man aus dem WMAP -Bild des frühen Universums Ringe heraus und dreht diese um 36 Grad, ist es möglich, diese Ringe mit entsprechend nicht gedrehten Ringen auf der «gegenüberliegenden» Seite des Universums in Übereinstimmung zu bringen.
Bis heute haben wir allerdings noch nicht genügend Daten zur Verfügung, um beweisen zu können, dass dieser Effekt tatsächlich ins Spiel kommt. Bis es eine detailliertere Karte der kosmischen Hintergrundstrahlung gibt, die man sich von dem im Mai 2009 gestarteten europäischen Planck-Satelliten in den nächsten Jahren erhofft, stehen die Chancen 1 : 10 , dass diese vermeintliche Übereinstimmung nur ein Zufallstreffer ist. Aber es gibt hier noch weitere Beweise für eine endliche Struktur ohne Rand, die eine faszinierende Einsicht in die mögliche Form des ganzen Universums gewähren.
Unser Wissen über die Größe und die großmaßstäblichen Komponenten des Kosmos erweitert sich ständig und beruht auf ziemlich gesicherten Tatsachen. Dennoch ergibt dies
Weitere Kostenlose Bücher